Im Einzelhandel ist Big Data Analytics bereits in vielen Unternehmen gelebte Praxis. Hier baut sie auf bewährte Vorgängerprozesse aus Zeiten analoger Kassen- und Lagersysteme auf. Denn Regalplatz war im Einzelhandel immer schon knapp und teuer – und auch Lagerhaltung ist im sehr kostensensitiven Retail-Sektor ein bedeutender Kostenfaktor.
Heute werden im Einzelhandel längst nicht mehr nur die verkauften Waren am Point of Sale erfasst. Auch Uhrzeit, Wochentag, Jahreszeit und Kontext des Einkaufs (großer Wocheneinkauf versus Spontankauf) werden geclustert. Dabei entstehen immer neue Fragen, die mit Big Data beantwortet werden können, beispielsweise:
Welche Waren kaufen Kund:innen zusammen ein? Lohnt es beispielsweise im Supermarkt, Wein in der Nähe der Kartoffelchips zu platzieren oder im Baumarkt die Bohrmaschine mit einem Sortiment Dübel der Hausmarke zu kombinieren?
Welche Käufertypen lassen sich aus den Daten modellieren? Wie empfänglich sind diese Personae (typische Beispiel-Käufer:innen) für Werbemaßnahmen, Angebotspreise, Gewinnspiele oder Treueprogramme?
Welche Produkte sind für Kund:innen in unterschiedlichen Regionen oder sozialen Milieus interessant?
Wie müssen Supermärkte ihre Sortimente für kleinere Ladenformate in Citylagen oder für Filialen mit reinem Self-Check-out ohne Kassenpersonal anpassen?
Die Big-Data-Analyse ist Teil einer Digitalisierung, die im Einzelhandel auch als Retail Tech bezeichnet wird. Der Begriff beschreibt die Etablierung neuer Technologien und Prozesse auf allen Ebenen der Vertriebskette – von den produzierenden Unternehmen bis zu den Konsument:innen.
Die Ziele von Big-Data-Analytics im Einzelhandel sind:
Bewertung neuer Produkte und Produktkategorien
Minimierung der Lagerhaltung
Optimierung von Regalplatzierungen
Steigerung der Kundenzufriedenheit
Verbesserung von internen Abläufen
Optimierung des Personaleinsatzes
Monitoring von Marketingmaßnahmen und Marketingkanälen
Einsparung von Kosten
Beispiel: Big Data bei Rewe
Die Rewe Group ist mit rund 21 % Marktanteil einer der größten Akteure im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Am Kölner Konzernsitz hat das Unternehmen einen eigenen Fachbereich für die Business-Analyse namens REWE Analytics geschaffen. Hier sind rund 130 Mitarbeitende im Einsatz, die täglich etwa 8 Millionen Kassenbons aus 6.500 Filialen auswerten. Auch viele andere Informationen aus dem Konzern laufen hier zusammen und werden mit den Bondaten verknüpft. Rewe beschäftigt zudem eigene KI-Entwickler:innen, die die vorhandenen Metriken und Prozesse laufend optimieren.
Für die kommenden Jahre sehen Expert:innen große Veränderungen im Einzelhandel: Einerseits gibt es einen steigenden Preisdruck durch die allgemeine Teuerung. Zugleich stehen die Unternehmen vor neuen Herausforderungen wie der zunehmenden Konkurrenz im Onlinehandel und durch Lieferdienste. Hier muss sich Rewe gegen Wettbewerber wie Edeka/Picnic, Knuspr und Flaschenpost behaupten. Mithilfe von Big Data Analytics will das Unternehmen seinen Marktanteil erhalten oder sogar ausbauen.