Marcella Hansch im Interview
IoT

Pacific Garbage Screening: Interview mit der Gründerin Marcella Hansch

Das „Pacific Garbage Screening”-Projekt (heute bekannt unter dem Namen everwave) wurde mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft und stellt eine vielversprechende Lösung für die Säuberung der Weltmeere dar. Wir haben Ende 2019 einmal die Gründerin Marcella Hansch aus Arnsberg im Sauerland gefragt, wie der Stand der Dinge ist: Wie sie die Chancen einschätzt, die Meere langfristig zu säubern – und was alles dafür nötig ist.

Eine schwimmende Plattform, die Müll einsammelt, ohne die Meeresfauna zu gefährden: Dieser neue Ansatz für Umweltschutz im Meer ist das Ergebnis komplizierter Ingenieursarbeit. Das Vorzeige-Projekt der Architektur-Alumna Marcella Hansch an der RWTH Aachen ist inzwischen in der international tätigen und gemeinnützigen everwave foundation gGmbH aufgegangen. Es leistet schon jetzt einen wichtigen Beitrag zur Säuberung der Weltmeere und ganz nebenbei könnte die Plattform sogar Strom und wertvolle Rohstoffe produzieren.

Inhaltsverzeichnis

"Ein respektvoller Umgang mit der Natur"

Frau Hansch, auf der Future Connect Tour werfen wir einen Ausblick auf eine technologische, vernetzte und nachhaltige Zukunft. Wie sieht Ihr persönliches Zukunftsbild aus? Meine Idealvorstellung von der Zukunft sieht vor allem einen respektvolleren Umgang mit der Natur vor. Menschen gehen respektvoller mit unseren Ressourcen um. Einwegverpackungen gehören der Vergangenheit an und wir haben Systeme umsetzen können, in denen unser Abfall zu 100% recycelt und in den Stoffkreislauf zurückgeführt wird. Neue Technologien helfen dabei, nachhaltiger zu reisen, zu arbeiten und zu produzieren. Beim Konsum geht es nicht mehr um Quantität, sondern um Qualität. Nicht die maximale Rendite ist das Hauptziel in meinem Zukunftsbild, sondern Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz. Ein Blick in die Vergangenheit. Bei einem Tauchgang, bei dem Sie mehr Plastik als Fische zu Gesicht bekamen, entwickelten Sie den Ansporn, etwas gegen dieses Problem zu unternehmen. Wie lange dauerte der Weg vom Tauchgang bis zur konkreten Idee der Plattformkonstruktion? Der Tauchgang war zum Ende meines Studiums, als ich ein Thema für eine Abschlussarbeit gesucht habe. Das Erlebnis diente sozusagen als Auslöser und war gleichzeitig Ansporn dafür, dass ich mich dem Thema der Verschmutzung der Meere widme. Ich habe mich sehr tief in viele Themen eingearbeitet, hatte aber nur 6 Monate Zeit bis zur Abgabe der Arbeit. In diesen 6 Monaten ist PGS entstanden: Von dem ersten Gedanken bis hin zum fertigen Konzept. Das Ganze ist nun fast 6 Jahre her – und seitdem hat sich sehr viel getan! Pacific Garbage Screening erfährt derzeit viel positive Aufmerksamkeit. Bekommen Sie auch Unterstützung von Politik, Wirtschaft und Investoren? Wie sieht diese (mögliche) Unterstützung aus und was wünschen Sie sich? Aktuell finanzieren wir uns fast ausschließlich aus privaten Spenden. Wir stehen zwar viel in Kontakt mit Politik und Wirtschaft – da geht es aber meistens um inhaltliche Themen. Eine finanzielle Unterstützung gibt es aus dem Bereich aktuell nicht. Wir sind auch nicht das klassische Investoren-Start-up, da wir gemeinnützig sind. Ich würde mir wünschen, dass sich das Weltbild ändert. Weg von der maximalen Rendite – hin zum maximalen Nutzen für die Gemeinschaft und den Planeten. Welche Rolle spielen Technologie und Vernetzung aus Ihrer Sicht bei der Säuberung der Gewässer? Technologie und Vernetzung spielen eine immens wichtige Rolle. Ohne eine globale Vernetzung können wir globale Probleme nicht in den Griff bekommen. Dafür ist die Technologie natürlich der Grundstein. Die “Rettung der Meere” ist ein globales Thema. Gibt es andere Projekte, die Sie ebenfalls für vielversprechend halten? Ja, natürlich. Aktuell gibt es einige Projekte, die sich mit der Thematik beschäftigen und die sich super ergänzen. Während unser Fokus auf den Flüssen liegt, beschäftigt sich das „Ocean Cleanup”-Projekt mit dem Pazifik und „One Earth One Ocean” konzentriert sich auf Küstengebiete.
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"Es muss ein starkes Umdenken stattfinden"

Was muss nach Ihrer Auffassung noch geschehen, damit die Ozeane wieder sauberer werden?
Es muss vor allem ein sehr starkes Umdenken stattfinden. Unsere Konsumgesellschaft, insbesondere was Einwegverpackungen angeht, ist momentan auf einem ganz falschen Weg. Mit unserer Wegwerfmentalität haben wir innerhalb einer Generation Schäden angerichtet, die kaum noch reparabel sind.
Das müssen wir ändern, angefangen bei jedem einzelnen von uns. Daher sind wir auch viel im Bereich Umweltbildung tätig. Wir gehen in Schulen und fangen schon bei den Kleinsten an. Kinder haben ein unheimlich gutes Verständnis von Zusammenhängen und sehen die Folgen – während viele Erwachsene oft Ausreden suchen. Wir wollen die Menschen dazu bewegen und dafür begeistern, selbst mit der Veränderung anzufangen. Ganz nach dem Motto: Eine Mücke kann einem Nashorn nichts anhaben, aber ein Schwarm Mücken bringt ein Nashorn dazu, die Richtung zu ändern.
Welchen Beitrag können Unternehmen leisten, um Plastik zu vermeiden und nachhaltiger zu arbeiten? In den meisten Unternehmen fällt nach wie vor unglaublich viel Verpackungsmüll an. Hier kann man ansetzen und auf andere Verpackungen und vor allem weniger Verpackungen umsteigen. In Firmenkantinen kann auf Einwegplastik verzichtet werden, Wassersprudler mit Glas- statt Plastikflaschen, Mitarbeiter können gefördert werden für neue Ideen, Teamtage können für Clean-up-Aktionen genutzt und somit der Zusammenhalt und das Bewusstsein gestärkt werden… da gibt es unendlich viele Punkte, mit denen man anfangen kann.
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Die Zukunft von Pacific Garbage Screening

Wie geht es weiter mit dem Pacific-Garbage-Screening-Projekt? Die Ursprungsidee von PGS basierte darauf, die Kunststoffe aus dem Great Pacific Garbage Patch zu holen – jenem großen Müllstrudel, der sich weit draußen im Pazifischen Ozean befindet. Doch nach vielen Gesprächen mit zahlreichen internationalen Experten haben wir unseren Fokus nun vollständig auf die Flüsse gelegt. Die Plattform wird hierdurch kleiner als anfangs geplant und soll im Verbund mit weiteren Plattformen operieren. Dadurch wollen wir auf die individuellen Gegebenheiten verschiedenster Flüsse flexibel reagieren können und den Schiffsverkehr nicht beeinträchtigen. Dieses Umdenken hat uns leider wieder etwas zurückgeworfen, aber wir sehen den langfristigen Nutzen für das Meer und uns. Denn die Nähe zum Land bringt auch einige Vorteile, zum Beispiel in logistischer Hinsicht, denn am Ende müssen Bau, Wartung und Betrieb unserer Technologie auch bezahlbar sein. Was denken Sie – wann dürfen wir einen ersten Prototyp bewundern und wo liegen aktuell die wesentlichen Herausforderungen? Eine Abstimmung mit Schiffsbauern ist bereits im Gange. Außerdem kooperieren wir mit mehreren Unternehmen. Nach aktuellem Tempo wird der erste Feldprototyp vermutlich 2022 eingesetzt werden können. Limitierende Faktoren sind immer noch mangelndes Personal und Budget, deshalb stehen diese Aspekte aktuell weiterhin im Vordergrund. Ohne Personal und die entsprechenden Mittel lässt sich ein Projekt solcher Größe nur schwierig realisieren. Mit mehr Kapazitäten könnten wir das Prototyping aber um einiges beschleunigen. Neben der Plattform an sich gibt es aber noch die Öffentlichkeitsarbeit und die Umweltbildung. Zusammen bilden diese Bereiche einen ganzheitlichen Ansatz, der sich auch gegenseitig unterstützt. Wir möchten das Problem an der Wurzel anpacken, um einen entscheidenden Beitrag leisten zu können. Unser Anspruch ist es, dass kein Plastik mehr über die Flüsse in unsere Meere gelangt und noch besser gar nicht erst den Weg in unsere Flüsse findet.
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