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Freud: Die Kritik zur Crime-Mystery-Serie bei Netflix
Die neue historische Mysteryserie „Freud” auf Netflix widmet sich dem Werdegang des berühmten Psychoanalytikers Sigmund Freud. Wir verraten, warum die Serie wider Erwarten eher enttäuscht und liefern Dir darum im selben Zuge zwei alternative Serientipps innerhalb desselben Genres. „Freud” und viele weitere Serien kannst Du übrigens auf Deinem Netflix-Account auch mit Vodafones GigaTV sehen.
Was haben „4 Blocks”-Drogenboss Toni Hamady und Sigmund Freud gemeinsam? Sie sind leidenschaftliche Bartträger, haben ein Faible für bedenkliche Substanzen und verdanken ihre filmischen Manifestationen ein und demselben Regisseur. Marvin Kren durfte sich bereits für sein hervorragend inszeniertes Neuköllner Gangsterdrama „4 Blocks” von Serien-Fans und Kritikern gleichermaßen feiern lassen.
Den gemeinsamen roten Faden seiner bisherigen Arbeiten, darunter mehrere „Tatort”-Produktionen, der brutale Horrorfilm „Rammbock” und sein neuestes Serienprojekt „Freud”, ortet der 40-jährige Österreicher gegenüber dem Medienmagazin DWDL vor allem in einem Thema: „Vielleicht eine gewisse Faszination von Gewalt, sei es körperliche, sei es psychische. Gewalt kommt aus meiner Sicht zunächst aus dem Herzen. Das zu analysieren, ohne es zu bewerten, bildet den Kern meiner gesamten Arbeit”, erläutert Kren.
So mancher Filmkritiker hingegen kommt um das Bewerten von Krens erster österreichischer Netflix-Originalserie „Freud” kaum herum und gerät dabei wider Erwarten recht zügig in Verlegenheit. Denn in den acht Folgen um die eher fiktiven Abenteuer des ikonischen Psychoanalytikers bekleckert sich wahrlich niemand mit Ruhm.
Freud bei Netflix: Die Handlung der historischen Mystery-Thriller-Serie
Wien im Jahr 1886: Der junge Sigmund Freud (Robert Finster) gilt in der oberen Wiener Gesellschaft und unter vielen seiner Ärzte-Kollegen als Spinner. Obwohl er fest an die umstrittene Methode der Hypnose glaubt, misslingt es ihm selbst immer wieder, sie wirksam auszuführen.
So lange er sich noch nicht mit reellen Erfolgen brüsten kann, besticht er auch gerne mal seine Haushälterin mit der ein oder anderen Dosis Kokain, damit sie vor einflussreicher Zuschauerschaft die durch Hypnose geheilte Patientin mimt. Auch Freud selbst frönt lustvoll dem Kokain, versinkt dabei regelmäßig in seelischen Sümpfen des Weltschmerzes oder sehnt sich nach seiner Fast-Verlobten.
Als er aber Bekanntschaft mit dem attraktiven Medium Fleur Salomé (Ella Rumpf) macht, beginnt er schnell, sich auch bald für sie zu erwärmen. Doch Fleur leidet unter Visionen, in denen sie dem kürzlich verschwundenen Mädchen Clara von Schönfeld folgt. Zudem findet Freud bald heraus, dass die ungarischen Blaublüter Graf Viktor (Philipp Hochmair) und Gräfin Sophia von Szápáry (Anja Kling) eine Verschwörung vorantreiben und Fleur für ihre Zwecke benutzen wollen.
Zur gleichen Zeit sind die Inspektoren Kiss (Georg Friedrich) und Poschacher einem grausamen Mörder auf der Spur, der eine junge Frau brutal ermordete und verstümmelte. Schnell gerät Kiss’ ehemals vorgesetzter Kriegsoffizier Georg von Lichtenberg (Lukas Miko) unter Verdacht. Noch dazu haben die beiden Männer eine Rechnung miteinander offen.
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Soap-Figuren, ergraute Gruselklischees und ein unpassender Sidekick
Es fragt sich nur, wie viele Zuschauer lange genug dranbleiben, um herauszufinden, um welche Rechnung es sich genau dabei handelt. Denn schon auf Drehbuch-Ebene hapert es bei „Freud” spürbar an Substanz und Originalität. Die drei bis vier unterschiedlichen Handlungsstränge dümpeln in erstklassiger Seifenoper-Manier vor sich hin und finden nicht sinnvoll zueinander. Noch weniger tun es übrigens die eindimensionalen und aalglatten Vorabendserien-Charaktere.
Schauspielerin Anja Kling wirkt in ihrer Rolle der soapig-durchtriebenen Gräfin unfreiwillig wie eine Vorfahrin der schwarz-rot-bekleideten „Verbotene Liebe”-Gräfin Clarissa von Anstetten. Letztere stellt in diesem Vergleich allerdings noch die bodenständigere Variante einer überzeichneten Bösewichtin dar.
Robert Finster als Sigmund Freud: Glatt, seicht, ausdruckslos
Robert Finster, bisher nur wenig kameraerprobt, spielt einen der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts mit der emotionalen Tiefe eines Kinderplanschbeckens. Zugegebenermaßen helfen ihm die schablonenartigen und tollpatschigen Dialoge und Interaktionen auch nicht gerade aus dieser Misere heraus.
Wenn er bei der Begrüßung der Familie im Hausflur Sätze wie „Es ist wirklich schwer, das Leben. Das hättet ihr mir vorher sagen sollen” hölzern vor sich herschiebt, möchte so mancher Zuschauer tief in einem Loch im Boden oder zumindest in Freuds Therapie-Couch versinken.
Sigmund Freuds Kumpel Arthur Schnitzler (Noah Saavedra), seines Zeichens einer der bedeutendsten Schriftsteller der Wiener Moderne, wird in der ORF/Netflix-Produktion betont lässig zum seichten Gesellschafts-Dandy und Freuds Sidekick degradiert. All denen, die sich bei der Seriensichtung schon auf aufschlussreiche Szenen dieser historischen Männerfreundschaft gefreut hatten, sei gesagt, dass die Serie ihnen auch diesbezüglich gehörig den Mittelfinger zeigen wird.
Ausstattung und Kostüme: Historisch sieht anders aus
Zwischen schwarzen, dramatisch wiehernden Kutschpferden, dunklen Kellergewölben und abgeschnittenen Gliedmaßen lässt „Freud” kein einziges altbekanntes Klischee eines historischen Schauermärchens aus. Es werden überflüssige und anonyme Telegramme verschickt und schwach motivierte Duelle angezettelt. Währenddessen versuchen knarzende Geigen vergebens, die Atmosphäre mit Gefahr und Mystery zu schwängern.
Auch Kulissen, Kostüme und filmische Stilmittel bleiben deutlich hinter dem zurück, was sich so mancher Netflixer wohl erträumt hatte. Scharlatan-Hypnotiseur Freud und seine Mitstreiter hüllen sich in blitzsaubere Kostüme, die ungefähr so historisch anmuten wie das Ultra-HD-Abo von Netflix. Die Aussätzigen und Obdachlosen von Wien hausen in von Ikea-Kerzen ausgeleuchteten Gewölbe-Kulissen. So gemütlich, dass man sich zum Auskochen der Knochen glatt zu ihnen gesellen würde.
Zur größten Krux der wenig mysteriösen Mystery-Serie wird allerdings im Laufe der Zeit vor allem die unglückliche Kameraführung. Unstete Schwankungen und gelegentliche Unschärfen vor ordentlich drapierten Spinnweben sollten womöglich dazu dienen, dem Zuschauer die unsicheren Gefilde des Serienuniversums zu vermitteln, erreichen aber innerhalb kürzester Zeit durch ihre Vorhersehbarkeit genau das Gegenteil.
Die zweifelhafte Bildästhetik gibt es bei dieser Methodik in den meisten Einstellungen gratis dazu. Die konventionelle Horror-Mystery-Mischung aus nackter Haut, Blut und Gewalt hat keine inszenatorischen Überraschungen zu bieten. Auch ein individuelles Sound-Profil lässt „Freud” vermissen - da können die Geigen auch noch so unheilvoll vor sich hin knarzen.
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Freud: Seichte Mystery-Soap voll mit ungenutztem Serienpotenzial
„Freud” schöpft die spannenden Möglichkeiten eines Serienformats mit der illustren Hauptfigur des Psychoanalytikers Sigmund Freud nicht mal im Ansatz aus. Dabei hatte Regisseur Kren nach seinem Serienjuwel „4 Blocks” doch so große Ambitionen: „Ich will mit Freud auch das Unbewusste der Stadt zeigen”, erwähnt er im Interview mit DWDL und erklärt weiter: „Eine Topographie des Verdrängten, die Seele zwischen den Knochenresten“.
Das, was letztlich aus „Freud” geworden ist, gleicht ironischerweise einer recht buchstäblich freudlosen Suche nach der Seele einer Serie über den Begründer der Psychoanalyse. Wir konnten sie nicht ausfindig machen. Auch nicht zwischen den Knochenresten.
Serien wie Freud - nur besser: Unsere Serientipps für historische Crime-Mystery-Serien
Wenn Du nach diesem enttäuschenden Fazit mehr denn je nach Empfehlungen für neue historische Mystery-Crime-Serien suchst, dann haben wir zwei packende Formate für Deinen nächsten Serien-Binge parat.
In „The Alienist − Die Einkreisung” nehmen uns Daniel Brühl und Dakota Fanning mit auf die unermüdliche Jagd nach einem Serienkiller ins New York des Jahres 1896. Hier steht zwar keine Psychoanalyse im Vordergrund, dafür aber die Geburt der Kriminalpsychologie. Story, Ausstattung und Darsteller können sich sehen lassen!
Mit einer Extraportion Mystik kann auch die historische Crime-Serie „Taboo” glänzen. Kein Geringerer als Hollywoodstar Tom Hardy spielt hier den totgeglaubten, geheimnisvollen Sohn eines betuchten Londoner Kaufmanns. Vor der Kulisse des Britisch-Amerikanischen Krieges verfolgt er als James Delaney eine düstere Mission, bei der er sich sowohl Gangster der übelsten Sorte als auch schamanische Magie zunutze macht.
Clevere Intrigen, ein überzeugender geschichtlicher Background und eine Rolle, die Tom Hardy wie auf den Leib geschneidert wirkt – all das macht „Taboo” zu einer würdigen Serienempfehlung.
Kein Zweifel, dass diese beiden hochkarätigen historischen Crime-Mystery-Serien Dich sicher über die Enttäuschung des österreichischen Netflix-Originals „Freud” hinwegtrösten werden.
Wie hat Dir „Freud” gefallen und was sind Deine liebsten Mystery-Serien? Verrate es uns in den Kommentaren!