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Star Trek: Picard - Der große Humanist ist zurück! | Seriencheck
Nachdem J. J. Abrams mit seinen Kinofilmen um den jungen Captain Kirk das Star Trek-Franchise ins neue Jahrtausend leitete, bringt nun Amazon Prime mit Star Trek: Picard den zweiten großen Enterprise-Kapitän zurück auf die Bildfläche: Jean-Luc Picard. Doch wie gut ist die neue Serie? Wir haben die ersten drei Folgen vorab gesehen und verraten euch die Antwort im Seriencheck.
Jean-Luc Picard, Sternenflottenkapitän und kommandierender Offizier in Star Trek: Das nächste Jahrhundert, war in vielen Dingen der komplette Gegenentwurf zu seinem Vorgänger.
War Captain Kirk noch ein risikofreudiger Teufelskerl, Rebell und Frauenheld, zeichnete sich Captain Picard vor allem durch seinen kühlen Kopf, seinen ehernen Moralkodex und seine diplomatischen Fähigkeiten aus. Ein neuer Held für eine neue Generation, der, ikonisch dargestellt von Patrick Stewart, bald wie Kirk eine ganze Fangemeinde hinter sich versammelte.
Nach seinem letzten Leinwandabenteuer 2002 in Star Trek: Nemesis kehrt Jean-Luc Picard nun mit der Amazon-Serie Star Trek: Picard endlich zurück – gealtert zwar, aber dank Patrick Stewart noch immer der Alte.
Die Handlung von Star Trek: Picard
Knapp 20 Jahre sind seit dem Kampf gegen Shinzon (Tom Hardy) und dem Opfer von Data (Brent Spiner) vergangen. Jean-Luc Picard hat der Sternenflotte mittlerweile den Rücken gekehrt und verbringt ein friedliches Leben auf seinem Weingut.
Mit der Ruhe ist es jedoch vorbei, als eines Tages die mysteriöse Dahj (Isa Briones) vor seiner Tür steht. Die junge Frau wird von einer berüchtigten Spezialeinheit der Romulaner verfolgt und bittet Picard um Hilfe. Denn aus unerfindlichen Gründen scheint der hochdekorierte Sternenflottenoffizier eine Verbindung zu ihr zu haben.
Jean-Luc erklärt sich bereit, Dahji zu helfen. Doch wer ist sie wirklich? Und was haben die kybernetischen Borg damit zu tun?
Darum solltest du Star Trek: Picard sehen:
Picard: Patrick Stewarts Paraderolle
Wie bereits im Vorfeld zu erwarten war, ist gerade der mittlerweile stolze 79 Jahre alte Patrick Stewart (Logan) als Jean-Luc Picard der große Plus- und Ankerpunkt der neuen Star Trek-Serie.
Wie schon im Original verleiht Stewart seinem Charakter eine Aura von solcher Würde, Rechtschaffenheit und Respekt einflößender Autorität, dass man es niemandem verdenken kann, ihm bis in die Hölle zu folgen. Oder in den nächsten Borg-Würfel.
Dass Picard zwar gealtert, aber in Herz und Geist noch immer derselbe ist, verdeutlicht schon eine frühe Szene: Im Fernsehinterview wird er von einer arroganten Reporterin gefragt, warum er einst die Rettung der romulanischen Flüchtlinge von ihrem zerstörten Planeten befürwortete – und in letzter Konsequenz aus der Sternenflotte austrat.
Picard, der Humanist und das Gewissen der Föderation
„Wir haben uns zurückgezogen. Die Galaxie trauerte, begrub ihre Toten und die Sternenflotte hat sich vor ihrer Verantwortung gedrückt.” Die Menschen im Stich zu lassen sei „unehrenhaft”, regelrecht „kriminell” gewesen. Und Picard wollte nicht als Zuschauer danebenstehen.
Picard stößt seine Rede voll gerechtem Zorn hervor – wütend – mit vor Entrüstung, Enttäuschung und Frust nur mühsam gezügelter Stimme. Ein menschlicher Appell, eine historische Lehrstunde und Anklage in einem. Er hat zwar keinen Kapitänssessel mehr, wir fühlen uns aber schon wieder richtig zu Hause.
Denn sofort wissen wir wieder, wen wir vor uns haben: Jean-Luc Picard, Humanist und standfester Menschen- und Alienfreund. Ein Mann, der für seine Überzeugungen einsteht und eloquente, aufrüttelnde und natürliche sowie intellektuell anspruchsvolle Brandreden schwingt.
Er ist die Verkörperung der höchsten Ideale der Sternenflotte. Nur, dass es mit deren Idealen nicht mehr weit her ist.
Die Sternenflotte: Ist der Traum vorbei?
Star Trek funktioniert seit jeher als Spiegel für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Themen und das gilt auch für Picard.
Die Föderation hat sich nämlich verändert. Halfen sie und die Sternenflotte einst den Bedürftigen in Not und standen für Friede, Freiheit und Gleichberechtigung ein, haben sich die Prioritäten nun verschoben. Die Föderation will sich mehr um sich selbst kümmern, innere Sicherheit und Zusammenhalt stehen nun im Fokus.
Schon allein die Verweigerung von Hilfe für die romulanischen Flüchtlinge – deren Planet gerade erst zerstört wurde – offenbart nicht gerade subtile Parallelen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen.
Eins steht auf jeden Fall fest: Die Werte der Förderation befinden sich im Niedergang und dazwischen steht Picard als moralischer Fels in der Brandung…
Star Trek: Picard: Alte Bekannte
Patrick Stewart ist nicht der einzige Rückkehrer in Star Trek: Picard. So taucht Brent Spiner als Data schon in den ersten Folgen mehrmals auf und bildet – obwohl er nur in Träumen und Erinnerungen in Erscheinung tritt – wie schon in der Vorgängerserie einen wichtigen emotionalen Bezugspunkt für seinen einstigen Captain.
Später in der Handlung sollen auch William Riker (Jonathan Frakes), Seven of Nine (Jeri Ryan) und Deanna Troi (Martina Sirtis) in alter Besetzung mit von der Partie sein. Das Wiedersehen mit den alten Helden dürfte vor allem Fans freuen, schließlich haben sie nicht nur Picard, sondern auch die Zuschauer durch zahlreiche brenzlige Situationen begleitet.
Die neue Crew und Besetzung von Picard
So schön die Rückkehr der alten Crew ist, auch die neuen Mitglieder verströmen richtig schönes Trekkie-Feeling. Für seine neue Mission hat sich Picard unter anderem die idealistische, etwas blauäugig wirkende Androiden-Expertin Dr. Agnes Jurati (Alison Pill) an Bord geholt.
Dazu kommt Raffi Musiker, die nach Commander Riker Erste Offizierin unter Picard wurde und von der Schauspielerin Michelle Hurd (Daredevil) gespielt wird. Raffi hat das Gefühl, von Picard im Stich gelassen worden zu sein und kontrastiert damit ihren sonst auf seinem hohen moralischen Ross sitzenden, ehemaligen Vorgesetzten auf angenehme Weise.
Der raubeinige Kapitän Cristobal Rios (Santiago Cabrera) fällt da schon eher aus der Reihe, schließlich befanden sich auf Picards ordentlicher und zivilisierter Brücke sonst eher selten umtriebige Ex-Sternenflottenoffiziere, die sich zur Begrüßung erst mal Metallsplitter aus der Schulter ziehen müssen.
Zwar sind die Neuzugänge nicht unbedingt die spannendsten Charaktere aller Zeiten, doch die Kombination aus Picard und seiner gegensätzlichen Crew macht durchaus Lust, an ihrer Seite das Weltall zu bereisen. Womit wir bei der Hauptgeschichte wären – und dem Knackpunkt von Star Trek: Picard.
Schon gewusst? Für uns zählt die Vorgänger-Serie Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert zu den 10 besten Science Fiction-Serien aller Zeiten.
Picard zwischen Androiden und Borg
Grundsätzlich ist die Story der Serie nämlich durchaus interessant. Picard kommt auf der Erde einer Verschwörung auf die Spur und rennt in seinem Bestreben, die synthetischen Lebewesen und in gewisser Weise auch seinen toten Freund Data zu rehabilitieren, sämtliche Türen ein.
Gleichzeitig folgen wir auch noch einer mysteriösen, romulanischen Forschungseinrichtung, deren Arbeit und Experimente in einem Würfel der Borg nichts Gutes zu verheißen scheinen. Beides äußerst spannende Handlungsstränge, die nicht nur die interessantesten Fragen und Gegner aus der Reihe zusammenbringen, sondern ihnen auch einen neuen Twist verleihen.
Wäre da nicht das Bindeglied dazwischen…
Gründe, die Finger davon zu lassen…
Dahji, das Sci-Fi-Klischee
Eine junge Frau, die von mysteriösen Kräften verfolgt wird, irgendwie in geheime Forschungen verstrickt und schlussendlich auf die Rettung durch einen von der Welt vergessenen Veteranen angewiesen ist. Kommt euch bekannt vor? Kein Wunder, denn die bei Picard Hilfe suchende Dahji ist leider ein wandelndes Sci-Fi-Klischee.
Ob in The Expanse, Firefly, Black Mass oder einer von hunderten beliebigen Science Fiction-Serien: Die Figur von Dahji haben wir in der einen oder anderen Variante schon viel zu oft gesehen.
Gerade deshalb wirkt sie als Zündfunke der Geschichte in Star Trek: Picard problematisch. Egal mit welchen Wendungen die Serie in ihrem Handlungsstrang um die Ecke kommt, hier kann einen kaum noch was überraschen.
Zwar haben die Autoren mit Dahji versucht, die zuvor genannten, interessanten Handlungsebenen miteinander zu verbinden, doch leider hat die Figur in Sachen Spannungskurve eher den gegenteiligen Effekt. Sie behindert durch ihre Klischeehaftigkeit und die Vorhersehbarkeit ihrer Entwicklung den Fluss der Erzählung zunehmend.
Star Trek: Picard: Im Vergleich angestaubt
Ein weiterer Schwachpunkt der neuen Star Trek-Serie ist die recht angestaubte Optik. Zwar sehen die Action-Szenen durchaus solide aus und sind auch flott und überraschend brachial inszeniert, ansonsten wirken die Kameraeinstellungen jedoch sehr statisch und die Bilder doch etwas trist.
Im Vergleich zu Genre-Konkurrenten wie The Expanse, wo optisch viel Abwechslung und nach der 1. Staffel auch cineastisch einiges geboten wird, wirkt Star Trek: Picard fast schon altbacken. Was aber gerade Fans der alten Serie nicht zwangsläufig abschrecken sollte.
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Fazit: Binge oder Blödsinn?
Unterm Schlussstrich wird eines klar: Es ist schlichtweg wieder eine helle Freude, Patrick Stewart als Jean-Luc Picard zu sehen. Der große Humanist ist zurück und trägt die Serie allein durch seine schlichte Präsenz und unverrückbare Moral auf seinen Schultern.
Wer Star Trek mag und über einige nervige Schwächen hinwegsehen kann, wird an Star Trek: Picard seinen Spaß haben. Besonders, weil neue und bekannte Gesichter sowie das Aufgreifen der Borg, des Romulanerkonflikts und die Diskussion um die Androiden schnell wieder in die Geschichte einsteigen lassen.
Gerade das marodierende Heiligenbild der Föderation und Sternenflotte gibt dem Star Trek-Universum neuen Schub und Raum für interessante Konflikte und Gedankenspiele. Wenn schon nicht technisch, so ist Star Trek: Picard zumindest thematisch genau die richtige Serie für unser neues Jahrzehnt. Und Picard die mahnende Stimme für eine weitere Generation…
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