Eine alte Dame allein im Sessel
© Netflix
Auf dem Bild zu Reality Queens Staffel 2 steht der Influencer Twenty4Tim vor Bäumen. Er trägt ein Safari-Outfit mit breitem Hut und hält lächelnd eine Karte mit dem Logo der Sendung "Reality Queens – Auf High Heels durch den Dschungel" in der Hand.
Bild aus Almost Cops: Zwei Hilfspolizisten in Uniform stehen sich in einer Umkleide gegenüber. Während der eine grinsend auf den anderen zeigt, blickt ihn dieser wütend an.

Die wahre Geschichte der Fernsehbetrügerin Wanna Marchi

Beg­nadete Verkäuferin, gierige Betrügerin: Die ital­ienis­che Teleshop­ping-Köni­gin Wan­na Marchi ver­di­ente Mil­lio­nen mit unsauberen Geschäft­sprak­tiken und lan­dete dafür im Knast. Heute ist sie eine Leg­ende und Star ein­er Net­flix-Doku. Wir erzählen die wahre Geschichte der Wan­na Marchi.

Das ital­ienis­che Fernse­hen ist für schrille Typen und schräge For­mate berühmt-berüchtigt. Aber eine TV-Mod­er­a­torin wie Wan­na Marchi dürfte selb­st für ital­ienis­che Ver­hält­nisse eine Aus­nah­meer­schei­n­ung sein.

Wan­na Marchi galt in den 80er-Jahren als Teleshop­ping-Köni­gin. Sie ver­di­ente Mil­lio­nen, lan­dete als Betrügerin im Gefäng­nis, grün­dete anschließend ein dubios­es Glücks-Imperi­um und fiel erneut tief.

In der vierteili­gen Net­flix-Doku „Wan­na Marchi – Die Fernse­hbe­trügerin” (Start: 21. Sep­tem­ber 2022) kommt die “Köni­gin” höch­st­per­sön­lich zu Wort, daneben viele Begleiter:innen und Kritiker:innen ihrer lan­gen TV-Kar­riere. Wir erzählen die wahre Geschichte der Wan­na Marchi.

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Die wahre Geschichte der Wanna Marchi

Ihr leg­endär­er Schlachtruf lautete “D’accord?” (etwa “okay?”). Wenn Sig­no­ra Marchi ein Pro­dukt vor laufend­en Kam­eras anpries, gesten­re­ich, laut und mit vie­len Worten, schrie sie am Ende stets die Formel “D’accord?” ins Mikro­fon – als let­zte Auf­forderung an ihre Zuschauer:innen, zum Tele­fon zu greifen und zu bestellen.

Und ihre Fans bestell­ten massen­haft. Zwis­chen 1983 und 1990 zün­dete Wan­na Marchi Abend für Abend bei dem Pri­vat­sender Rete A ein Teleshop­ping-Feuer­w­erk. Sie brachte Pro­duk­te im Wert von Mil­lio­nen Euro an den Mann, oder bess­er an die Frau.

Die Marchi hat­te sich auf das Geschäft mit der Schön­heit konzen­tri­ert. Zu ihrem Ange­bot gehörten Haar­wuch­slo­tio­nen, Kräuter für den Schön­heitss­chlaf und vor allem Schlankheit­sprä­parate. Ihr Best­seller war eine Bauch­weg-Creme auf Basis von Löwen­zahn und Algen.

Ver­mut­lich waren all diese Pro­duk­te mehr oder weniger wirkungs­los. Aber nicht darüber oder über empörte Käuferin­nen stolperten Wan­na Marchi und ihre Tochter Ste­fa­nia Nobile, Co-Mod­er­a­torin der Shop­ping-Show. Sie stolperten über eine unser­iöse Unternehmensführung. 1990 wurde Wan­na Marchi wegen Insol­venz­be­trug festgenom­men und zu einem Jahr und elf Monat­en Haft verurteilt.

Glückszahlen und böse Magie

Wenige Jahre später ist Sig­no­ra Marchi zurück auf der Bühne. Dies­mal mit ein­er noch per­fideren Geschäft­sidee: 1996 grün­det sie mit ihrer Tochter und dem Brasil­ian­er Mario Pacheco do Nasci­men­to, einem selb­st ernan­nten Zauber­er, die Fir­ma Asciè srl.

Wieder dient das Fernse­hen als Verkauf­skanal. Das Pro­dukt dies­mal: Glück­szahlen für die Lot­terie und aller­lei Mit­telchen wie Tal­is­mane und Amulette gegen böse Einflüsse.

Wan­na Marchi legt mit ihrem Verkauf­stal­ent Tausende Kund:innen here­in. Der Betrug mit den Lot­tozahlen ist offen­sichtlich, aber die Marchi-Masche ver­fängt bei vielen.

Das Trio verkauft per TV-Show und am Tele­fon Zahlen­rei­hen für die staatliche Lot­terie – Zahlen, mit denen die Käufer:innen ange­blich tod­sich­er bei der näch­sten Ziehung Mil­lio­nen gewin­nen. Natür­lich gewin­nt nie­mand mit den gekauften “Glück­szahlen”. Alle ver­lieren, nur Marchi und ihre Helfer:innen gewinnen.

Für das Lospech ihrer Kund:innen hat die Betrüger-Fir­ma eine Erk­lärung. Schuld am Mis­ser­folg hät­ten die Kund:innen selb­st. Mit den Lot­tozahlen erhal­ten die Käufer:innen ein Tütchen mit “Zauber­salz”. Und die Zahlen funk­tion­ierten laut Gebrauch­san­weisung nur mit dem Salz.

Das müssen die Lottospieler:innen in ein Glas Wass­er geben und eine Woche im Dunkeln ste­hen lassen. Hat sich das Salz dann aufgelöst, gewin­nen die Zahlen in der Lot­terie. Tut es das nicht, wirke eine böse schwarze Magie.

Dage­gen wür­den (teure) Medika­mente helfen, die nur der “Zauber­er” Nasci­men­to ver­schreiben könne. Verzweifelte und ängstliche Lottospieler:innen, häu­fig leicht­gläu­bige ältere Frauen, über­weisen Tausende Euro, um das Glück zu erzwin­gen und den bösen Blick zu bannen.

Die TV-Betrügerin: Enttarnt in einer TV-Show

Sie wer­den gle­ich dop­pelt und dreifach Opfer des Betrugs: Denn das mit­gelieferte Salz, ganz nor­males Speis­esalz, löst sich selb­st bei kor­rek­ter Anwen­dung nicht. Es ist schlich zu hoch konzen­tri­ert, um sich in einem Glas kom­plett aufzulösen.

So bleibt immer ein Boden­satz und damit die Erk­lärung für das Pech im Lot­to. Erst 2001 deckt die ital­ienis­che TV-Satireshow “Striscia la notizia” in ein­er Art “Ver­steck­te Kamera”-Bericht den Schwindel auf.

Nach der Sendung befasst sich die ital­ienis­che Steuer­polizei mit den Prak­tiken der Asciè srl. Die Ermit­tler stoßen auf über 300.000 geprellte Kund:innen, darunter einige, die mehr als 400.000 Euro an die Fir­ma für Lot­tozahlen, Salz und Mit­tel gegen böse Magie über­wiesen haben.

Der Sturz von Wire­card: Die wahre Geschichte hin­ter der Netflix-Doku

Nach jahre­lan­gen Gerichtsver­fahren wird Wan­na Marchi schließlich 2009 zu neun Jahren und sechs Monat­en Haft verurteilt, ihre Tochter zu neun Jahren und vier Monat­en. Der “Zauber­er”, der sich nach Brasilien abge­set­zt hat, bekommt in Abwe­sen­heit vier Jahre.

Die Ermit­tler ver­suchen auch, die rund 32 Mil­lio­nen Euro aufzus­püren, die das Trio und seine Helfer ergaunert haben. Sie stoßen auf einige Immo­bilien in Nordi­tal­ien sowie Madrid, aber der größte Teil des Geldes bleibt verschwunden.

Die wahre Geschichte der Wanna Marchi ist noch nicht vorbei

Die Polizei ver­mutet, dass es auf Kon­ten im Steuer­paradies San Mari­no gebunkert ist. Aber damit ist die wahre Geschichte der Wan­na Marchi noch nicht zu Ende. Ende 2015 kehrt sie, nach vorzeit­iger Ent­las­sung aus der Haft, wieder ins Ram­p­en­licht zurück.

Natür­lich mit ein­er TV-Show, dies­mal allerd­ings mit ein­er unverdächti­gen Talk­show. 2018 kom­men­tiert Wan­na Marchi die ital­ienis­che Aus­gabe von “Big Broth­er”. 2021 heuert die inzwis­chen 79-Jährige zusam­men mit ihrer Tochter beim Inter­net­sender Go-TV an. Weit­ere Betrügereien der ehe­ma­li­gen Teleshop­ping-Köni­gin sind aber bis­lang nicht bekannt.

Was meinst Du, wäre eine TV-Kar­riere wie die der Wan­na Marchi auch in Deutsch­land möglich? Schreibe uns Deine Mei­n­ung gern in einem Kommentar.

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