Weltfrauentag 2018
Eine Frau wirft eine Flasche in den smarten Mülleimer Trashbot
Das Cockpit eines Teslas
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Vernetzung in den Social Networks: Ein ganz bisschen Fluch - aber so viel Segen

Ich wurde mit 14 auf der Spi­taler­straße in Ham­burg als Mod­el „ent­deckt“. Ich hat­te das große Glück, direkt von ein­er der besten deutschen Agen­turen vertreten zu wer­den – allerd­ings erst mal auf sehr klein­er Flamme. Zum einen, weil ich eben noch so jung war und meine Eltern mir etwa 400 Jahre Hausar­rest gegeben hät­ten, wenn ich mein Abi nicht fer­tig machen würde. Zum anderen, weil meine Mut­ter die Mode­branche für einen Sün­denpfuhl knapp hin­ter Sodom und Gomor­ra hielt. 

Freiwild-Model

Tat­säch­lich wird man als junges Mod­el, das auf der ganzen Welt in erster Lin­ie dafür gebucht wird, gut auszuse­hen, sich und das Pro­dukt gut in Szene set­zen zu lassen und dabei möglichst die Klappe zu hal­ten, nicht immer mit flächen­deck­en­dem Respekt behan­delt. Es gibt Sprüche über das Ausse­hen. Es gibt Men­schen, die offen­sichtlich davon aus­ge­hen, dass man als Mod­el, das ja nun mal seinen Kör­p­er als Arbeitsmit­tel ein­set­zt, auch für zwis­chen­men­schliche Aktiv­itäten buch­bar sei. Es gibt Men­schen, die jede Frau, die mit ihrem Ausse­hen Geld ver­di­ent, automa­tisch für zu wenig tal­en­tiert hal­ten, um irgen­deinen „vernün­fti­gen“ Beruf zu erler­nen. Alleine die Annahme, Mod­el­ing sei kein vernün­ftiger Beruf, ist in meinen Augen absurd. Dass es als Mod­el nicht aus­re­icht, Glück in der DNA-Lot­terie gehabt zu haben, ist kaum jeman­dem bewusst. Aber das ist eine andere Geschichte.

Twitter – Friedhof der ewig Gestrigen

Die Geschichte, die ich Euch heute zum Welt­frauen­tag erzählen möchte, hat nicht direkt etwas mit meinem Job als Mod­el zu tun. Sie spielt in der schö­nen, neuen, ver­net­zten Welt – und zwar bei Twit­ter. Mein Lieblings-Social-Net­work. Ich erin­nere mich noch genau, wie ich mir nach ein­er wilden Par­ty­nacht in Ham­burg ein paar Tage nach meinem 22. Geburt­stag einen Twit­ter-Account angelegt habe. Ich wusste nicht viel über Reich­weite und die Vok­a­bel Influ­encer gab es noch gar nicht. Ich hätte damals nie gedacht, dass mehr als 50 Leute meinen Quatsch über­haupt lesen wollen und habe gehofft, dass wenig­stens nicht meine Mut­ter unter meinen Fol­low­ern sein würde. Ich legte ein­fach los mit ein­er Mis­chung aus meinen ziem­lich bescheuerten Wort­spie­len und Fußball-Kram.

Plöt­zlich, schon nach weni­gen Stun­den, hat­te ich die 50 deut­lich über­schrit­ten. Ich über­legte, ob man so was wie 1.000 Fol­low­er über­haupt jemals erre­ichen würde. Wenige Tage später war es soweit. Plöt­zlich hat­te ich Fol­low­er von über­all her. Die meis­ten aus Deutsch­land natür­lich, aber auch aus den USA, Aus­tralien oder ganz exo­tis­chen Gegen­den – Bay­ern oder so.

Eine Frau, die hübsch, intelligent und lustig ist? Das kann nicht sein!

Mit diesem ver­meintlichen „Erfolg“ kamen sie aber aus den Löch­ern. Die selb­ster­nan­nten „Wel­terk­lär­er” und „Alleswiss­er”. Die Leute, die schon viel länger auf Twit­ter waren, als ich, aber weniger Fol­low­er hat­ten. Die, für die es offen­sichtlich wichtig ist, wie viele Men­schen einem bei Twit­ter fol­gen. Die, die nicht begrif­f­en haben, dass Men­schlichkeit zählt und Dinge, die man tut – keine Witzchen auf einem Kurz­nachrich­t­en­di­enst. Und auch einige mit sehr vie­len Fol­low­ern melde­ten sich. Dort schien offenkundig die Angst umzuge­hen, vom virtuellen Twit­ter-Thron gestoßen wer­den zu kön­nen. Unab­hängig davon, dass es für den Wert eines Men­schen vol­lkom­men irrel­e­vant ist, wie viele Fol­low­er er irgend­wo hat, gab der Tenor der Kri­tik – wenn man sie denn über­haupt so nen­nen kann – mir den­noch Grund zur Sorge. Und ja, das gebe ich zu, anfangs traf es mich auch per­sön­lich.

Weltfrauentag 2018

Fake News auf Twitter

Kaum hat­te ich meine ersten Tweets in die Welt ver­schickt, die (jeden­falls für Twit­ter-Ver­hält­nisse für eine New­com­erin wie mich) große Beach­tung erfuhren, gab es eine Vielzahl von Behaup­tun­gen, ich sei nicht echt. Ich würde ver­mut­lich ein Pro­jekt von eini­gen so genan­nten Elite-Twit­ter­ern sein, wie eine Gruppe von Twit­ter­ern genan­nt wurde, die durch ihre hohe Fol­low­er-Zahl einen großen Ein­fluss auf das Net­zw­erk hat­ten. Oder ein Pro­jekt ein­er Wer­beagen­tur. Oder ein dick­er, übergewichtiger Truck­er, der Mod­elfo­tos benutzt, um im Inter­net eine Form von Ruhm zu erlan­gen.

Alles in allem wur­den alle denkbaren Klis­chees bedi­ent. Und das nicht von einzel­nen, son­dern anfangs für eine ganze Weile von ein­er sehr stat­tlichen Anzahl von Twit­ter­ern. Für die war es offen­sichtlich abso­lut undenkbar, dass eine Frau fol­gende Attribute vere­inen kön­nte:

  • Okay, ganz lustig
  • Hüb­sch
  • Jung
  • Ist Mod­el
  • Hat sechsstel­lige Fol­low­er-Zahlen auf Twit­ter
  • Inter­essiert sich für Fußball
  • Hat sog­ar poli­tisch etwas beizu­tra­gen
  • Macht sich nicht nur Gedanken über Make-up
  • Trinkt Cham­pag­n­er in Luxu­sho­tels, campt aber auch gerne mit dir und trinkt Bier aus der Flasche

Das kon­nte nicht sein. Was läge näher, als von ein­er großen Ver­schwörung auszuge­hen?

Wie gesagt – als das los­ging, war ich ger­ade seit weniger als ein­er Woche 22 Jahre alt. Das ist fast sieben Jahre her. Heute kann ich darüber lächeln, die ersten Monate waren aber schw­er. Was soll man denken, wenn einem im Inter­net das, was man veröf­fentlicht, gar nicht zuge­traut und man auf­grund sein­er Erschei­n­ung in Schubladen gesteckt wird. Von Men­schen, die mich nicht ken­nen und niemals je ein Wort mit mir gesprochen hat­ten. Wenn man als Fake oder Illu­sion abgekanzelt und dazu verurteilt wird, entwed­er lustig, intel­li­gent oder schön zu sein. Alles geht nicht. Jeden­falls nicht als Frau. Bei einem Mann mit sehr vie­len Fol­low­ern habe ich noch nie mit­bekom­men, dass es hieß, das ist doch bes­timmt eine Wer­beagen­tur oder die Erfind­ung von son­st irgendwem. Sowas passiert nur uns Frauen.

Change The World, Make It A Better Place

Die Ver­net­zung, die mir diese Erfahrung einge­bracht hat, hat mich aber auch gerettet. Das Netz kann uner­bit­tlich sein – aber das Gute über­wiegt. Man kann Hil­fe, Unter­stützung und Sup­port von Men­schen erleben, die man son­st niemals ken­nen gel­ernt hätte. Mit­tler­weile kann ich sagen, dass ich einige der wertvoll­sten und lieb­sten Men­schen in Meinem Leben auf Twit­ter oder Insta­gram ken­nen gel­ernt habe. Men­schen, die ein­er Frau zutrauen, nicht nur ein hüb­sch­er Klei­der­stän­der zu sein. Die ihre Schwächen nicht dadurch kom­pen­sieren wollen, indem sie andere run­ter­putzen.

Heute, 150.000 Fol­low­er später, aus­ges­tat­tet mit einem blauen Hak­en als Ver­i­fika­tion, ist es etwas abge­flaut. Ganz weg ist es nicht. Wird es ver­mut­lich auch nie. Das spielt aber auch keine Rolle. Was für mich zählt ist: Die Welt ist voller Men­schen, die für Gle­ich­berech­ti­gung aller Lebe­we­sen ste­hen. Und die kön­nen sich durch die Möglichkeit­en der Con­nec­tion heute viel bess­er und schneller ken­nen­ler­nen, aus­tauschen und Flagge zeigen gegen die ewig Gestri­gen. Das macht mich froh und vor allem auch hoff­nungsvoll für die Zukun­ft. Frauen durften lange nicht wählen, kein Bankkon­to haben, ohne Zus­tim­mung des Mannes keinen Job annehmen. Verge­wal­ti­gung galt in der Ehe nicht als Straftat. Das alles ist selb­st bei uns in Deutsch­land noch gar nicht so lange her. Aber heute nicht mehr nachvol­lziehbar. Daher bin ich mir sich­er, schon unsere Kinder kön­nten Dinge wie ungle­iche Bezahlung für so abstrus wie wir heute ein reines Män­ner­wahlrecht hal­ten.

Dafür müssen wir uns aber alle weit­er für Frauen auf der ganzen Welt ein­set­zen. Und uns ver­net­zen. Also: Lasst uns die Welt verän­dern!

Alles Liebe, Eure Marie

Wie viel Frauen­pow­er es noch auf der Welt gibt, vor allem bei Voda­fone, erfährst Du hier.

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