Eine Hand hält eine Fernbedienung und zeigt auf einen TV, der im verschwommen im Hintergrund zu sehen ist.
© iStock/Ake Ngiamsanguan
In „Die drei ??? – Toteninsel“ stehen Justus Jonas (Julius Weckauf), Peter Shaw (Nevio Wendt) und Bob Andrews (Levi Brandl) in einem staubigen, mysteriös beleuchteten Raum. Sie tragen alle Atemschutzmasken um den Hals und wirken alarmiert, während sie sich aufmerksam umsehen.

Geiselnahme live: Der Fall Eloá Pimentel – die wahre Geschichte

Die wahre Geschichte hin­ter „Geisel­nahme live: Der Fall Eloá Pimentel”: Die 15-jährige Eloá wird 2008 von ihrem Ex-Fre­und ent­führt, vier Tage gefan­gen gehal­ten und dann ermordet. Mil­lio­nen Brasilianer:innen sehen dem Kid­nap­ping live im Fernse­hen zu – Polizei und Medi­en versagen.

Die wahre Geschichte hinter Geiselnahme live: Der Fall Eloá Pimentel – das Besondere an dem Fall

Zwei Geiseln, ein Ent­führer und zahlre­iche Fehler von Polizei und Medi­en: Der Fall Eloá Cristi­na Pimentel gilt als eines der erschüt­ternd­sten Geisel­dra­men Brasiliens – mit mehreren Beson­der­heit­en. Bis heute han­delt es sich um die läng­ste Ent­führung mit tödlichem Aus­gang in Brasilien. Der Täter hielt seine Ex-Fre­undin Eloá Pimentel und deren Fre­undin über 100 Stun­den in ein­er Woh­nung fest, also mehr als vier Tage. Das Medi­en­spek­takel ist riesig: Das Kid­nap­ping-Dra­ma wird stun­den­lang live im Fernse­hen über­tra­gen. Reporter:innen inter­viewen Ent­führer und Opfer und ver­hin­dern, dass die Behör­den ihre Arbeit machen können.

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Hinzu kom­men ekla­tante Fehler der Polizei. Die Beamt:innen sprechen stun­den­lang mit dem Geisel­nehmer, kom­men aber zu keinem Ergeb­nis. Obwohl die 15-jährige Nayara freikommt, wird sie zurück­geschickt und erneut gekid­nappt. Die ver­suchte Befreiung erfol­gt zu spät, ist schlecht koor­diniert – und Eloá stirbt.

Der Net­flix-Film „Geisel­nahme live: Der Fall Eloá Pimentel” erzählt die wahre Geschichte der Ent­führung und Ermor­dung des jun­gen Mäd­chens. Er ist ab 12. Novem­ber zu sehen. Die True-Crime-Doku des brasil­ian­is­chen Regis­seurs Cris Ghat­tas rekon­stru­iert das Geschehen. Ange­hörige, Ermittler:innen und Augen­zeu­gen erzählen ihre Sicht der Dinge. Außer­dem zeigt der Film Tage­buchauszüge von Eloá.

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Der Fall Eloá Pimentel: Wie kommt es zu der Geiselnahme?

Es ist Mon­tag, der 13. Okto­ber 2008 in der brasil­ian­is­chen Großs­tadt São Paulo. Die 15-jährige Eloá Pimentel kommt ger­ade von der Schule nach Hause. Sie gilt als fre­undlich­es, intel­li­gentes und lebens­fro­hes Mäd­chen. Bei ihr sind ihre beste Fre­undin Nayara da Sil­va und zwei männliche Schulka­m­er­aden. Sie wollen gemein­sam an einem Schul­pro­jekt arbeit­en. Die Woh­nung haben sie für sich: Eloás Eltern sind bei der Arbeit, ihr Brud­er noch in der Schule.

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Doch dann hören sie selt­same Geräusche auf dem Flur. Jemand bricht in die Woh­nung ein: Lin­dem­berg Fer­nan­des Alves. Die Geisel­nahme begin­nt – er richtet eine Pis­tole auf Eloá Pimentel. Der 22-Jährige ist ihr Ex-Fre­und. Kurz vorher hat­te sie die Beziehung been­det. Die bei­den waren zweiein­halb Jahre lang ein Paar, obwohl er deut­lich älter ist als sie. In der Gegend hat er den Ruf, auf­brausend und gewalt­tätig zu sein.

Alves hat nicht damit gerech­net, dass Eloás Freund:innen auch da sind. Eigentlich wollte er seine Ex-Fre­undin und sich selb­st töten. Erst als der Vater einige Stun­den später heimkommt, wird klar, was vorge­fall­en ist.

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Das unverantwortliche Verhalten der Medien im Fall Eloá Pimentel

Eine Spezialein­heit der Polizei begin­nt Ver­hand­lun­gen mit dem unberechen­baren Ver­brech­er. Zwar lässt er die bei­den Jun­gen frei, doch Eloá und Nayara hält er weit­er als Geiseln gefan­gen. Zudem hat er häu­fig Wutaus­brüche und ändert seine Mei­n­ung ständig.

Am näch­sten Mor­gen bericht­en die ersten TV-Reporter:innen. Dadurch wer­den andere Medi­en aufmerk­sam, sie schick­en eben­falls Journalist:innen zum Tatort. Mil­lio­nen Men­schen schauen sich die Berichte an – auch Alves. Sein Ver­hal­ten wird noch sprung­hafter. Er zwingt Eloá Pimentel während der Geisel­nahme, den Dau­men aus dem Fen­ster in Rich­tung der Kam­eras zu heben. Dann geht er zu einem anderen Fen­ster und begin­nt, wahl­los Schüsse auf die Straße abzugeben.

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Der Täter son­nt sich in der Aufmerk­samkeit und hat immer weniger Lust, mit der Polizei zu ver­han­deln. Am Mittwoch lässt er Naraya gehen. Im Gegen­zug sollen die Behör­den den Strom wieder ein­schal­ten, den sie als Druck­mit­tel abgestellt haben.

Dann ruft ein Reporter mit­ten in der Krise in der Woh­nung an – ohne Wis­sen der Polizei und Eloás Fam­i­lie. Der für solche Sit­u­a­tio­nen untrainierte Mann inter­viewt Alves mehrere Minuten und spricht auch mit dem weinen­den Opfer. Diese Jagd nach Ein­schaltquoten gefährdet Men­schen­leben: Das Inter­view schme­ichelt dem Ego des um Aufmerk­samkeit buh­len­den Täters.

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Immer öfter zeigt er sich am Fen­ster, mit Eloá als Schutzschild vor sich. In einem weit­eren Inter­view ver­sucht die Repor­terin sog­ar, mit dem Täter zu ver­han­deln, obwohl sie dafür nicht aus­ge­bildet ist – was mit der Polizeiar­beit kol­li­diert. Ein Experte erk­lärt voller Überzeu­gung live im TV, dass Alves sich in ein­er „Phase” befinde, er und die „lei­den­schaftliche” Eloá wür­den am Ende heiraten.

Reporter:innen belauscht­en Gespräche zwis­chen Polizist:innen vor Ort, die disku­tieren, wie sie Eloá befreien kön­nen. Die TV-Sender ver­bre­it­en diese geheimen Infor­ma­tio­nen – und Alves hört zu. Dank der Dauer­berichter­stat­tung sieht er auf dem Fernse­hgerät genau, was die Spezialein­heit vor dem Haus macht.

Das Versagen der Polizei im Fall Eloá Pimentel – und das Ende der Geiselnahme

Am Don­ner­stag­mor­gen fordern Polizist:innen die trau­ma­tisierte und ger­ade freige­lassene Nayara auf, zurück zum Haus zu kom­men. Alves will mit ihr sprechen und dann zusam­men mit den bei­den Mäd­chen her­auskom­men. Er ver­langt, dass keine Polizist:innen im Haus sind. Die Spezialein­heit stimmt zu und schickt die 15-Jährige ganz allein ins Haus. Doch Alves zieht sie in die Woh­nung, sie befind­et sich erneut in sein­er Gewalt.

Schließlich greift die Spezialein­heit zu – nach 100 Stun­den. Sie sprengt die Tür auf, es sind vier Schüsse zu hören. Dann stolpert Nayara blu­tend aus der Woh­nung: Alves hat ihr ins Gesicht geschossen. Aber sie über­lebt schw­er ver­let­zt. Die Polizei über­wältigt den Verbrecher.

Eloá Pimentel wird ins Kranken­haus gebracht, sie fällt in ein Koma. Der Kid­nap­per hat sie an Unter­leib und Kopf getrof­fen. Fünf Tage später wird sie für hirn­tot erk­lärt, die Maschi­nen wer­den ausgeschaltet.

Damit ist die wahre Geschichte hin­ter „Geisel­nahme live: Der Fall Eloá Pimentel” noch nicht zu Ende. Medi­en und Polizei wer­den heftig kri­tisiert. Warum hat die Spezialein­heit nicht früher zuge­grif­f­en oder Scharf­schützen einge­set­zt? Warum dauerte es min­destens sieben Sekun­den zwis­chen der Spren­gung der Tür und der Stür­mung der Woh­nung? Die Verzögerung gab Alves Zeit, die Mäd­chen zu attackieren.

Bei der Rekon­struk­tion des Falls reagiert die Spezialein­heit zu allem Über­fluss mit Lügen. Die Polizei behauptet, dass sie die Woh­nung nur gestürmt habe, weil von drin­nen ein Schuss zu hören war. Doch das stimmt nicht. Denn Alves schießt erst, als die Tür gesprengt wird.

Der Täter wird später zu ein­er Haft­strafe von 98 Jahren verurteilt. Die brasil­ian­is­che Geset­zge­bung begren­zt die Strafzeit jedoch auf dreißig Jahr.

Eloá Pimentel: Die wahre Geschichte und der unglaubliche Twist um ihren Vater

Der tragis­che Fall Eloá Pimentel hat noch eine weit­ere, über­raschende Wen­dung. Eloás Vater Ever­al­do Pereira dos San­tos ist während der Geisel­nahme sein­er Tochter im Fernse­hen zu sehen. Er liegt auf ein­er Trage und wird medi­zinisch behan­delt, weil er zusam­menge­brochen ist. Doch ein Ermit­tler erken­nt sein Gesicht: Es han­delt sich um einen Mann, der zwei Men­schen umge­bracht und ein­er kor­rupten Polizeiein­heit ange­hört haben soll.

Damals ist ihm die Flucht gelun­gen, er wurde jedoch in Abwe­sen­heit schuldig gesprochen und zu 33 Jahren Gefäng­nis verurteilt. Er lebt 15 Jahre unter falschem Namen in São Paulo und grün­det eine Fam­i­lie. Seine Frau und seine Kinder haben keine Ahnung, wer er wirk­lich ist.

Nach dem Tod sein­er Tochter flieht er erneut. Durch die TV-Auf­nah­men wer­den die Ermittler:innen auf ihn aufmerk­sam und heften sich erneut an seine Fersen. Im Dezem­ber 2009 wird der Mann ver­haftet und sitzt bis 2014 im geschlosse­nen Vol­lzug. Ab 2014 wird ihm offen­er Strafvol­lzug gewährt.

Inter­essierst Du Dich für Geschicht­en, die auf wahren Begeben­heit­en basieren? Dann wirf einen Blick auf diesen Artikel:


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