Die Stars aus "Die Vorkosterinnen" posieren auf dem Roten Teppich für die Kamera.
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Auf dem Bild zum Scrubs Reboot sind die Hauptcharaktere aus der Serie in einer humorvollen Gruppenaufnahme zu sehen. Von links nach rechts stehen Dr. Bob Kelso (Ken Jenkins) mit einem Skelett, Dr. Cox (John C. McGinley) mit verschränkten Armen, Dr. Elliot Reid (Sarah Chalke) in blauer Kleidung, J.D. (Zach Braff) sitzend mit Stethoskop, Turk (Donald Faison) in grüner Kleidung, der Hausmeister (Neil Flynn) mit einem Wischmopp und Carla (Judy Reyes) in orangefarbener Kleidung. Die Szene ist lebendig und voller Witz.
Der vietnamesische Kriegsfotograf Nguyễn Thành Nghệ

Die Vorkosterinnen: Steckt eine wahre Geschichte hinter dem Filmdrama?

15 junge Frauen wer­den in der Nazi-Zeit gezwun­gen, täglich ihr Leben zu riskieren: Sie müssen Hitlers Essen vorkosten, um zu testen, ob es vergiftet ist. Doch ob hin­ter „Die Vorkos­terin­nen” tat­säch­lich eine wahre Geschichte steckt, erk­lären wir Dir hier. 

Die Vorkosterinnen: Ein bewegender Film – und die Geschichte dahinter

Rosa Sauer (Elisa Schlott) find­et 1943 in einem 300-See­len-Dorf in Ost­preußen Zuflucht. Ihr Mann kämpft an der Front, ihre Woh­nung in Berlin ist aus­ge­bombt. Was sie nicht weiß: Ganz in der Nähe und tief im Wald ver­steckt liegt Adolf Hitlers „Wolf­ss­chanze” – sein geheimes Haup­tquarti­er an der Ostfront.

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Die SS zwingt Rosa und 14 andere Frauen, Hitlers Speisen vorzukosten. Während im Krieg über­all in Europa Men­schen hungern, essen sie Spargel, Obst, Gemüse und Nudeln. Aber mit jedem Hap­pen riskieren sie ihr Leben: Denn falls die Lebens­mit­tel vergiftet sind, ster­ben sie – und nicht Hitler.

Diese Geschichte erzählt der Film „Die Vorkos­terin­nen”. Der ital­ienisch-schweiz­erische Regis­seur Sil­vio Sol­di­ni („Brot und Tulpen”) hat dafür den gle­ich­nami­gen Best­seller-Roman von Rosel­la Pos­tori­no (2018) verfilmt.

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Aber: Han­delt es sich bei „Die Vorkos­terin­nen” um eine wahre Geschichte? Buch und Film basieren auf den Erleb­nis­sen von Mar­got Woelk, die erst mit 95 Jahren in einem Zeitungsin­ter­view davon erzählte. Die Sto­ry lehnt sich an Woelks Erin­nerun­gen an, ist aber teil­weise fik­tion­al­isiert. Die Haupt­fig­ur heißt Rosa und nicht Mar­got. Auch ihre Beziehung zu dem SS-Mann im Film ist erfunden.

Wer ist Margot Woelk?

Mar­got Woelk kommt im Dezem­ber 1917 in Berlin zur Welt. Ihr Vater weigert sich, der NSDAP beizutreten, sie geht nicht zum Bund Deutsch­er Mädel (BDM). 1939 heiratet sie Karl, einen Sol­dat­en der Wehrma­cht. Zu Beginn des Zweit­en Weltkriegs arbeit­et die junge Frau als Sekretärin. 1942 zer­stören Bomben die Woh­nung, in der sie aufgewach­sen ist, und Mar­got flieht aus der Stadt.

Ihr Ehe­mann ist zu dieser Zeit als Sol­dat in der Ukraine. Doch seine Eltern wohnen im ost­preußis­chen Dorf Groß-Partsch. Dor­thin zieht die 24-Jährige. Nur 2,5 Kilo­me­ter ent­fer­nt befind­et sich als Teil eines Bunker­sys­tems das Führerhaup­tquarti­er Wolf­ss­chanze. Das ist eines der mil­itärischen Lagezen­tren des Führungsstabes der deutschen Wehrma­cht. Hitler ver­bringt dort während des Zweit­en Weltkriegs mehr als 800 Tage.

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Das ist auch der Grund, warum die SS nach kurz­er Zeit nicht nur Mar­got, son­dern auch 14 andere junge Frauen abholt. Sie wer­den zu ein­er Baracke in der Nähe gebracht, nicht in die Wolf­ss­chanze selb­st. Die Nazis haben Angst, dass die Alli­ierten oder andere Feinde Hitler vergiften kön­nten. Darum zwin­gen sie die Frauen, seine Speisen vorzukosten. Falls etwas beigemis­cht wäre, würde eine von ihnen ster­ben und nicht er. Alle Vorkos­terin­nen sind zwis­chen 20 und 30 Jahre alt. Eine weit­ere Anforderung der SS: Sie müssen gesund sein.

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Das vergessene Leiden der Vorkosterinnen

Jeden Mor­gen wer­den die Frauen mit einem Bus abge­holt und zur Baracke gebracht, aber nur, wenn sich Hitler tat­säch­lich im Haup­tquarti­er befind­et. Dann wird ihnen ein Gericht vorge­set­zt, das ihm später serviert wer­den soll. Eine Diätköchin bere­it­et die veg­e­tarischen Speisen frisch zu.

„Es gab meist Gemüse, nie Fleisch, sel­ten Sup­pen”, erin­nert sich Mar­got Woelk viele Jahre später in dem Inter­view mit der B.Z., in dem sie die wahre Geschichte der Vorkos­terin­nen erst­mals erzählt. „Wir fühlten uns wie Ver­such­skan­inchen”, ergänzt sie.

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Die Frauen wis­sen nie, ob sie die Mahlzeit über­ste­hen wer­den. In der Reportage „Hitlers Vorkos­terin” des RBB sagt sie: „Manchen liefen schon beim Essen die Trä­nen runter.” Eine Stunde müssen sie sitzen­bleiben, bevor sie auf­ste­hen dür­fen. Danach „haben wir geheult wie die Schlosshunde, dass wir’s über­lebt haben”.

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Am 20. Juli 1944 deponiert Claus Schenk Graf von Stauf­fen­berg eine Sprengladung in der Wolf­ss­chanze, die Hitler töten soll. Doch der über­lebt mit leicht­en Ver­let­zun­gen. Für die Vorkos­terin­nen hat das Atten­tat Fol­gen: Sie müssen nun in ein­er leer ste­hen­den Schule in der Nähe wohnen. Mehr als 2,5 Jahre testen die Frauen unter Lebens­ge­fahr das Essen des „Führers”.

Als die Rote Armee im Herb­st 1944 nur noch wenige Kilo­me­ter ent­fer­nt ist, hil­ft Mar­got ein Ober­leut­nant, damit sie in let­zter Minute nach Berlin fliehen kann. Nach dem Krieg erzählt er ihr, dass sow­jetis­che Sol­dat­en die anderen 14 Vorkos­terin­nen erschossen haben.

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Die wahre Geschichte der Vorkosterinnen: Warum Margot Woelk jahrzehntelang schweigt

In Berlin ver­steckt sich Mar­got Woelk bei einem Arzt, der sie vor der SS ret­tet. Später wird sie von Sol­dat­en der Roten Armee zwei Wochen lang fest­ge­hal­ten und verge­waltigt. Sie erlei­det dabei so schwere Ver­let­zun­gen, dass sie keine Kinder mehr bekom­men kann. 1946 find­en sich der tot geglaubte Karl und Mar­got wieder. Die bei­den leben zusam­men in der Woh­nung ihrer Eltern, bis er stirbt.

Die ehe­ma­lige Vorkos­terin spricht lange nicht über das, was sie erlebt hat. Auch ihr Mann weiß nichts davon. Erst als sie 95 Jahre alt ist, erzählt sie einem Reporter von ihrem Schick­sal. Der erin­nert sich später: „Eigentlich war unser The­ma, dass sie ein Leben lang in ihrer Woh­nung lebte.” Doch dann habe sie plöt­zlich gesagt: „Da ist noch etwas …” (via B.Z.).

In der RBB-Reportage erk­lärt sie, warum sie so lange geschwiegen hat: „Auf ein­mal habe ich gedacht, das muss eigentlich mal raus – vielle­icht, weil ich immer Alb­träume hat­te.” Vorher habe sie vergessen wollen, was vorge­fall­en ist.

Adolf Hitler hat Mar­got Woelk nach eigen­er Aus­sage nie gese­hen – aber fast jeden Tag dessen Schäfer­hund. „Blondie” spielte vor der Baracke, in der Hitlers Vorkos­terin­nen das Essen testen mussten.

Im April 2014 stirbt Mar­got Woelk im Alter von 97 Jahren in Berlin.

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Die wahre Geschichte von Hitlers Vorkosterinnen

Nach­dem 2014 die RBB-Reportage über Mar­got Woelk erschien war, äußert sich ein His­torik­er und Jour­nal­ist kri­tisch. Das Essen für Hitler sei im Inneren der Wolf­ss­chanze zubere­it­et wor­den, in einem streng abgeriegel­ten Bere­ich, heißt es in einem Artikel der Welt. Es sei nicht sin­nvoll gewe­sen, das Essen nach außen zu trans­portieren. Zudem gebe es nir­gend­wo son­st Hin­weise auf die Vorkosterinnen.

Ein ander­er His­torik­er schreibt ein Buch über Hitlers Jahre in der Wolf­ss­chanze. In einem Gespräch mit der Deutschen Welle sagt Felix Bohr, dass er bei seinen Recherchen keine Quellen gefun­den habe, die Mar­got Woelks Geschichte und die Exis­tenz von Hitlers Vorkos­terin­nen bestäti­gen – aber auch keine, die das Gegen­teil beweisen.


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