Innovation & Technologie
Digitale Pionierin: Ada Lovelace und das erste Computerprogramm
Wenn Du an Pioniere und Vorbilder des digitalen Zeitalters denkst, fallen Dir vermutlich vor allem männliche Namen ein. Dabei haben auch Frauen viele Kapitel der Computergeschichte mitgeschrieben und den Weg für technische Innovationen geebnet. Zu ihrem 203. Geburtstag stellen wir Dir eine digitale Pionierin der Informatik vor: Ada Lovelace schrieb hundert Jahre vor der Erfindung des Computers den ersten mathematischen Algorithmus.
Ob Mikrochip, PC oder Smartphone: eine Vielzahl der Hardware, die Du heute tagtäglich nutzt, stammt aus den Köpfen und Händen männlicher Erfinder. Bei der Software-Entwicklung hatten hingegen vor allem in der Frühzeit der Digitalhistorie auch Frauen ihre Finger im Spiel. Gut ein Jahrhundert bevor Konrad Zuse in Berlin die erste mechanische Rechenmaschine konstruierte, entwarf die britische Mathematikerin Augusta Ada Lovelace, , die Vision eines universell programmierbaren Automaten und formulierte fast nebenbei den ersten Computer-Algorithmus.
Vom Webstuhl zur Rechenmaschine
Ihre Begeisterung für Maschinen teilte Ada schon in jungen Jahren mit dem Zeitgenossen Charles Babbage, den sie 1833 bei einem Empfang kennen lernte. Der vielseitige Mathematiker, Erfinder und Ökonom stellte der damals 17-Jährigen sein jüngstes Herzensprojekt vor: den Prototyp seiner Rechenmaschine „The Difference Engine”. 1842 hielt Babbage seinen ersten und einzigen Vortrag über das komplexere Nachfolgermodell. Die „Analytical Engine“ ließ sich nach Art der ersten mechanischen Webstühle (Jacquard-Webstühle) per Lochkarten programmieren und sollte dazu dienen, Logarithmentafeln und nautische Tabellen zu berechnen. Aus dem Referat ging ein 19-seitiger Artikel hervor, den Ada auf seinen Wunsch vom Französischen ins Englische übersetzte. Ihre Gedanken zu der nie fertig gestellten Maschine hielt sie als „Anmerkungen der Übersetzerin“ in insgesamt acht Randnotizen fest. Diese waren fast dreimal so lang wie der ursprüngliche Artikel.
Adas Interpretation der Analytical Engine
In dem Buch: „Die Vordenker der digitalen Revolution von Ada Lovelace bis Steve Jobs“ wird Ada mit den schwärmerischen Worten zitiert: „Die Analytische Maschine hat nichts mit bloßen ‚Rechenmaschinen‘ gemein. Sie nimmt eine einzigartige Stellung ein“. Bereits 1843 zeigt sie damit, dass sie das Potenzial der Maschine besser verstanden hatte als ihr Erfinder. „Indem sie eine Möglichkeit eröffnet, allgemeine Zeichen in Abfolgen von unendlicher Vielfalt und Größe miteinander zu kombinieren, ist ein einendes Band geschaffen.“ Kurzum: Ada hatte die Mathematik als eine Art Symbolsprache erkannt und begriffen, dass ein mechanischer Rechner nicht nur Zahlen, sondern jede Art von Zeichen handhaben könnte. Gemessen an dem Stand der Forschung der damaligen Zeit ist diese Erkenntnis geradezu genial. In der Notiz G fügt Ada außerdem eine Anleitung zur Berechnung von Bernoulli-Zahlen (eine Folge rationaler Zahlen) als grafische Darstellung bei. Es ist der Entwurf des ersten Algorithmus eines Computerprogramms. Mit ihrer Vision von einer Maschine, die auch Buchstaben, Bilder und Musiknoten verarbeiten könnte, hat sie die Informatik gut 100 Jahre vorausgedacht.
Wissenschaftliche Visionärin in einer männerdominierten Welt
Es liegt nahe, dass Ada mit ihrem technischen Verständnis und Selbstbewusstsein in der patriarchalischen Gesellschaft des viktorianischen Zeitalters ziemlich aneckte. Der Zugang zu höheren Schulen und Universitäten blieb Frauen im 19. Jahrhundert noch weitestgehend verschlossen. Dass Ada dennoch eine höhere Bildung genoss, lag nicht nur daran, dass sie am 10. Dezember 1815 in eine wohlhabende Familie geboren wurde. Ihren intellektuellen Werdegang verdankt sie vor allem ihrer Mutter, Anne Isabella Noel-Byron, die als Hobby-Mathematikerin laut der feministischen Zeitschrift Emma auch spöttelnd „Prinzessin der Parallelogramme” genannt wurde. Den Spitznamen habe ihr der Ehemann, der berühmte englische Dichter Lord Byron gegeben, der die Familie kurz nach Adas Geburt verließ.
Eine digitale Pionierin mit poetischen Wurzeln
Aus Sorge, Ada könnte das stürmische und unberechenbare Temperament des Vaters geerbt haben, förderte die Mutter eine naturwissenschaftliche Ausbildung ihrer Tochter. Quasi als Gegengift zur künstlerisch-chaotischen Veranlagung engagierte sie die besten Hauslehrer, darunter den ebenfalls namhaften Logiker Augustus De Morgan. Auch er erkannte Adas Talent früh, blieb aber bei seiner Einschätzung, dass der Geist der Frau nicht zur wissenschaftlichen Produktivität geschaffen sei.
Wie es sich zur damaligen Zeit gehörte, heiratete Ada mit 19 Jahren und bekam innerhalb von vier Jahren drei Kinder. Ihr Ehemann, William King, war ebenfalls mathematisch interessiert und stillte den Wissenshunger seiner Frau, indem er in Bibliotheken wissenschaftliche Werke für sie abschrieb. 1852 starb die bis dato weitgehend unbekannte Visionärin mit nur 36 Jahren an Krebs.
Ada Lovelace und ihr Erbe für die Computer-Generation
Hundert Jahre lang tat sich nichts. Bis Adas Notizen Mitte des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt wurden. Erst mit Beginn des Computerzeitalters in den 1970er-Jahren wurde die Bedeutung ihrer Schriften erkannt und mit der nach ihr benannten Programmiersprache ADA gewürdigt.
Praktischen Nutzen hat Adas formulierter Algorithmus bis heute: Ihre Technik bildet die Basis moderner Software-Strukturen. Mit ihrer ungebändigten Neugier und wissenschaftlichen Weitsicht hat sich Ada Lovelace nicht nur einen Platz in der Computer-Historie gesichert, sondern vor allem eine Vorbildrolle für viele digitale Pionierinnen unserer Zeit.
Welche Frauen sind Deine Heldinnen der digitalen Zeitgeschichte? Wir freuen uns auf Deinen Kommentar.