Fünf Menschen sitzen an einem Tisch und betrachten ausgedruckte Bilder und Texte. Hinter ihnen an der Wand hängt ein Bild mit Tortendiagrammen zum Energiemix. Auf dem Bild daneben sind Windräder.
IoT

EU-Taxonomie: Wie umweltfreundliche Unternehmen wirtschaftlich gestärkt werden sollen

Kaum ein Thema beschäftigt Unternehmen derzeit mehr als die Energiewende und die noch recht jungen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die EU-Taxonomie schafft verbindliche Standards mit denen Unternehmen aufzeigen, ob und wie „grün“ sie wirtschaften und investieren. Was sich dahinter verbirgt und wer von der EU-Taxonomie-Verordnung betroffen ist, erfahren Sie hier.

Den „Green Deal“ versteht die EU-Kommission als umfassende Wachstumsstrategie und will damit Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent umgestalten. Um die Finanzierung des grünen Wachstums zu stärken, hat die EU im Jahr 2020 die Taxonomie-Verordnung auf den Weg gebracht.

Für viele Unternehmen gelten die Regeln der EU-Taxonomie bereits, für andere treten sie nun schrittweise in Kraft. Um Ihr Geschäftsmodell entsprechend zu verändern, ist technisches Knowhow gefragt. Auch die Abschlussprüfer betreten hier Neuland. Eine gute Vorbereitung ist daher wichtig.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die EU-Taxonomie?

Unter einer „Taxonomie“ versteht man generell die Einordnung in ein bestimmtes System beziehungsweise eine Aufteilung in verschiedene „Klassen“. Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem, das wirtschaftliche Nachhaltigkeitsaktivitäten miteinander vergleichbar macht.
Im Gegensatz zur vorherigen nichtfinanziellen Berichterstattung erweitert die EU-Taxonomie die Angabepflichten und siedelt diese direkt im Lagebericht an. Die Kennzahlen beziehen sich zum Beispiel auf Luftverschmutzung, Biodiversität, Wassernutzung oder Arbeitssicherheit.
Neu ist auch die Anforderung eines maschinenlesbaren elektronischen Formats und die erstmals eingeführte Prüfungspflicht.
Ein weiteres Merkmal ist die „doppelte Wesenheit“. Sie sorgt dafür, dass ein Bericht sowohl zeigt, wie sich die Aktivitäten eines Unternehmens auf Nachhaltigkeitsaspekte auswirken (Inside-out-Perspektive); als auch umgekehrt, wie Umweltaspekte die Lage der Geschäftstätigkeit und das Geschäftsergebnis beeinflussen (Outside-in-Perspektive).
Ein Ziel der EU-Taxonomie ist es, dem sogenannten Greenwashing entgegenzuwirken – auch bei Finanzprodukten.
Die Vorgehensweise steht zum Teil noch am Anfang. Taxonomie-Aktivitäten können sich auch auf die Lieferketten erstrecken. Und das macht den Wandel komplex: Fachgremien, inklusive der Wirtschaftsprüfer, beraten sich hierzu anhand von Erfahrungswerten.
Mit der EU-Taxonomie wächst der rechtliche Rahmen für die bisherige CSR-Berichterstattung (Corporate Sustainability Reporting), die ab 2022 als CSRD-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive) bezeichnet wird. Sie definiert völlig neue Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung – zusammen mit der Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) und der Taxonomie-Verordnung.
ine Hand zeigt mit einem Kugelschreiber auf ein stilisiertes ESG-Symbol. Um das ESG-Symbol sind weitere Symbole angeordnet.

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Was sind die genauen Umweltziele?

Die EU-Kommission hat sechs Umweltziele für die EU-Taxonomie festgelegt; die beiden ersten gelten als die Wichtigsten:
  1. ⁠Das Klima schütz⁠en
  2. ⁠An den Klimawandel⁠ anpassen
  3. Wasserressourcen umweltverträglich nutzen und schützen
  4. Zu einer Kreislaufwirtschaft wandeln
  5. Umweltverschmutzung reduzieren
  6. Biodiversität und Ökosysteme wiederherstellen und schützen
Nachhaltig ist eine Wirtschaftstätigkeit gemäß der EU-Taxonomie-Verordnung, wenn sie wesentlich zum Erreichen eines der sechs Ziele beiträgt – ohne eines oder mehrere der anderen Umweltziele zu beeinträchtigen. Dieser Grundsatz zur Vermeidung von Umweltschäden heißt „DNSH-Prinzip“ (Do No Significant Harm).
Eine Frau sitzt lächelnd vor einem Notebook

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Warum wurde die EU-Taxonomie beschlossen?

In der Vergangenheit war die Definition „grüner“ Wirtschaftstätigkeiten nicht einheitlich. Das ist nach wie vor eines der größten Hindernisse für das nachhaltige Wachstum. Die CSRD-Anforderungen und die EU-Taxonomie sind nötig, um gleiche Wettbewerbsbedingungen und Rechtssicherheit für alle in der EU tätigen Unternehmen zu gewährleisten.
Die Klassifizierung der EU-Taxonomie soll Investor:innen nun mehr Orientierung bieten und Kapitalströme stärker in nachhaltige Technologien und in den grünen Umbau der Wirtschaft lenken. Dabei zielt die EU-Taxonomie darauf ab, langfristige Investitionen in umweltfreundliche Wirtschaftsunternehmen zu fördern.
Der Grüne Deal der Europäischen Union versteht sich als ein Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Demnach sind die Maßnahmen für den tiefgreifenden Wandel auf dem Globus keine Option, sondern unabdingbar. Das Rennen um Marktvorteile bei grünen Technologien und Produkten hat schon begonnen. Der Zeitplan der EU-Kommission für den 2019 verabschiedeten „Green Deal“ ist entsprechend eng. Bereits bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen in Europa um 55 Prozent gesenkt werden.
 Geschäftsmann blickt optimistisch vom Dach eines Hochhauses.

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Für welche Unternehmen gilt die EU-Taxonomie?

Die Einführung der EU-Taxonomie erfolgt schrittweise. Ab 2022 wurde sie auf die ersten beiden Ziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ angewendet und ab April 2023 auf die weiteren Umweltziele ausgeweitet.
Aktuell gelten die EU-Taxonomie-Verordnung und die CSRD-Pflicht bereits für:
  • börsennotierte Unternehmen – mit Ausnahme börsennotierter Mikrounternehmen
  • Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen:
    • mehr als 250 Mitarbeitende
    • Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. Euro
    • Nettoumsatz von mehr als 50 Mio. Euro
  • weitere Unternehmen, sofern nationale Behörden sie als relevant für das öffentlichen Interesse einstufen
  • Banken
  • Versicherungen
Für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2025 gilt die EU-Taxonomie auch für alle börsennotierte Konzerne, die bislang nicht berichtspflichtig waren und für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die keine Kleinstunternehmen sind.
Für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2026 werden alle kapitalmarktorientierten KMU berichtspflichtig, sofern sie nicht von der Möglichkeit des Aufschubs bis 2028 Gebrauch machen.
Ab dem 1. Januar 2028 gilt das Regelwerk der EU-Taxonomie auch für zuvor nicht berichtspflichtige Unternehmen, Tochterunternehmen oder Zweigstellen, wenn sie bestimmte Schwellenwerte überschreiten.
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Welche Kritik gibt es an der EU-Taxonomie-Verordnung?

Einige Branchen kritisieren, dass es durch den Kriterienkatalog der EU-Taxonomie zu kompliziert geworden sei, den Grad des nachhaltigeren Wirtschaftens zu messen. Die Anforderungen seien komplex und deshalb im Alltag schwer beherrschbar.
Ein Streitpunkt ist zudem, dass die Europäische Union Kern- und Gasenergie übergangsweise ein grünes Etikett verleiht. Einige Regierungen, vornehmlich aus Osteuropa, haben bemängelt, dass moderne Gaswerke mitunter nicht als übergangsweise nachhaltige Technologien eingestuft wurden.
Übergangsaktivitäten werden gemäß der Taxonomie gesondert behandelt. Wirtschaftliche Aktivitäten werden in folgende drei Kategorien unterteilt:
  1. jene, die einen wesentlichen Beitrag zu einem Umweltziel leisten
  2. jene, die es ermöglichen, dass andere Wirtschaftsaktivitäten einen wesentlichen Beitrag leisten und
  3. Übergangsaktivitäten, für die es aus technologischen Gründen bislang keine CO2-freundliche Alternative gibt. Dazu zählt beispielsweise die Herstellung von Zement oder Stahl, bei der die CO2-Grenzwerte nur schrittweise an die EU-Klimaziele angepasst werden können. Die Kriterien hierfür werden alle drei Jahre überprüft und gegebenenfalls angepasst.

Welche Kennzahlen benötige ich für die Berichterstattung?

Im Bereich Klimaschutz gehören beispielsweise CO2-Emissionen, Energieeffizienz und der Anteil erneuerbaren Energien zu den Kennzahlen, im Bereich der Kreislaufwirtschaft sind es die Abfallvermeidung (zum Beispiel Wiederverwendung) und der Anteil recycelter Materialien.
Zwar gibt es für die Angaben der Kennzahlen EU-KPI-Templates und einen EU-Kalkulator; doch eine Studie der Beratungsgesellschaft PwC kam zum Ergebnis, dass erst 66 Prozent von 706 analysierten Industrieunternehmen und 146 Finanzinstituten diese im Bericht für das Geschäftsjahr 2022 genutzt hatten.
Insofern sind Angaben zu den „grünen“ Kennzahlen der Taxonomie bislang noch nicht aussagekräftig, seit 2022 liegen noch zu wenige Geschäftsberichte vor.

Das Wichtigste zur EU-Taxonomie in Kürze

  • Mit der EU-Taxonomie schafft die Europäische Union einheitliche Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dadurch werden die Aktivitäten von Unternehmen transparenter und besser vergleichbar.
  • Die EU-Taxonomie soll Investitionen in den grünen Wandel anregen und dient außerdem explizit dazu, Greenwashing zu vermeiden.
  • Die Taxonomie-Verordnung wird in einem Stufenplan umgesetzt. Sie findet bereits in vielen Unternehmen Anwendung.
  • Zahlreiche weitere Unternehmen werden ab den Geschäftsjahren 2025/2026 berichtspflichtig.
  • Zu den sechs Umweltzielen der Taxonomie-Verordnung gehören Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Schutz von Wasser und Meeresressourcen, Kreislaufwirtschaft, Vermeidung der Umweltverschmutzung sowie der Schutz von Biodiversität und Ökosystemen.
  • Für die Angabe der grünen Kennzahlen gibt es EU KPI-Templates und einen Kalkulator.
  • Das Regelwerk der EU-Taxonomie hat auch einige Kritik ausgelöst: Manche Branchen halten den Kriterienkatalog für zu komplex. Ein weiterer Streitpunkt ist, dass Kern- und Gasenergie übergangsweise als nachhaltig eingestuft wurden.
  • Der Green Deal und die EU-Taxonomie sind Maßnahmen, die zur Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen beitragen und den Wirtschaftsstandort Europa langfristig sichern sollen.
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