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Haus der Geheimnisse: Die Toten von Burari – die wahre Geschichte hinter der Tragödie
Die Netflix-Doku „Haus der Geheimnisse: Die Toten von Burari” untersucht den mysteriösen Tod von elf Mitgliedern einer Familie in Delhi – ein Kriminalfall, der ganz Indien schockierte. Wir erzählen die wahre Geschichte der Toten von Burari.
Der Fall sorgte nicht nur in Indien für Entsetzen: 2018 werden elf Mitglieder einer Familie tot in ihrem Haus in Delhi aufgefunden. Öffentlichkeit, Medien und Polizei rätseln: War es Mord oder ein Massenselbstmord? Es gibt keine Einbruchsspuren und keine Abschiedsbriefe. Aber die Ermittler:innen finden Hinweise auf das, was geschehen sein muss – Hinweise auf eine familiäre Tragödie, die elf Menschen das Leben kostete.
Netflix hat den Fall in der dreiteiligen Dokumentation „Haus der Geheimnisse: Die Toten von Burari“ aufbereitet. Die Doku startet am 8. Oktober beim Streamingdienst.
Die Toten von Burari: Die wahre Geschichte
Es ist der 1. Juli 2018, ein Sonntag. Gurcharan Singh bemerkt kurz nach 7 Uhr, dass schon seit geraumer Zeit eine frische Milchlieferung vor dem Haus seiner Nachbar:innen lagert. Die Chundawat-Familie betreibt im Erdgeschoss ihres Hauses in Delhis Mittelschicht-Viertel Burari einen kleinen Lebensmittelladen. Für gewöhnlich öffnet der Laden um 6 Uhr. Aber Ladenbesitzer Lalit Chundawat, mit dem Singh um diese Zeit einen täglichen Morgenspaziergang zu machen pflegt, steht nicht hinter der Theke.
Singh betritt um 7.14 Uhr das Haus durch die offene Tür, geht in den ersten Stock, in die Wohnräume der Familie. Oben im Hausflur ereilt ihn dann der Schock: Von der Decke hängen die Leichen von zehn Mitgliedern der Chundawat-Familie. Singh rennt auf die Straße, alarmiert Nachbar:innen und die Polizei. Die trifft nach wenigen Minuten ein. Den Beamt:innen bietet sich ein grausiges Bild: An einem Drahtgitter unter dem Oberlicht baumeln Leichen „wie die Äste eines Baumes“, wie es ein Polizeibeamter beschreibt.
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Die Toten sind Lalit (45), sein Bruder Bhavnesh (50), ihre Ehefrauen Savita (48) und Tina (42), ihre Schwester Prathiba (48), die Kinder Priyanka (33), Nitu (25), Monu (23), Druv (12) und Shivam (15). Den Toten sind die Augen verbunden und sie tragen Knebel im Mund, einige sind zudem an Armen und Beinen gefesselt. Todesursache: Strangulation. Auf dem Boden stehen fünf Stühle. In einem Nebenzimmer entdecken die Beamten eine weitere Leiche: die der 77-jährigen Narayan Devi, Seniorin der Familie. Die Mutter und Großmutter wurde erdrosselt.
Die Polizei tappt zunächst im Dunkeln, ermittelt in alle Richtungen. Bilder einer Überwachungskamera, Tagebuchaufzeichnungen der Chundawats und Details ihrer Lebensgeschichte bringen die Ermittler:innen schließlich auf die richtige Spur.
Der Burari-Fall: Die Auflösung
Am Haus gegenüber dem Chundawat-Anwesen hängt eine private Überwachungskamera. Ihre Bilder lassen einige Rückschlüsse auf die letzten Stunden der Familie zu. Sie zeigen Folgendes: Gegen 22 Uhr am 30. Juni trägt eine der Chundawat-Frauen die fünf Stühle vom Balkon ins Haus. Um 22.15 Uhr bringen die beiden Teenager Druv und Shivam die Seile, mit denen sich die Familie später aufhängen wird, ins Haus.
Eine Viertelstunde später lässt sich die Familie 20 Fladenbrote liefern – die Henkersmahlzeit. Kurz vor 23 Uhr geht Bhavnesh noch mal mit dem Familienhund Gassi. Wenige Minuten später sind alle Mitglieder der Familie im Haus verschwunden. Bis 7.14 Uhr am 1. Juli betritt oder verlässt niemand mehr das Gebäude.
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Bei der Durchsuchung des Tatorts stoßen die Ermittler auf elf Tagebücher, denn jedes Mitglied der Chundawats hat anscheinend Tagebuch geführt. Und das zum Teil schon seit elf Jahren. Elf Jahre zuvor nämlich, 2007, war der Familienpatriarch Bhopal gestorben. Für seinen Sohn Lalit änderte der Verlust alles. Er glaubte, dass der Geist seines verstorbenen Vaters mit ihm kommunizieren würde. Der Tod schien ihm eine Stimme zu verleihen – im buchstäblichen Sinne. Denn 2004 hatte Lalit bei einem Unfall seine Stimme verloren. Während der intensiven, tagelangen Gebete nach Bhopals Tod drei Jahre später fand Lalit seine Stimme dann wie durch ein Wunder wieder.
Daraufhin nahm er die Rolle des Familienoberhaupts ein, obwohl er der jüngere der Chundawat-Brüder war. Er änderte seinen Lebensstil und überzeugte die ganze Familie, es ihm gleichzutun. Lalit diktierte seinen Verwandten beinahe jeden Schritt – gab vor, was sie essen sollten, was sie zu tun hatten, wofür sie Geld ausgeben konnten. Die Kinder durften weder Smartphone noch PC nutzen, an der Schule galten sie als „extrem gottesfürchtig“. Alle folgten Lalits Anweisungen – bis zuletzt, bis zum bitteren Ende.
Der Burari-Fall: Ein Fall von tödlichem Wahn
Dabei sollte das finstere Ritual im ersten Stock des Burari-Hauses wohl nicht zum Tod führen. Tagebuchaufzeichnungen legen nahe, dass die Chundawats sich ein besseres Leben erhofften, ein Leben in einer anderen Welt, vielleicht wiedervereint mit dem verstorbenen Patriarchen. Aber legt man sich deswegen die Schlinge um den Hals, um sich von einem Stuhl zu stürzen? Wie lässt sich dieses irrationale Verhalten erklären?
Psycholog:innen gehen davon aus, dass Lalit an einer wahnhaften Störung litt. Die Chundawat-Familie folgte ihrem Anführer blind und stellte seine Anordnungen offenbar nicht infrage, vielmehr teilte sie seine psychotische Störung. So stürzten sie sich gemeinsam mit Lalit in den Tod. Ob dieser Schritt in seiner Konsequenz gewollt war, wissen wir nicht mit Gewissheit.
Die Toten von Burari – eine wahre Geschichte und ihre Folgen
Nur ein Familienmitglied ist heute noch am Leben: Lalits älterer Bruder Dinesh. Der Bauunternehmer war seinerzeit nicht mit der Familie nach Delhi gezogen. Er kümmert sich jetzt um das Burari-Haus, das er an zwei Familien für kleines Geld vermietet hat. Das zweistöckige Gebäude gilt als Horrorhaus, Neugierige pilgern vorbei, Nachbar:innen fürchten böse Geister. Der Burari-Fall wird die Menschen in Delhi noch lange beschäftigen. Dinesh aber hofft, dass das Interesse irgendwann nachlassen wird.
Wenn die Leute das Haus nicht mehr als eine Art Sehenswürdigkeit betrachten würden, sei der Zeitpunkt gekommen, es zu verkaufen, sagt er. Dann werde er hoffentlich einen guten Preis für die Immobilie bekommen.
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