Poster der Netflix-Serie Skylines
© Netflix
Bild aus Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim
Plakat zum Musical-Film Wicked

Skylines-Kritik: Netflix’ 4 Blocks im Hip-Hop-Millieu?

Mit der neuen Serie Sky­lines bringt Net­flix nach Dark, Dogs of Berlin und How to sell Drugs online (fast) seine näch­ste deutsche Eigen­pro­duk­tion an den Start. Doch wie gut ist die Serie, die uns in Frank­furt in eine Halb­welt aus Musik, Dro­gen und Ver­brechen wirft und dabei gle­ich mehrere echte deutsche Rap-Stars auf­fährt? Erfahrt es in unser­er Kritik.

Frank­furt. Für die meis­ten versinnbildlicht der Name schon beina­he all die Banken, Ver­sicherungs- und Aktienge­sellschaften, die in den hohen Glas­fas­saden der Wolkenkratzer über der Main­metro­pole thro­nen. Doch wer schon mal einen Spazier­gang durch das Bahn­hofsvier­tel gemacht hat, weiß: Das ist nicht das einzige Gesicht der Stadt.

Bild aus der Serie Skylines

Sky­lines spielt vor der Kulisse der Main­metro­pole Frank­furt | ©Net­flix

Die neue Net­flix-Serie Sky­lines erzählt von einem Frank­furt, dessen berühmte, glanzvolle Sil­hou­ette in zwei Wel­ten geteilt ist. Während die Straßen von Dro­gen, Gewalt und Ver­brechen beherrscht wer­den, wird in den edlen Büros und Meet­ingräu­men der Man­ag­er bei einem Näschen Koks über das Schick­sal von Impe­rien entschieden.

Zwis­chen diesen Wel­ten ste­hen der junge Musikpro­duzent Jinn (Edin Hasanovic) und das Hip-Hop-Label Sky­line Records.

Die Handlung von Skylines: Zwischen Hip-Hop, Straße und Verbrechen

Jinn ist ein tal­en­tiert­er Hip-Hop-Pro­duzent und Beat-Bastler, doch kommt er mit seinem Rap­per-Kumpel und Kind­heits­fre­und Momo nicht mehr wirk­lich weit­er. Als er bei einem Auftritt von Semir (Sahin Ery­il­maz), dem Mit-Inhab­er des bekan­nten Labels Sky­line Records, ent­deckt wird, eröffnet sich ihm eine ein­ma­lige Chance.

Sahin Eryilmaz, Edin Hasanovic und Murathan Muslu in Skylines

Für Jinn (zweit­er von Rechts) ist die große Chance gekom­men | © Netflix

Im Plat­ten­la­bel des gefeierten Rap­pers Kali­fa (Murathan Mus­lu) find­et Jinn schnell Anerken­nung und in Semir jeman­den, der an sein Kön­nen glaubt. Doch dann taucht plöt­zlich Ardan (Erdal Yildiz) auf, der Brud­er von Kali­fa. Dieser hielt sich wegen sein­er krim­inellen Machen­schaften jahre­lang im Aus­land auf, nun ist er zurück und will seinen Anteil.

Mit sich bringt Ardan aber nicht nur eine Forderung, son­dern auch all das, was Kali­fa und Semir eigentlich schon lange hin­ter sich gelassen haben. Bald dro­hen Dro­gen, Gewalt und Gang­ster nicht nur das Image, son­dern auch die Exis­tenz von Sky­line Records und aller Beteiligten zu zerstören…

Dichte Atmosphäre im Hip-Hop-Milieu – trotz Klischees

Einge­führt wird man in die Welt von Sky­lines erst­mal durch die Musik – und das funk­tion­iert richtig gut. Selb­st wenn man nichts für Hip Hop übrig hat, kann man sich der Fasz­i­na­tion nicht erwehren, die dieser von roten und blauen Lichtern beleuchtete Mikrokos­mos in den Stu­dioräu­men von Sky­line Records ausstrahlt.

Edin Hasanovic in Skylines

Jinn an seinem neuen Arbeit­splatz | © Netflix

Da verzei­ht man sog­ar, wenn ger­ade zu Beginn „Dig­ga” häu­figer gesagt wird, als son­st in ein­er ganzen Serie. Ob die Sekretärin eines großen Plat­ten­la­bels wirk­lich mit „Chill dich hin”-Phrasen um sich wirft, bleibt auch fraglich. Doch die Authen­tiz­ität mögen andere bewerten.

Ger­ade in diesem Umfeld erscheint auch die son­st etwas blasse Haupt­fig­ur Jinn am inter­es­san­testen, wenn er kom­plett in seinem Ele­ment neue Beats in sein DJ-Pad ein­trom­melt. Man kauft ihm und seinen Stu­diokol­le­gen die Lei­den­schaft für die Musik wirk­lich ab, wenn sie gemein­sam begeis­tert an ihren Songs basteln.

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Skylines-Schauspieler: Authentizität durch echte Rap-Stars und Haftbefehl-Beats

Ein Grund, warum manche der doch etwas über­zo­ge­nen Klis­chees nicht als so störend emp­fun­den wer­den, ist die Unter­stützung des Casts durch zahlre­iche echte Rap­per und Rap­perin­nen aus Deutsch­land. So sind unter anderem Azad, Celo & Abdi, MC Bogy, Olexesh, Nimo, Nura und zahlre­iche weit­ere Größen des Gen­res mit von der Partie.

Olexesh in Skylines

Rap­per Olexesh in Sky­lines | © Netflix

Sie ver­lei­hen der Serie Glaub­würdigkeit, trotz oder eben weil sie auch in ihrem öffentlichen Leben und in ihren Songs teil­weise gewisse Klis­chees als Kun­st­fig­uren bedi­enen. Und das hier eben nicht tun. Sie treten als Kün­stler auf, die wir vor allem bei der Arbeit im Stu­dio und auf der Suche nach neuem Sound­ma­te­r­i­al sehen.

Eine Gefahr bei ein­er Serie über den deutschen Hip Hop ist, die Fans ebendieses Gen­res vor den Kopf zu stoßen. Wie will man schließlich eine Geschichte in einem Milieu erzählen, wenn schon die Beats und Texte alt­back­en oder im schlimm­sten Fall lächer­lich klingen.

Nura in Skylines

Rap­perin Nura ist auch dabei | © Netflix

Dies wurde im Fall von Sky­lines glück­licher­weise ver­hin­dert, indem echte Profis an Bord geholt wur­den. Für die Beats von Jinn ist so Baz­zaz­ian, der Pro­duzent des bekan­nten Rap­pers Haft­be­fehl, ver­ant­wortlich.

Die Texte von Kali­fa stam­men wiederum von Azzi Memo. Entsprechend überzeu­gend wirken so auch die Szenen, in die die jew­eili­gen Songs hineingeschrieben wurden.

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Skylines: Frankfurt-Crime, Drogen und Gangkriege

Dass es in Sky­lines nicht nur um Musik geht, ist von der ersten Minute an klar. Zwei Motor­rad­fahrer wer­fen eine Hand­granate vor einen Laden, der ein­er rival­isieren­den Gang gehört. Die Beteiligten am Krieg um die Vor­ma­cht auf dem Frank­furter Dro­gen­markt schreck­en vor nichts zurück.

Murathan Muslu und Erdal Yildiz in Skylines

Ardan (rechts) bringt Prob­leme ins Leben seines Brud­ers Kali­fa | © Netflix

Der Hand­lungsstrang um Sky­line Records, deren Besitzer Semir und Kali­fa und die krim­inellen Machen­schaften von dessen Brud­er Ardan nehmen im Laufe der Staffel einen immer größeren Raum ein. Einen Inno­va­tion­spreis wer­den die Mach­er damit mit Sicher­heit nicht gewin­nen, dafür sind die Ver­satzstücke aus Dro­gen, Ver­brechen und alten krim­inellen Fam­i­lien­ban­den ein­fach zu klis­chee­haft angelegt.

Span­nend ist das aber alle­mal, was auch an der pack­enden Insze­nierung und den düster-kühlen Bildern liegt. Dabei geht es teil­weise auch ziem­lich bru­tal zu, wenn Ehren ver­let­zt und Lügen aufgedeckt wer­den oder ein­fach nur gnaden­los­er Druck aus­geübt wird.

Bild aus der Serie Skylines

Ver­brechen ist kein risikofreies Geschäft, schon gar nicht in Sky­lines | © Netflix

Das passt gut zu der Stim­mung und trägt in gewis­sem Maße zu dem harten, pes­simistis­chen Grund­ton der Serie bei. Dabei bleibt der Fokus in Sky­lines voll auf den Fig­uren. Eine akku­rate Zeich­nung des Milieus oder der Stadt Frank­furt sollte man – trotz lokalen Fußbal­lan­lei­hen – also nicht erwarten.

Unnötiger Ausflug ins Banken-Business?

Kor­rup­tion in der Banken­branche, Krim­i­nal­ität und ille­gale Absprachen auf höch­ster Ebene: Eine Serie über Frank­furt kommt um solche The­men dann doch nicht herum. Schließlich kann man das Elend der Straße nicht zeigen, ohne Par­al­le­len zu den oberen Schicht­en zu ziehen. Oder sollte sie das doch?

Tat­säch­lich gehört der Erpres­sungs­fall um den Vater von Jinn zu den weniger span­nen­den Geschicht­en, die in Sky­lines erzählt wer­den. Zwar ist der Banker mit Tatort-Star Richy Müller her­vor­ra­gend beset­zt, den­noch wird man das Gefühl nicht los, dass der Hand­lungsstrang wie ein Fremd­kör­p­er im son­st so strin­gen­ten Serien-Ganzen anmutet.

Edin Hasanovic und Richy Müller in Skylines

Jinn und sein Vater ste­hen nicht auf bestem Fuß | © Netflix

So wirkt die Serie stel­len­weise über­frachtet, ins­beson­dere weil auch diese Neben­hand­lung nah am Per­sön­lichen und den Fig­uren bleibt, also eine über­ge­ord­nete Bedeu­tungsebene nur ober­fläch­lich angedeutet wird.

Da hil­ft es auch nichts, dass der Erpress­er selb­st an sich eine inter­es­sante Fig­ur abgibt und ordentlich soziopathis­che Stalk­er-Vibes ver­sprüht. Den hätte man aber auch anders ein­bauen kön­nen. Immer­hin hin­ter­lässt uns dieser Zweig der Geschichte eine schla­gar­tige Wen­dung, die wirk­lich zu über­raschen weiß.

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Last Kingdom-Star begeistert im Skylines-Cast als Polizistin

Schaus­pielerisch sticht im Cast ins­beson­dere die Leis­tung von Peri Baumeis­ter her­vor, die unter anderem aus der Winkinger-Serie The Last King­dom bekan­nt ist. Sie spielt die eigen­willige Polizistin Sara, die den Kampf gegen das Ver­brechen von der Straße aus führt.

Peri Baumeister in Skylines

Peri Baumeis­ter überzeugt als Polizistin Sara in Sky­lines | © Netflix

Hin­ter ihrer kühlen, müh­sam beherrscht­en Fas­sade scheint es ständig vor unter­drück­ten Impulsen zu brodeln, während sie sich in ger­adezu autis­tis­ch­er Arbeitswut in ihren Fall wirft. Baumeis­ter verkör­pert sie mit ein­er solchen Inten­siv­ität, Vielschichtigkeit und Tiefe, dass ihr Hand­lungsstrang ein­deutig zu den Höhep­unk­ten der Staffel gehört.

Murathan Muslu als Kalifa: Ein Gangsterrapper ist kein Gangster

Eben­falls her­vorzuheben ist Murathan Mus­lu – selb­st übri­gens ein ehe­ma­liger Rap­per – als Label­boss Kali­fa. Glück­licher­weise wurde hier das Klis­chee umschifft, Kali­fa zu einem Mafi­a­p­at­en-Ver­schnitt oder Clan­boss zu machen. Denn anders als in seinen Liedern ist der Rap­per alles andere als ein Gang­ster, son­dern vielmehr ein begabter Kün­stler und vor allem Geschäfts­mann.

Murathan Muslu in Skylines

An der Spitze seines Erfolges: Kali­fa (Murathan Mus­lu) | © Netflix

Zwar ist auch er in schwieri­gen Ver­hält­nis­sen aufgewach­sen, die harten Inhalte sein­er Texte sind aber größ­ten­teils der Ver­brecherkar­riere seines Brud­ers und dessen Tat­en entlehnt. Murathan Mus­lu gibt ihn als nach­den­klichen und klu­gen Mann, hin­ter dessen muskel­bepack­tem Äußeren ein fre­undlich­er und san­fter Charak­ter steckt.

Skylines: Starke Nebenfiguren

Obwohl Jinn eigentlich die Haupt­fig­ur der Serie ist, zu den inter­es­san­testen Fig­uren zählt er nicht. Ger­ade weil die ihm auf den Leib geschriebe­nen Charak­terzüge vor allem „ruhig”, „intro­vertiert” und „schüchtern” laut­en, gibt er Darsteller und You are Want­ed-Star Edin Hasanovic wenig Raum zur Ent­fal­tung.

Viel span­nen­der sind da Neben­fig­uren wie der Label-Mit­be­grün­der Semir (Sahin Ery­il­maz), die rechte Hand und das Gewis­sen von Kali­fa, oder ins­beson­dere die so mys­ter­iöse wie gefährliche Zilan (Car­ol Schuler).

Carol Schuler in Skylines

Ardans Hand­lan­gerin Zilan (Car­ol Schuler) | © Netflix

Die kur­dis­che Voll­streck­erin von Ardan umgibt nicht nur eine gän­zlich ungemütliche Aura, son­dern sie offen­bart später auch eine ganz andere Seite von sich. Damit sorgt sie dann im Stu­dio mit Jinn für eine der schön­sten und ein­drück­lich­sten Szenen der Staffel – und liefert eine Liebe­serk­lärung an die Kraft des Hip Hop gle­ich mit.

Auch wenn Jinns Poten­tial noch nicht aus­geschöpft wurde, eins ste­ht fest: Die Charak­tere von Sky­lines machen Lust, ihnen auch in weit­eren Staffeln zu fol­gen.

Fazit: Staffel 2 von Skylines ist willkommen

Die erste Staffel von Sky­lines macht einen guten Job, uns in die Welt und in gewis­sem Maße auch in das Lebens­ge­fühl des deutschen Hip Hop einzuführen. Authen­tiz­ität und Klis­chees hin oder her, die Atmo­sphäre stimmt. Da ist es nur erfreulich, dass auch der wesentlich größere Teil der Hand­lung, der sich in die von Ver­brechen und Dro­gen gebeutel­ten Straßen stürzt, inszena­torisch und span­nung­stech­nisch mithal­ten kann.

Wer von Dogs of Berlin ent­täuscht war, dürfte mit Sky­lines in jedem Fall eine gute Alter­na­tive zu 4 Blocks bei Net­flix find­en. Die Fig­uren sind inter­es­sant, die Schaus­piel­er und bekan­nten Rap-Stars klasse, weshalb wir uns trotz dem einen oder anderen schwächeren Sto­rys­trang nur zu gern in eine 2. Staffel stürzen wollen.

Das Ende macht auf jeden Fall Lust auf mehr.

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