In Deutschland planen oder betreiben bereits zahlreiche Unternehmen eigene Smart Factories. Einige Beispiele hierfür sind:
Automatisierter Schaltschrankbau bei Rittal
Die zur Friedhelm Loh Group gehörende Firma Rittal aus dem hessischen Herborn gehört zu den modernsten Fabriken der Welt. Sie fertigt mit rund 250 hochgradig digital integrierten Maschinen pro Tag etwa 8.000 Kompaktschaltschränke und Gehäuse für beispielsweise Klimatechnik und Server-Racks. Rittal treibt in der eigenen Produktion die Automatisierung kontinuierlich voran und gilt als Vorzeigeunternehmen im Bereich der Smart Factory und Industrie 4.0.
Die Anlagen kommunizieren miteinander, während die einzelnen Produktionsschritte stattfinden –etwa das Zuschneiden, Kanten, Schweißen und Lackieren von Blechen. Die hochautomatisierte Produktionssteuerung ist außerdem mit dem unternehmenseigenen globalen Distributionszentrum verbunden, um Fertigung und Versand zu integrieren.
Mehrere hundert vernetzte Maschinen und Anlagen sowie fahrerlose Transportsysteme generieren jeden Tag bis zu 18 Terabyte an Daten, die über ein Live-Dashboard gesichtet und ausgewertet werden. So können Mitarbeiter:innen alle Fertigungsprozesse nahezu in Echtzeit aus der Distanz überwachen. Wissensbasierte, lernfähige Systeme planen Wartungsarbeiten via Predictive Maintenance zielgenau, um Störungen und Ausfallzeiten im eigentlichen Produktionsprozess zu minimieren.
Boehringer Ingelheim: Smart Factory generiert Daten für die lokale Fertigung
Im Jahr 2021 eröffnete der Pharmahersteller Boehringer Ingelheim an seinem Stammsitz in Ingelheim am Rhein seine Smart Factory. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Solids-Launch-Fabrik mit rund 75 Beschäftigten.
Als Solids werden in der Medikamentenherstellung verschiedene Formen von festen Arzneimitteln bezeichnet, beispielsweise Tabletten. Eine Solids-Launch-Factory stellt neu entwickelte Arzneimittel automatisiert her, um auf Basis dieser Erfahrungen eine Großserienfertigung für dieses Medikament an anderen Standorten aufzubauen.
Die smarte Fabrik dient bei Boehringer Ingelheim als Wissensakkumulator und -speicher, indem sie in allen Produktionsschritten Sensordaten sammelt. Aus diesen Daten lassen sich dann leichter und genauer als bisher größer skalierte Berechnungen ableiten.
Mercedes-Benz: Die Smart Factory erfindet das Fließband neu
Die Automobilindustrie steht gleich vor mehreren großen Herausforderungen: beispielsweise hohem Wettbewerbsdruck, sich verändernden Kundenbedürfnissen und nicht zuletzt Lieferschwierigkeiten der Zulieferer.
Die Mercedes-Benz-Group hat deshalb an ihrem Standort Sindelfingen die Factory 56 gebaut und 2020 eröffnet. In dieser Smart Factory ersetzen digital verzahnte Fertigungsbereiche namens TecLines den klassischen Fahrzeugbau entlang eines Fließbandes. Fahrerlose Transportsysteme verbringen die einzelnen Fahrzeuge und Fahrzeugkomponenten von Arbeitsstation zu Arbeitsstation.
Mercedes kann so einzelne Fertigungsschritte und -verfahren leichter in die Produktionskette integrieren oder austauschen, ohne dass hierfür die gesamte Fertigung mit allen Fließbändern über längere Zeit stillstehen müsste. So kann das Unternehmen in derselben Smart Factory parallel Fahrzeuge der S-Klasse, ihres elektrischen Schwestermodells EQS und der Premiummarke Mercedes-Maybach bauen.
Die Vernetzung ist umfangreich: Montageanlagen und Fördertechnik sind im IIoT per WLAN und Mobilfunk verbunden. Und sogenannte Ladungsträger mit Materialien für die Factory 56 werden weltweit per Track and Trace nachverfolgt, um mögliche Lieferprobleme frühzeitig zu erkennen. Dadurch ist die Smart Factory agiler als bisherige Automobilfabriken und kann schneller auf globale Marktschwankungen oder veränderte Kundennachfragen reagieren.
Kund:innen können nach der Bestellung ihres Fahrzeuges einzelne Fertigungsschritte in der Factory 56 online verfolgen und erhalten eine genauere Vorhersage zum anvisierten Liefertermin als bisher. Damit schafft die Smart Factory 56 Mehrwerte für den Hersteller ebenso wie für die Kund:innen.