Digital Life
Kleine, geile Firmen – Onlineshop Folkdays
Fair-Trade-Kleidung haftet häufig ein eher unattraktives Öko-Image an. Dass das nicht sein muss, beweist der Berliner Onlineshop FOLKDAYS. Für seine tollen Produkte aus der ganzen Welt und so viel Engagement hat das Unternehmen auf jeden Fall das Prädikat „Kleine, geile Firma” verdient. Eine „kleine, geile Firma“ ist ein Start-up oder bereits länger bestehendes Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern, das es sich kennenzulernen lohnt. Dieses Interview entstand in Kooperation mit dem Berliner Online-Stadtmagazin Mit Vergnügen.
Die Pakete von FOLKDAYS werden eigenhändig verpackt.
Was macht FOLKDAYS ganz genau?
FOLKDAYS ist ein Onlineshop für fair gehandelte Kleidung und Einrichtungsdeko. Wir reisen um die Welt, suchen Menschen, die ein spezielles Handwerk beherrschen und dies unter fairen Arbeitsbedingungen betreiben können. Gemeinsam mit diesen Menschen designen wir Produkte, die sich durch tolle Qualität und besonderes Design auszeichnen.
Was macht FOLKDAYS ganz genau nicht?
Wir veranstalten KEINE Folk-Festivals.
Wie viele Leute arbeiten bei Euch?
Insgesamt sind wir zu viert. Isa und ich (Lisa, Anm. d. Red.) arbeiten beide Vollzeit. Ruth liefert den Inhalt und einen Großteil der tollen Bilder auf unserer Website. Kimon, gerade nicht im Büro, unterstützt uns bei rechtlichen Fragen und hat einen guten Blick auf die Zahlen. Ansonsten arbeiten wir hauptsächlich mit Freelancern im Bereich Grafik, Fotografie und Marketing zusammen.
Wer ist Euer Mitarbeiter des Monats?
Ruth (Foto), denn sie schmeißt einfach mal so nebenher unser Journal und hat dabei immer gute Laune – stets begleitet von Officedog Daddy.
Wann und warum habt Ihr Euch dafür entschieden, den Onlineshop zu gründen?
Schon lange ist uns aufgefallen, dass es im Fair-Fashion-Bereich wenige Shops gibt, die uns sowohl ästhetisch, als auch mit ihrem Ansatz überzeugen. Wir wollten die „faire“ Modewelt von dem Müsli-Image befreien. Deshalb haben wir im August 2013 FOLKDAYS gegründet.
Lisa und Isa beim Arbeiten am Computer.
„FOLKDAYS” ist ein toller Name: Wie habt Ihr den gefunden – war es leicht?
Ui, in vielen, vielen schlaflosen Nächten. Und, indem man sich einfach irgendwann entscheidet. Am Anfang sagt man noch: „Können wir ja immer noch ändern“, aber irgendwann ist der Name mit so viel Leben gefüllt, dass er allein deshalb perfekt passt.
Was unterscheidet Euch von anderen Fair-Trade-Läden?
Unsere Zielgruppe ist jünger und unsere Produkte sind stylischer als vieles, was man so in Fair-Trade-Läden findet.
Die Produkte, die FOLKDAYS online verkaufen, lagern bei ihnen im Büro.
Euer wichtigstes Arbeitsutensil?
Das wichtigste Arbeitsutensil: eine Schere.
Wir packen noch selbst und deshalb ist die Schere jeden Tag im Einsatz!
Wie sieht Euer Desktop gerade aus?
Bei so viel Ideen, die uns im Kopf herumschwirren, braucht man zumindest Klarheit auf dem Bildschirm. Das Chaos verstecke ich vor mir selbst in einem Desktop-Ordner.
Warum habt Ihr Euch gegen einen richtigen Laden entschieden? In Berlin wäre er doch sicherlich gut angenommen worden …
Wir genießen es gerade sehr, räumlich so flexibel zu sein. Wie sind alle gerne im Büro, aber wenn wir Lust haben, können wir von überall aus arbeiten. Außerdem können wir viel mehr Menschen über einen Onlineshop erreichen – auch in Regionen, wo es nicht so viele Alternativen zu den gängigen Ketten wie H&M und Zara gibt wie in Berlin.
Lisa und Isa beim Arbeiten.
Neben Eurem Onlineshop gibt es auch noch eine Art FOLKDAY-Blog, das „Journal”. Warum?
Uns ist aufgefallen, dass es nicht viel Sinn macht, sich nur in einem Lebensbereich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Die Art und Weise, wie wir leben und wie wir konsumieren, hängt immer zusammen. Deshalb ist unser FOLKDAYS-Journal der Versuch, unterschiedliche Ansätze, tolle Ideen und großartige Menschen vorzustellen, die ihren Beitrag zu einem „sinnvolleren“ und „nachhaltigeren“ Lebensentwurf leisten. Denn diese Menschen inspirieren uns im täglichen Handeln und genau das möchten wir weitergeben.
Woher kommen Eure Produkte?
Aus vielen verschiedenen Ländern. Wir haben momentan Produzenten in Bolivien, Peru, Kolumbien und Ecuador, Thailand, Laos und Kambodscha, Indien, Bangladesch, der Türkei, Ägypten und Marokko. Da kommen aber natürlich immer wieder neue Länder hinzu.
Isa zeigt einen Teppich aus Anatolien.
Wie findet Ihr Eure Produzenten?
Durch viel Recherche vor unseren Reisen. Und natürlich, indem wir uns vor Ort durchfragen.
Wenn Ihr dann vor Ort seid: Wie geht Ihr auf die Leute zu?
Ich freue mich immer total darauf, neue Produzenten kennenzulernen. Das ist immer so ein gegenseitiges Herantasten, aber letztlich merkt man immer ganz schnell, ob es passt oder nicht.
Und wie verständigt Ihr Euch? Schließlich seid Ihr ja in den unterschiedlichsten Ländern unterwegs.
Manchmal reichen Englisch, Spanisch oder Französisch. Aber es gab auch schon Situationen, in denen sich quasi eine lange Dolmetscher-Kette gebildet hat. Die eine Person sprach nur die eigene Sprache, die andere hat übersetzt, die nächste wieder …
Wie haltet Ihr Kontakt zu den Produzenten, da viele gar nicht so gut ans Internet angebunden sind?
Häufig suchen wir uns vor Ort Personen, die mit den abgelegeneren Produzenten kommunizieren und ihnen beim Export helfen. Das ist besonders relevant, wenn wir mit Stämmen zusammenarbeiten, die teilweise noch sehr ursprünglich leben wie beispielsweise die Khmu in Laos oder die Bodos in Assam.
Legt Ihr selbst in Eurem Alltag auch sonst viel Wert auf Fair Trade und Nachhaltigkeit? Inwiefern?
Wir alle achten auf jeden Fall darauf, wie wir konsumieren – das betrifft sowohl Kleidung als auch Lebensmittel. Wir bekommen zum Beispiel einmal die Woche eine Bio-Kiste ins Büro geliefert mit Produkten aus der Region. Es gibt aber keine starren Regeln, denn jeder hat einen persönlichen Schwerpunkt, den er oder sie wichtig findet. Wir wollen auch niemand bekehren, sondern vielmehr Ideen für Alternativen aufzeigen.
Als Ihr Eure Firma gegründet habt: Was lief nicht so wie erwartet und wie habt Ihr das Problem gelöst?
Wir haben schnell gemerkt, dass wir, obwohl wir so tolle Produkte und Stories haben, eine Menge tun müssen, um Kunden zu gewinnen. Das liegt zum Beispiel daran, dass unser Werbebudget noch nicht allzu hoch ist und der Fashion-Markt sehr umkämpft ist. Aber es ist toll zu sehen, dass uns viele Blogger wie zum Beispiel die Jane Waynes oder Stylemag.net so toll unterstützen.
Welche wichtige Lektion habt Ihr letzten Monat gelernt?
Keine Versprechen zu machen, denn ein Paketmann kann auch mal länger brauchen …
Der Bürohund Doggy.
Dieser Beitrag ist in Kooperation mit „Mit Vergnügen“ entstanden. Auf mitvergnuegen.com erfahrt Ihr, wie FOLKDAYS ihre Reisen finanzieren und ob sich die kleine Firma bereits auszahlt.