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Das musst du bei Netflix sehen, wenn du vor 1969 geboren bist
Früher oder später geraten wir alle mal an einen Punkt im Leben, an dem wir nach Veränderung streben. Für viele stellt sich dieser Zeitpunkt vor allem um die Mitte ihres Lebens ein. Egal ob Midlife Crisis, Neubeginn oder Weckruf - die folgenden Filme und Serien bei Netflix zeigen dir die Lebensmitte auf ihre ganz eigene Art und Weise…
American Beauty: Liebestrunken ins Verderben
Wohl kaum ein Film hat die Folgen einer Midlife-Crisis zugleich so komplex und präzise auf die Leinwand gebannt wie American Beauty. Mit beißender Ironie und ergreifender Tiefgründigkeit ließ Sam Mendes in seinem Regiedebüt eine Naturgewalt von Film auf die Zuschauer los und wurde dafür prompt mit einem Oscar für die Beste Regie ausgezeichnet. Vier weitere Goldjungen gab es für den Film selbst, Hauptdarsteller Kevin Spacey, das Drehbuch und die Kameraarbeit.
Spacey spielt in American Beauty den Familienvater Lester Burnham, der in eine mustergültige Sinnkrise verfällt. Sowohl seine Ehe als auch sein Job können ihn nicht zufriedenstellen, weshalb er zunehmend an seinem Leben zweifelt. Als er jedoch auf die frivole Schülerin Angela trifft und sich in sie verliebt, blüht er plötzlich auf: Er stählt seinen Körper, kauft sich sein Traumauto und erpresst seinen Chef um ein Jahresgehalt.
Dass Lesters mentaler Wandel sein Schicksal besiegelt, gehört zu dem zynischen Grundton des Dramas, das am Ende dann aber doch so etwas wie Erlösung für seinen Protagonisten übrig hat. American Beauty wühlt auf, macht nachdenklich und ist trotz aller Überspitztheit ganz nah am Leben.
Kevin Spacey ist auch im wahren Leben für Fehltritte bekannt. Nicht ohne Grund gehört er zu den Film- und Serienstars, die schon einmal vom Set geschmissen wurden.
Grace and Frankie: Bis dass die Ehe euch scheidet
Einen Neuanfang müssen auch Grace and Frankie in der gleichnamigen Netflix-Serie wagen - allerdings unfreiwillig. Die beiden Damen über 70 erfahren nämlich von ihren Ehemännern, dass diese seit Jahren miteinander eine heimliche Liebesbeziehung führen und nun die Scheidung wollen. Ein Schock für Grace und Frankie, die mit dieser Veränderung erst einmal fertig werden müssen.
Wie sie ihre neue Lebenssituation meistern, können Fans bereits seit fünf Staffeln verfolgen. Man kommt währenddessen nicht umhin, die beiden Frauen ins Herz zu schließen. Das liegt nicht zuletzt an Jane Fonda und Lily Tomlin, die ihre Rollen mit jeder Menge Charisma und Spielfreude ausfüllen und prächtig miteinander harmonieren.
Trotz der kuriosen Ausgangssituation nehmen die Grace and Frankie-Macher die Probleme ihrer Figuren jederzeit ernst und verfallen nicht in Albernheiten. Dadurch fühlt man ganz automatisch mit den beiden Frauen, aber auch mit deren Ex-Männern mit. Und doch löst die Comedy-Serie nicht nur Empathie aus, sondern zeigt auch, dass man selbst im hohen Alter aus Rückschlägen etwas Positives ziehen kann.
Lost in Translation: Zwischen Schwermut und Glück
Die bittersüße Sinnsuche in Japans Metropole Tokio, die auf den Titel Lost in Translation hört, ist einer der schönsten und wichtigsten Filme der letzten 20 Jahre. Regisseurin und Drehbuchautorin Sofia Coppola setzte für ihre Tragikomödie auf hypnotisierend melancholische Bilder und erstklassige Darsteller. Das Endergebnis ist längst zum Kult geworden.
In Lost in Translation begleiten wir den alternden Filmstar Bob Harris und die junge, frisch verheiratete Charlotte während ihres Aufenthalts in Tokio. Beide treiben ziellos durch die blinkende Neon-Welt der Großstadt und fühlen sich - trotz Ehepartner - sehr einsam. Als sie sich zufällig in einer Bar kennenlernen, bemerken sie schnell, dass sie zwei verwandte Seelen sind, die sich gegenseitig Halt geben können.
Vor allem Bill Murray liefert als Bob Harris eine Vorstellung zum Niederknien ab. In seinem Gesicht spiegelt sich die Wehmut eines (fast) Verlorenen, der jedoch auch Hoffnung und Neugierde in sich trägt. Damit spricht er sicherlich vielen Zuschauern aus der Seele, die an einem ähnlichen Punkt wie er im Leben stehen.
Wanderlust: Wenn Sex zum Problem wird
Eines vorweg: Der Titel der britischen Mini-Serie Wanderlust sollte metaphorisch verstanden werden. Hier geht es nämlich nicht um die Freude an Naturspaziergängen, sondern um Eheprobleme, Sex und dysfunktionale Familien.
Im Mittelpunkt steht das Ehepaar Joy und Alan Richards, das sich zwar noch liebt, allerdings keine erotischen Gefühle mehr füreinander hegt. Daher beschließen sie, fortan auch mit anderen Menschen zu schlafen, aber weiterhin zusammenzuleben. Ein Experiment, das natürlich nicht ohne emotionale Folgen bleibt. So nimmt das ungewöhnliche Beziehungsmodell der Richards ebenso Einfluss auf ihre drei Kinder.
Toni Collette und Steven Mackintosh beweisen als Joy und Alan viel Gespür für die Ängste und Nöte ihrer Figuren. Überhaupt wird in Wanderlust niemand verurteilt. Die Serie zeigt lediglich, dass Liebe und Lust nicht immer Hand in Hand gehen und selbst langjährige Partner vor neue Probleme gestellt werden können. Die Lösung präsentiert sich hier ziemlich deutlich: Am Ende zählt Kommunikation mehr als nackte Körper!
Mehr von Toni Collette gibt es im Netflix-Horrorthriller Die Kunst des toten Mannes zu sehen, zu dem wir euch bereits eine ausführliche Erklärung und Kritik geliefert haben.
Land der Gewohnheit: Die Flucht vor dem Alltag
Das Netflix-Original Land der Gewohnheit erzählt von dem Mittfünfziger Anders Hill (Ben Mendelsohn), der sein wohlhabendes und eigentlich erfülltes Leben hinter sich lässt, um sich selbst zu finden. Er verlässt seine Frau, zieht in eine Eigentumswohnung und hofft, dass er nun ein ihm unbekanntes Freiheitsgefühl empfindet.
Doch schnell merkt der Frührentner, dass sich sein neues Leben nicht nach seinen Vorstellungen gestaltet. Die Beziehung zu seinem Sohn Preston (Thomas Mann) ist alles andere als einfach und auch mit neuen Frauenbekanntschaften tut sich Anders schwer. Seltsamerweise ist es ausgerechnet der drogenabhängige Teenager Charlie (Charlie Tahan), der etwas Licht in das trostlose Dunkel von Anders’ Welt bringt.
Land der Gewohnheit zeigt schonungslos die Schattenseiten einer Midlife-Crisis. Dafür benötigt Regisseurin Nicole Holofcener keine spektakulären Bilder. Sie legt Wert auf nuancierte Figurenzeichnung und authentische Atmosphäre. Wen es nach einer Kehrtwende in seinem Leben dürstet, der wird nach diesem Film zweimal darüber nachdenken.
Gypsy: Vertraue niemals deiner Therapeutin
Im Thrillerdrama-Serie Gypsy von Netflix taucht der Zuschauer tief in das ambivalente Innenleben der Psychotherapeutin Jean Holloway ein und erntet dabei erschreckende Erkenntnisse. Die verheiratete Frau entwickelt ein überhöhtes Interesse an ihren Patienten und schleicht sich mit Hilfe einer zweiten Identität sogar in deren Leben.
Dass Jean damit wissentlich ihren Berufsethos auf schlimmste Art und Weise verletzt, ist so faszinierend wie schockierend. Ihre Sehnsucht nach Abenteuer und Grenzüberschreitung nimmt bald dramatische Ausmaße an, bis sie sich immer tiefer in ihre Welt aus Lügen und Geheimnissen verstrickt.
Naomi Watts verkörpert die Protagonistin souverän wie immer und reißt den Zuschauer mit in den Strudel aus Verführung und Gefahr. Jean ist eine Frau auf Abwegen, die in ihrem Doppelleben eine Möglichkeit erkennt, ihrem Alltag zu entfliehen und damit ihre ganz eigene Art von Midlife-Crisis durchlebt.
Naomi Watts wird übrigens die Hauptrolle im ersten Spin-off der Serie Game of Thrones übernehmen, zu deren 8. Staffel du hier alle wichtigen Informationen findest.
The Meyerowitz Stories: Es bleibt in der Familie
In der Netflix-Komödie The Meyerowitz Stories steht gleich eine ganze Familie vor einem neuen Lebensabschnitt: Der Bildhauer Harold Meyerowitz (Dustin Hoffman), seine beiden Söhne Danny (Adam Sandler) und Matthew (Ben Stiller) sowie Tochter Jean (Elizabeth Marvel) und Enkelin Eliza (Grace Van Patten).
Jeder von ihnen hat sein ganz eigenes Päckchen zu tragen und geht demzufolge auch anders damit um. Vor allem der depressive Danny hat mit sich zu kämpfen. Er sehnt sich nach der Liebe seines exzentrischen Vaters, will gleichzeitig aber auch der Vorbildfunktion für seine Tochter Eliza nachkommen. Um sein Leben in andere Bahnen zu lenken, muss er lernen, loszulassen und wichtige Entscheidungen zu treffen. Etwas, das er bisher immer vermieden hatte…
Das Bemerkenswerteste an The Meyerowitz Stories ist die Besetzung. Besonders der sonst eher für Klamauk bekannte Adam Sandler verleiht seiner Rolle eine unglaubliche Tiefe und zeigt damit einmal mehr, wie er Hollywood an der Nase herumführt. Aber auch Ben Stiller und Dustin Hoffman spielen stark auf und machen den Film zu einem rundum gelungenen Seherlebnis.
Du suchst noch weitere Empfehlungen für deinen nächsten Netflix-Abend? Dann stöber doch einmal durch unsere die besten Netflix-Serien des Jahres 2019 rein.