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Influencer vor Gericht: Ist Werbung auf Instagram ein Fluch oder ein Segen?
„Gerade den besten Burger aller Zeiten gegessen! Und zwar genau daaaa …“, flötet eine attraktive junge Frau in ihr Smartphone. Dabei zeigt sie mit dem Finger auf einen hippen Burger-Laden in ihrer Insta-Story. Andere Situation, gleiches Spiel: Du wischst durch deinen Instagram-Feed und stolperst über ein künstlerisch zusammengelegtes Flatlay, ein Foto aus der Vogelperspektive mit Kosmetikprodukten, Zeitschriften und Kaffee mit einer tiefgründigen Poesie-Zeile in der Caption. Eigentlich ist es auch egal, welchen Social-Media-Beitrag du dir anschaust.
Wenn du die Augen richtig aufmachst, findest du garantiert in fast jedem Post und jeder Story deiner Lieblings-Influencer gängige Kürzel wie #ad, #anzeige, #nonpaid oder einfach nur #werbung. Vom Gefühl her muss in den sozialen Medien inzwischen alles als Anzeige gekennzeichnet werden, was eventuell, unter Umständen, ganz vielleicht Werbung sein könnte. Aber warum der ganze Zirkus? Wir nehmen uns das Thema Werbung auf Instagram vor und erklären, was wirklich Sache ist. Außerdem zeigen wir, warum Influencer wie Pamela Reif, Vreni Frost und Cathy Hummels wegen Werbung auf Instagram sogar vor Gericht stehen.
Was gilt überhaupt als Werbung auf Instagram?
Wenn du mal nach „Werbung Social Media“ oder „Werbung kennzeichnen“ googelst, dreht sich eigentlich alles um die Social-Media-Plattform Instagram. Warum gerade dieses Medium so wichtig für das Thema Werbekennzeichnung ist, hängt am Ende eigentlich nur von der Frage des Geldes ab: Laut einer Studie von Goldmedia machen Influencer nämlich die meisten Umsätze über Instagram. Erst danach folgen YouTube, Facebook oder Snapchat.
Eigentlich sollte man denken, dass wir Werbung auf Instagram auf den ersten Blick erkennen müssten – wenn uns ein Influencer zum Beispiel das neueste Produkt in einem Posting unter die Nase hält. Eine Studie des Digitalverbands Bitkom hat aber gezeigt, dass die Hälfte der Social Media User nicht richtig zwischen einem Werbe-Post und einem inhaltlichen Beitrag unterscheiden können. Und das gilt sogar noch stärker für junge Nutzer, die mit dem Internet – also auch mit Online-Werbung – aufgewachsen sind.
Welcher Instagram-Beitrag ist also Werbung und welcher nicht? Und welcher Post muss entsprechend als Werbung auf Instagram gekennzeichnet werden? Die Medienanstalten wollen genau diese Frage so einfach wie möglich beantworten, damit Influencer wissen, wann sie einen Post als Werbung kennzeichnen müssen. Und wir als Follower wissen, was Sache ist, wenn ein Beitrag als Werbung gekennzeichnet ist. Die Medienanstalten sagen, dass Werbung auf ein Produkt oder einen Service aufmerksam macht und zum Kauf anregen soll. Ist das nicht der Fall, ist es auch keine Werbung. Klingt in der Theorie logisch, ist aber in der Praxis dann doch nicht so eindeutig. Genau deshalb stehen Influencer wie Pamela Reif oder Cathy Hummels auch wegen nicht gekennzeichneten Instagram-Postings vor Gericht.
Vreni Frost, Cathy Hummels und Pamela Reif vor Gericht
So, jetzt mal Klartext. Die ganze Arie mit Influencern vor Gericht hat damit angefangen, dass Influencer in Deutschland plötzlich jeden Beitrag auf Social Media als Werbung kennzeichnen sollten, wenn sie Marken verlinken. Das hat bei vielen Instagrammern für Entsetzen gesorgt. Influencerin Vreni Frost wollte sich das nicht gefallen lassen (sie selbst hat eine einstweilige Verfügung für Posts mit Markenverlinkungen ohne Werbekennzeichnung erhalten).
Sie macht sich für die Ansage stark: Nicht jeder Instagram-Post ist Werbung! Wenn ein Influencer zum Beispiel ein Bild von seinem Outfit postet und die Marken seiner Kleidungsstücke darauf markiert, sollte dieser Beitrag laut Vreni keine Werbung sein. Zumindest dann nicht, wenn der Influencer die Klamotten selbst gekauft hat und keine Gegenleistung der Marken für den Post bekommt. Vreni Frost hat vor dem Kammergericht Berlin in diesem Fall übrigens recht bekommen: Nicht jeder Beitrag eines Influencers darf generell als kennzeichnungspflichtige Werbung angesehen werden, nur weil bestimmte Links zu Marken gesetzt wurden. Dieses Urteil gilt allerdings nicht allgemein. Es muss für jeden Einzelfall überprüft werden. Für Vreni Frost ist das auf jeden Fall ein Gewinn.
Auch Cathy Hummels, Ehefrau von Fußballstar Mats Hummels, soll auf ihrem Instagram-Account mit knapp einer halben Million Followern Werbung gemacht haben, ohne sie zu kennzeichnen. Sie hat in mehreren Posts Schuh- und Kleidungsmarken benannt und verlinkt. Der Verband Sozialer Wettbewerb findet, dass dies bei so vielen Followern keine „privaten“ Postings mehr sind, und will deshalb, dass Cathy Hummels die Beiträge als Werbung kennzeichnen muss. Ein Urteil gibt es bisher noch nicht.
Ein Verlierer im Streit um Werbung auf Instagram ist wohl Influencerin Pamela Reif. Und zwar in einem Prozess zum Thema Schleichwerbung. Pamela Reif hatte in drei Fällen eine Unterlassungsverfügung vom Berliner Verband Sozialer Wettbewerb kassiert. Mitte März hat das Landgericht Karlsruhe entschieden, dass sie Social Media Postings mit Links zu Marken in Zukunft als Werbung kennzeichnen muss. Eine bittere Pille, zählt sie doch mit über 4 Mio. Followern auf Instagram zu den erfolgreichsten deutschen Influencern überhaupt. In den sozialen Medien siehst du diese Werbekennzeichnungen bei Pamela Reif vielleicht noch nicht. Das Urteil ist nämlich noch nicht rechtskräftig. Ihr Anwalt hat außerdem angekündigt, in Berufung zu gehen.
Social-Media-Werbung: Fluch oder Segen?
Unterlassungsklagen, Gerichtsverfahren, einstweilige Verfügungen: klingt irgendwie, als ob Werbung auf Instagram die digitale Hölle auf Erden wäre. Aber ist wirklich alles schlecht, was Werbung ist? Letztendlich müsste doch für Influencer von Bedeutung sein, was ihre Follower wirklich von Werbung in Social Media halten. Das ist nämlich gar nicht so abwertend, wie man denken könnte: Rund 30 Prozent möchten auf Werbung in den sozialen Medien nicht verzichten, weil sie so Produkte oder Angebote entdecken, von denen sie sonst nichts mitbekommen hätten. Und über ein Drittel findet außerdem, dass Social-Media-Werbung viel besser zu ihren Interessen passt als andere digitale Werbung.
Vielleicht ist eine #anzeige also gar nicht so abschreckend für die Instagram User, wie wir erst einmal denken. Was natürlich nicht heißt, dass Social Media User nicht zusteht zu wissen, ob ein Influencer in einem bestimmten Beitrag Werbung für ein Produkt macht oder es nur privat präsentiert. Beendet ist die Diskussion um Kennzeichnungspflicht für Werbung auf Instagram also noch lange nicht.