Innovation & Technologie
Endlich hochauflösendes 360°-Streaming: Das Fraunhofer-Institut entwickelt neuen Standard für VR-Videos
360°-Videos sind toll, aber sie verbrauchen derzeit Unmengen an Daten. Und das führt dazu, dass die Videos schon von vornherein komprimiert werden. „Kachelbasiertes Streaming“ ist das Zauberwort und könnte VR-Videos ganz neu definieren. Wie das funktioniert, erfährst Du hier.
Mit dem MP3-Format hat das Fraunhofer-Institut schon die Musikwelt verändert. Mit seinem neuen Medienprofil könnte es das auch in der VR-Branche schaffen. Dieses Profil besteht zu Zweidritteln aus Komponenten, die schon existieren und wird um eine Besonderheit ergänzt. Das Ergebnis nennt sich dann MPEG OMAF viewport-dependent oder auch einfacher tile-based streaming. An dem Namen kann man sicher noch feilen.
via Giphy
Wie funktioniert 360°-Streaming?
Auf dem bekanntesten Anbieter für 360°-Videos, YouTube, kannst Du Deine Rundumblicke mit einer Auflösung von maximal 4K hochladen. Um die dann auch genießen zu können, brauchst Du eine schnelle Internetleitung. Rufst Du solch ein Video ab, wird es in einer einheitlichen Auflösung gestreamt. Das ergibt bei zweidimensionalen Videos durchaus einen Sinn, weil Du das ganze Bild ständig vor Augen hast. Anders bei VR-Videos:
Die gängigen Modelle bedienen ein Sichtfeld von knapp 100°. Bei einem 360°-Video hast Du damit maximal ein Drittel des Videos im Blick. Trotzdem hat das Video rundum die gleiche Auflösung. Ist natürlich eigentlich nicht notwendig und das hat auch das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (Fraunhofer HHI) direkt erkannt.
Kacheln: Der Weg zum intelligenten VR-Streaming
In der offiziellen Presseerklärung zur Neuentwicklung fachtümelt das Institut:
„MPEG OMAF viewport-dependent“ Profil mit HEVC-Tiles für VR-Video-Streaming. Die Fraunhofer HHI-Implementierung des MPEG OMAF viewport-dependent Profils, welches HEVC-Tiles nutzt, wurde auf der IBC vorgestellt.“
Na vielen Dank! Aber um dieses Fachkauderwelsch zu entknoten, gibt es ja digitale Magazine wie das unsere.
Wichtig: Das Medienprofil vom Fraunhofer-Institut teilt das 360°-Video in Kacheln ein. Diese Kacheln können dann in verschiedenen Qualitäten gestreamt werden. Infolge dessen wird nur der für Dich sichtbare Bereich des Videos hochauflösend gestreamt. Drehst Du beispielsweise Deinen Kopf, siehst Du einen anderen Bereich, der dann wiederum hochauflösend gestreamt wird. Die nun nicht mehr sichtbaren Kacheln (zum Beispiel hinter Dir) können dann so gering wie möglich auflösen. Das spart vor allem Ressourcen, da Videos dann nicht mehr unnötig viele Daten laden müssen. Aufgrund dessen werden 360°-Videos auch nicht vorher schon heruntergerechnet.
High Efficiency Video Encoding: Dank H.265 auf allen Geräten möglich
Als Grundlage für das tile-based streaming dient der Kompressionsstandard (Codec) H.265. Dieser kommt seit einiger Zeit vor allem bei Angeboten zum Einsatz, in denen es um ultra-hochauflösende Bilder geht. Das fängt beim UHDTV an und geht dann auch über Blu-Ray-Player für UHD-Scheiben. Der H.265 (oder HEVC) komprimiert Daten doppelt so stark wie sein Vorgänger H.264 – ohne wahrnehmbaren Qualitätsverlust. Lang erklärt, kurz gewusst: Dieser Codec sorgt dafür, dass die Videos letztendlich auch auf Deinem Gerät laufen.
OMAF: Omnidirectional Media Application Format
Damit 360°- und VR-Videos auch problemlos von der Quelle zu Dir kommen, braucht es eine effiziente Übertragungstechnik. Diese nennt sich OMAF, Omnidirectional Media Application Format, und wird just in diesem Moment entwickelt, um noch Ende 2017 der Öffentlichkeit präsentiert zu werden.
Praktisch: Das OMAF wird vom MPEG-Normungsausschuss (ja, so wie der MPEG-Codec!) entwickelt und dieser wird dabei vom Fraunhofer-Institut unterstützt. Dieses implementiert den kachelbasierten Codec direkt in den neuen Übertragungsstandard – und alle sind happy.
Haben wir alles? Ach Moment: „wurde auf der IBC vorgestellt“. Die IBC ist die International Broadcast Convention, findet jährlich in Amsterdam statt und ist vermutlich eine, wenn nicht sogar die Fachmesse für Film- und Fernsehproduktion. Technische Neuheiten wie Kameras oder eben Übertragungsstandards feiern hier meistens ihre Premiere.
Aber nun warten wir noch geduldig und hoffen, dass 360°-Videos in kürzester Kürze Alltag sind und kein Problemthema. Coole VR-Videos und Anwendungen findest Du übrigens auch in der #VRob-Kolumne.
Wie nutzt Du schon heute VR- und 360°-Videos? Freust Du Dich auf höhere Qualität, oder ist dieser Trend an Dir vorbei gegangen? Wir freuen uns auf Deinen Kommentar.