Elyas M'Barek als Rechtsanwalt vor Gericht in einer Szene des Films "Der Fall Collini"
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Peter Eggers sitzt in einer Szene von "Genombrottet" vor dem Computer.

Der Fall Collini: Diese wahre Geschichte steckt hinter dem Justizdrama

Wo Fer­di­nand von Schirach drauf­ste­ht, steck­en meist span­nende Jus­tiz­dra­men drin. Das gilt auch für den Roman, der mit Elyas M’Barek in der Haup­trol­le promi­nent ver­filmt wurde. Doch steckt hin­ter „Der Fall Colli­ni” eine wahre Geschichte? Das erfährst Du hier!

Das Wichtigste in Kürze

  • „Der Fall Colli­ni” adap­tiert den gle­ich­nami­gen Roman von Fer­di­nand von Schirach, der 2011 erschienen ist.
  • Film und Buch basieren nicht auf ein­er wahren Begebenheit.
  • Aber: Sie beziehen sich auf den realen Ver­jährungsskan­dal von 1968, der die Amnestie von NS-Ver­brechen ermöglichte.

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Worum geht es in Der Fall Collini?

Filme, die ihre Span­nung aus Gericht­sprozessen beziehen, gibt es einige. Dazu zählen der Hor­ror­film „Con­jur­ing 3“, das Gerichts­dra­ma „Erin Brock­ovich“ oder auch „The Tri­al of the Chica­go 7“. Auch in der deutschen Film­land­schaft find­en sich zahlre­iche Gerichts­filme wie „Der Vor­leser“ um eine angeklagte KZ-Auf­se­herin, „Die Ermit­tlung“ um den ersten Frank­furter Auschwitz-Prozess oder „Ter­ror“ basierend auf Fer­di­nand von Schirachs gle­ich­nami­gen Theaterstück.

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Vor allem der Name von Schirach ist Fans von Jus­tiz­dra­men bekan­nt, denn der ehe­ma­lige Strafvertei­di­ger lässt sein Fach­wis­sen spür­bar in sein Werk ein­fließen. Das gilt auch für seinen Roman „Der Fall Colli­ni”, der 2011 im Btb-Ver­lag erschien und 2019 ver­filmt wurde.

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In „Der Fall Colli­ni” behan­delt von Schirach den Vergel­tungsmord an einem ehe­ma­li­gen SS-Sturm­ban­n­führer sowie die Frage der Ver­jährung von NS-Kriegsver­brechen. Im Mit­telpunkt ste­ht Anwalt Cas­par Leinen, im Film von Elyas M’Barek verkörpert.

Leinens erster Fall als Pflichtvertei­di­ger ist der des ehe­ma­li­gen Gas­tar­beit­ers Fab­rizio Colli­ni (gespielt vom „Django”-Darsteller Fran­co Nero), der den Großin­dus­triellen Hans Mey­er kalt­blütig ermordet hat.

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Schnell stellt sich im Ver­lauf des Gerichtsver­fahrens her­aus, dass Hans Mey­er als junger SS-Sturm­ban­n­führer 1944 eine willkür­liche Hin­rich­tung von Par­ti­sa­nen in der Toskana ver­an­lasste. Dabei wur­den auch der Vater sowie die Schwest­er von Fab­rizio Colli­ni getötet, der sich Jahrzehnte später am Indus­triellen Mey­er rächt.

Ist Der Fall Collini eine wahre Geschichte?

Wie bei den meis­ten Von-Schirach-Stof­fen stellt sich die berechtigte Frage, ob „Der Fall Colli­ni” auf ein­er wahren Geschichte basiert. Schließlich gehen auch von Schirachs Best­seller „Ver­brechen”, „Schuld” und „Strafe” auf Prozesse zurück, die er selb­st erlebt hat.

Bei „Der Fall Colli­ni” sieht es etwas anders aus. Die schnelle Antwort müsste hier laut­en: Wed­er Roman noch Film ver­ar­beit­en einen realen Mord­fall. Sowohl Fig­uren als auch der beschriebene Gericht­sprozess sind rein fiktiv.

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Ganz so ein­deutig lässt sich die Frage trotz­dem nicht beant­worten. Denn selb­st wenn Fig­uren und Fall fik­tiv sind, ist die Geschichte dahin­ter sehr real.

Der Fall Collini: Keine wahre Geschichte, aber ein wahrer Hintergrund

Im Zen­trum des Gerichts­dra­mas ste­hen nicht nur der Mord am ehe­ma­li­gen SS-Sturm­ban­n­führer Hans Mey­er, son­dern auch eine dur­chaus reale Geset­zesän­derung, die 1968 in Deutsch­land in Kraft tritt. Dabei han­delt es sich um den soge­nan­nten Ver­jährungsskan­dal, der durch Art. 1 Nr. 6 des Ein­führungs­ge­set­zes zum Gesetz über Ord­nungswidrigkeit­en (EGOWiG), ermöglicht wird.

Die Geset­zesän­derung ist auch als Dreher-Gesetz bekan­nt, da der ehe­ma­lige NS-Anwalt und spätere Min­is­te­ri­al­beamte Eduard Dreher für die Geset­ze­sum­set­zung Ver­ant­wor­tung trug. Dabei ging es um eine Amnestie von NS-Verbrechen.

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Zahlre­iche NS-Verbrecher:innen kom­men durch das Dreher-Gesetz straf­frei davon. Von Schirach greift das Gesetz im Roman sog­ar konkret auf, denn in dem Buch erstat­tet Colli­ni bere­its 1968 Anzeige gegen Mey­er. Durch die Ver­fol­gungsver­jährung wird das Ver­fahren jedoch eingestellt.

Ferdinand von Schirach steht im Rahmen des Literaturfestivals lit.Cologne Spezial auf der Bühne im Funkhaus.

Fer­di­nand von Schirach ist nicht nur Schrift­steller, son­dern auch Jurist. — Bild: pic­ture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

Echte SS-Verbrechen und Justizskandale fiktiv aufbereitet

Ein Von Schirach wären kein Von Schirach, wenn in den Fig­uren nicht zumin­d­est ein Funken Wahrheit steck­en würde. Die Verbindung zu realen Hin­ter­grün­den enden daher nicht bei dem realen Ver­jährungsskan­dal von 1968. Fer­di­nand von Schirach lässt sich zur Fig­ur des Hans Mey­er zudem durch den sehr realen Friedrich Engel inspirieren.

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Friedrich Engel, auch als Schlächter von Gen­ua bekan­nt, ist während der NS-Dik­tatur als SS-Ober­sturm­ban­n­führer sowie SD-Chef in Gen­ua tätig. Hier ver­an­lasst er nach einem Par­ti­sa­ne­nan­schlag die Massen­hin­rich­tung von 59 inhaftierten Partisan:innen im Marassi-Gefängnis.

Engel zeich­net sich zudem für weit­ere Mas­sak­er in Bene­dic­ta, Portofi­no und Cravas­co ver­ant­wortlich. Auch hier zeigen sich deut­liche Par­al­le­len zur fik­tiv­en Biografie von Fer­di­nand von Schirachs Fig­ur Hans Meyer.

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Anders als Mey­er kommt Friedrich Engel jedoch ungeschoren davon: Nach­dem er 1999 von einem ital­ienis­chen Gericht in Abwe­sen­heit zu lebenslanger Haft verurteilt wird, bleibt er in Deutsch­land zunächst unbe­hel­ligt. Erst 2002 wird er vom Landgericht Ham­burg zu sieben Jahren Haft verurteilt, die er auf­grund seines Alters nicht antreten muss.

2004 wird das Urteil vom Bun­des­gericht­shof aufge­hoben und der Prozess eingestellt, da er ange­blich unter dem dama­li­gen Kriegsvölk­er­recht nicht gegen Vorschriften oder die soge­nan­nte „Human­itätss­chranke” ver­stoßen hat.

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