Der Cast von The Last Duel
© Walt Disney Studios Motion Pictures
Vier luftig bekleidete Maklerinnen
Gru und die Minions
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The Last Duel | Kritik: Dekonstruktion des Rittertums

Rid­ley Scotts neuestes Werk „The Last Duel“ ist zu gle­ichen Teilen Rit­ter-Epos, Krim­i­nal­film und ein Kom­men­tar zur #metoo-Ära. Doch wie gut greifen diese Ele­mente wirk­lich ineinan­der? Und wie schlägt sich der Cast um Adam Dri­ver, Matt Damon und Jodie Com­er? Die Antworten gibt‘s in unser­er Kri­tik.

Die Rit­ter des Mit­te­lal­ters verbind­est Du vielle­icht mit glänzen­den Rüs­tun­gen, ihren Mut in der Schlacht und natür­lich mit ihren unver­rück­baren Ide­alen. In ihrer Freizeit beschützen sie die Schwachen, wenn sie nicht ger­ade eine holde Maid aus ein­er misslichen Lage ret­ten. So ken­nen wir Rit­ter zumin­d­est aus Jahrhun­derten verk­lären­der Kun­st, Lit­er­atur und natür­lich Fil­men, wie die Dutzend Neuaufgüsse der König-Artus-Sage nur allzu deut­lich beweisen.

Regie-Vet­er­an Rid­ley Scott hat mit Werken wie „Kön­i­gre­ich der Him­mel“ bere­its selb­st seinen Beitrag zu diesem Helden-Mythos geleis­tet. Doch dass die Darstel­lung der Rit­ter als unfehlbare, selb­st­lose Ehren­män­ner denkbar weit von der Real­ität ent­fer­nt ist, darüber gibt es in der Wis­senschaft schon seit ger­aumer Zeit keine Zweifel mehr.

Dieser Denkschule fol­gend, erweist sich Scotts neuester Film The Last Duel als scho­nungslose Dekon­struk­tion eben dieses roman­tisierten Rit­ter­bildes – die auch über­raschend viel über die heutige Gesellschaft auszusagen weiß. Denn bevor die Stars Adam Dri­ver und Matt Damon im titel­geben­den Duell gegeneinan­der antreten, ste­ht erst ein­mal die Frage, welchen Preis eine Frau zahlen muss, um ihr Recht zu erhal­ten.

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Die Handlung von The Last Duel: Das Los einer Frau?

Das mit­te­lal­ter­liche Frankre­ich im 14. Jahrhun­dert: Einst kämpften Jean de Car­rouges (Matt Damon) und Jacques Le Gris (Adam Dri­ver) im Krieg Seite an Seite, doch über die Jahre sind aus den bei­den Fre­un­den bit­tere Rivalen gewor­den. Während der kul­tivierte Le Gris im Dienst des Fürsten Pierre d’Alençon Kar­riere macht, hat de Car­rouges Geld­prob­leme und wird bei Hof ver­lacht.

Ins­beson­dere de Car­rouges zeigt sich zunehmend ver­bit­tert, da Le Gris mit Län­dereien und Titeln über­häuft wird, die sein­er Mei­n­ung nach ihm zuste­hen. Als er die reiche und schöne Mar­guerite (Jodie Com­er) heiratet, scheint sich das Blatt aber endlich zu wen­den. Die junge intel­li­gente Frau ver­schafft ihm den lang ersehn­ten See­len­frieden.

Eines Tages berichtet Mar­guerite ihrem Mann jedoch, dass Le Gris in sein­er Abwe­sen­heit in die Burg ein­drang und sie verge­waltigte. Und sie will es nicht darauf beruhen lassen. Auf­grund von Le Gris‘ poli­tis­ch­er Verbindun­gen haben die Car­rouges‘ aber keine Chance, auf herkömm­lichem Rechtswege Gerechtigkeit zu erlan­gen.

Der Cast von The Last Duel

Matt Damon und Adam Dri­ver als erbit­terte Feinde in The Last Duel — Bild: Walt Dis­ney Stu­dios Motion Pic­tures

Also greift Jean nach dem let­zten Stro­hhalm, um seine Ehre wieder­herzustellen: Er fordert Le Gris vor dem jun­gen franzö­sis­chen König (Alex Lawther) zu einem Duell auf Leben und Tod her­aus. Diese zu diesem Zeit­punkt schon ver­al­tete Tra­di­tion soll vor Gott her­aus­find­en, wer die Wahrheit spricht – kommt jedoch auch mit einem hohen Preis ein­her.

Denn wenn Jean ver­liert, wird auch seine Frau Mar­guerite wegen Falschaus­sage zum Tod auf dem Scheit­er­haufen verurteilt.

The Last Duel: Drei Kapitel zur Wahrheit

The Last Duel basiert auf dem Sach­buch „The Last Duel: A True Sto­ry of Crime, Scan­dal, and Tri­al by Com­bat in Medieval France“ von Eric Jaeger, also auf ein­er wahren Geschichte. Um sich der Wahrheit in diesem realen Krim­i­nal­fall aus dem Mit­te­lal­ter anzunäh­ern, hat Rid­ley Scott seinen Film in drei Kapi­tel unterteilt, die ähn­lich wie in Aki­ra Kuro­sawas Klas­sik­er „Rashomon“ nacheinan­der die Ereignisse aus Sicht der einzel­nen Protagonist:innen Jean de Car­rouges, Jacques Le Gris und Mar­guerite de Car­rouges zeigen.

Eine solche Erzählweise lebt von der Unzu­ver­läs­sigkeit der Per­spek­tiv­en und dem sich daraus ergeben­den Dilem­ma. Und ger­ade in den ersten bei­den Kapiteln, denen von Jean de Car­rouges und Jacques Le Gris, spielt The Last Duel sehr erfol­gre­ich mit der Ambivalenz der bei­den Kon­tra­hen­ten – und auch mit den Sym­pa­thien der Zuschauer:innen.

Die Stärken des Casts ausgespielt

Hier zeigt der Cast um Adam Dri­ver, Matt Damon und Jodie Com­er sein ganzes Kön­nen. Damon, son­st eher in der Rolle des sym­pa­this­chen Sauber­manns, überzeugt hier mit frag­würdi­gem Vokuhi­la als stu­pid­er Prov­inzrit­ter, der sich schneller in eine Bre­douille redet, als er „Ehre“ sagen kann. 

Adam Dri­ver hält als freigeistiger Lebe­mann Le Gris dage­gen und lässt das Pub­likum dank seinem abgründi­gen Charme so manch­es Warnsignal überse­hen. Hinzu kommt in ein­er Neben­rolle Ben Affleck, der nicht nur zusam­men mit Damon am Drehbuch mit­geschrieben hat, son­dern als Fürst Pierre mit blonder Topf­frisur für einige der witzigeren Szenen sorgt.

Wer am Ende jedoch wirk­lich die Wahrheit spricht, daran lässt Scott keine Zweifel. Was eigentlich schade ist, denn auch das dritte Kapi­tel bietet genü­gend Diskus­sion­spunk­te, die den Fall in einem weniger ein­deuti­gen Licht hät­ten zeigen kön­nen. Zu diesem Zeit­punkt weiß man aber schon, wie die Dinge wirk­lich ste­hen, was dem Dra­ma ein gewiss­es Maß an Span­nung und Kraft raubt.

Jodie Comer in The Last Duel

Jodie Com­er überzeugt als Mar­guerite — Bild: Walt Dis­ney Stu­dios Motion Pic­tures

Trotz­dem ertappt man sich auch hier dabei, wie man jede Geste, jeden Blick und jedes Wort auf kleine Unter­schiede zwis­chen den einzel­nen Kapiteln zu analysieren ver­sucht, was zum einen der präzisen Kam­er­aar­beit, zum Großteil aber auch dem her­vor­ra­gend nuancierten Spiel von „Free Guy“-Star Jodie Com­er zu ver­danken ist.

Echte Ritter und das dreckige Mittelalter

Auch in Sachen Insze­nierung lässt Rid­ley Scott in The Last Duel nichts mis­sen. So authen­tisch hat sich das Mit­te­lal­ter auf der Lein­wand zumin­d­est schon lange nicht mehr ange­fühlt. Dabei sind die Bilder nie nur rein­er Selb­stzweck, ver­rat­en sie in all ihrem Schmutz, ihrer Kälte und Härte doch so viel mehr über die Leben­sum­stände, die die Men­schen dieser Zeit geprägt haben.

Ger­ade Jean de Car­rouges‘ Geschichte führt vor Augen, dass der All­t­ag des Lan­dadels längst nicht so glam­ourös war, wie man es sich bei einem Rit­ter vorstellt. Um genü­gend Geld für die Abgaben an seinen Lehn­sh­err zusam­men­zukriegen, muss er immer wieder in den Krieg ziehen, um so durch Plün­derun­gen seine Einkün­fte aufzu­s­tock­en.

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Dabei wer­den die kurzen Schlacht­en­szenen so bar­barisch, blutig und chao­tisch in Szene geset­zt, dass vom soge­nan­nten „Rit­ter in strahlen­der Rüs­tung“ anschließend kaum etwas übrig bleibt. Das ist kein Beruf für Gen­tle­men, son­dern knall­har­ter Ernst, in dem jed­er um das nack­te Über­leben kämpft. Selb­st wenn man dafür mit dem Ket­ten­hand­schuh das Gesicht des Geg­n­ers ein­schla­gen muss.

Wenn de Car­rouges dann Monate später krank und gedemütigt nach Hause zurück­kehrt, sieht man schnell die Gründe für das oft enthemmte, auf Stolz und Wertschätzung fokussierte Ver­hal­ten dieses Rit­ters.

The Last Duel: Überraschend aktuell

The Last Duel sucht den­noch keine Entschuldigun­gen für seine Charak­tere. Das mit­te­lal­ter­liche Frankre­ich wird als ein Umfeld gezeigt, in dem Frauen den Män­nern hil­f­los aus­ge­set­zt sind. Mar­guerite kann so ihren Peiniger auch gar nicht selb­st ankla­gen, weil sie vor der Jus­tiz lediglich als das Eigen­tum ihres Ehe­mannes zählt. Auch Jean scheint es mehr um seine eigene ver­let­zte Ehre zu gehen, als um die schreck­liche Tat, die seine Frau erlei­den musste.

Umso schmerzhafter ist es, wenn über die knapp zweiein­halb­stündi­ge Laufzeit immer klar­er wird, dass das Dilem­ma von Mar­guerite keineswegs ein Relikt aus ein­er anderen Zeit ist. Sie wird unter Druck geset­zt, nicht nur von der Kirche, son­dern auch von der eige­nen Fam­i­lie, Freund:innen und der öffentlichen Mei­n­ung. Das Risiko, die Rechte ein­er Frau einzu­fordern, ist genau­so präsent wie in der heuti­gen #metoo-Ära.

Adam Driver in The Last Duel

Ist Jacques Le Gris ein Verge­waltiger? — Bild: Walt Dis­ney Stu­dios Motion Pic­tures

Wie soll man einen mächti­gen Mann ankla­gen, wenn man dafür die eigene Zukun­ft aufs Spiel set­zt? Dies geschieht in The Last Duel über weite Streck­en sub­til, nur einige Dialogzeilen wirken doch etwas überdeut­lich in ihrem Bestreben, Par­al­le­len zur Gegen­wart zu ziehen.

Einziger Wer­mut­stropfen ist an dieser Stelle, dass der Film sein­er fem­i­nis­tis­chen Botschaft zu wenig Ver­trauen ent­ge­gen­bringt, um nicht doch noch vor dem let­zten Kapi­tel die Schuld deut­lich auszu­for­mulieren. Denn dies sabotiert nicht nur das eigene Erzäh­lkonzept, etwas mehr Ambivalenz hätte der starken Aus­sage auch im let­zten Drit­tel keinen Abbruch getan.

Das letzte Duell: Brachiale (Bild)-gewalt

So läuft alles auf den großen Höhep­unkt des Films hin, das Duell zwis­chen den bei­den Kon­tra­hen­ten Le Gris und de Car­rouges. Und hier liefert Scott nochmal richtig ab. Denn die Kon­fronta­tion der bei­den Män­ner wird mit ein­er solch anar­chis­chen Wucht und Gewalt auf die Lein­wand gewor­fen, dass einem beim Zuschauen schlicht der Atem weg­bleibt.

Matt Damon in The Last Duel

Kämpft um seine Ehre und sein Leben: Jean de Car­rouges — Bild: Walt Dis­ney Stu­dios Motion Pic­tures

Pferde krachen aufeinan­der, Schilder zer­ber­sten und Blut fließt, während sich Damon und Dri­ver mit Lanzen, Schw­ert­ern, Äxten und Dolchen gegen­seit­ig beharken. Gle­ich Berserk­ern gehen die Erzfeinde aufeinan­der los – Sinnbild und Dekon­struk­tion des ver­meintlich noblen Rit­ter­standes zugle­ich. 

Mar­guerite muss unter­dessen hil­f­los zuschauen. Ihr Leben hängt vom Aus­gang genau­so ab, wie das der bei­den Duel­lanten. Doch das kön­nen nur die Män­ner unter sich aus­machen…

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The Last Duel-Kritik: Das Fazit zum Mittelalter-Drama

Rid­ley Scotts The Last Duel ist ein bildge­waltiger Mit­te­lal­ter-Kri­mi, der nicht nur das klas­sis­che Rit­ter­bild entro­man­tisiert, son­dern auch mit starken Darsteller:innen und ein­er noch stärk­eren fem­i­nis­tis­chen Botschaft aufwartet. Nur schade, dass der Mut nicht aus­gere­icht hat, um die Auflö­sung des Falls etwas mehr in der Schwebe zu hal­ten. Dafür wird man zum Schluss mit einem brachialen End­kampf für die Geschichts­büch­er ent­lohnt.

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