Digital Life
Kleine, geile Firmen: Metrolit Verlag
In diesen Tagen überhaupt einen Buchverlag zu gründen, wirkt gewagt. Der Metrolit Verlag aus Berlin bekommt es jedoch hin, ein tolles Bücherdesign mit spannenden Geschichten zu verbinden und sich damit von der Masse abzuheben. Wir finden den Ansatz super und küren METROLIT deshalb zu einer “kleinen, geilen Firma”. Eine „kleine, geile Firma“ ist ein Start-up oder bereits länger bestehendes Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern, das es sich kennenzulernen lohnt. Dieses Interview entstand in Kooperation mit dem Berliner Online-Stadtmagazin Mit Vergnügen.
Was macht der Verlag ganz genau?
Grundsätzlich sind wir ein Verlag, machen also Bücher. Aber nicht irgendwelche. Als junger und relativ kleiner Verlag haben wir die Möglichkeit, Themen abseits des Mainstreams aufzugreifen und so richtige Lieblingsprojekte zu verwirklichen. Diese Leidenschaft merkt man auch an der sorgfältigen Gestaltung unserer Bücher. Wir machen nicht nur Inhalte, sondern auch Objekte.
Was macht den Metrolit Verlag anders?
Wir sind nicht auf der Suche nach dem nächsten „Shades of Grey”. Dabei würden wir, was die Finanzkraft angeht, auch nicht gegen die großen Verlage ankommen. Aber wir machen aus der Not eine Tugend.
Seit wann gibt es Euch?
Seit ziemlich exakt zwei Jahren. Wir hatten im Februar Geburtstag. Aber es fühlt sich schon viel länger an.
Wie viele Leute arbeiten bei Euch?
Also, vier gehören fest zum Team. Und dann gibt es noch einen Haufen von Personen, die sehr wichtig für den Verlag sind, und ohne die es nicht gehen würde.
Zum Beispiel?
Zum Beispiel unsere Grafiker. Tolle Leute. Oder unser Vertriebsteam, das in den Buchhandlungen der Nation für uns unterwegs ist. Menschen, die viel in der Branche unterwegs sind und uns auf interessante Stoffe aufmerksam machen. Das ist sehr wichtig.
Was habt Ihr vor Metrolit gemacht?
Die meisten von uns waren bei anderen Verlagen. Oder hatten ihren eigenen. Peter zum Beispiel Walde + Graf. Den Verlag gibt es jetzt immer noch, aber als Walde + Graf bei Metrolit. Und Lars hat in München damals den legendären Blumenbar Verlag mitgegründet.
Wie sieht Euer Mitarbeiter des Monats aus?
Mona ist Verlagsassistentin. Sie ist überall da, wo es brennt. Hauptsächlich kümmert sie sich um Marketing und Presse. Dazu gehört zum Beispiel die Produktion der Verlagsvorschau, die unser wichtigstes Marketinginstrument ist.
Die Stimmung auf dem Buchmarkt ist gerade nicht so prickelnd. Warum habt Ihr Euch trotzdem dafür entschieden, einen Verlag zu gründen?
Na ja, wahrscheinlich musste man schon lange verrückt sein, um einen Verlag zu gründen. Das wird nicht besser. Stimmt. Jemand, der nach dem großen Geld sucht, hätte das wahrscheinlich auch nicht getan. Aber wir glauben daran, dass schöne Bücher und gute und besondere Inhalte immer ihre Leserinnen und Leser finden werden. Und bisher bewahrheitet sich das.
Von „Wie Sie Ihre Katze zum Internet-Start machen” bis zu „Nachtleben Berlin - 1974 bis heute”: Wie wählt Ihr die Bücher aus, die Ihr verlegt?
Da gibt es viele verschiedene Wege. Manchmal bekommen wir Manuskripte von Literaturagenturen, wenn die denken, dass die Inhalte zu uns passen. Manchmal lesen wir in Zeitungen und Zeitschriften von spannenden Autorinnen und Autoren im Ausland und sichern uns die Rechte. Manchmal entwickeln wir selbst Buchideen. Manchmal sprechen uns Autorinnen und Autoren auch direkt an. Manchmal sind es Freunde, die auf spannende Themen gestoßen sind. Manchmal ist es auch das klassische Wiederentdecken in Antiquariaten. Zusammengefasst: sehr viele Gespräche und Detektivarbeit.
Welchen Themen widmet Ihr Euch dabei hauptsächlich?
Der Popkultur im weitesten Sinne. Das kann Musik, ein Internetphänomen, ein Tattookünstler, eine Jugendbewegung oder auch einfach der richtige Ton in einem Roman sein.
Und wie sieht dann so ein Prozess aus: von der Idee eines Buches bis zum fertigen Produkt?
Das kann man so kurz nicht beantworten. Es gibt viele Schritte vom Manuskript bis zum fertigen Buch. Viele mehr, als man so ahnt. Und es kommt auch sehr auf die Art des Buches an. Ist es eine Übersetzung, ein im Verlag konzeptioniertes Sachbuch, deutschsprachige Gegenwartsliteratur oder eine Graphic Novel.
Kannst Du das an einem Beispiel veranschaulichen?
Bei einer Übersetzung ist es am einfachsten. Erst mal muss jemand den Stoff „aufspüren“. Klar. Dann gibt es einen Übersetzer. Während wir auf den Text warten, sitzen schon die Grafiker an einem Briefing und tüfteln an der Gestaltung des Buches. Über Format und Ausstattung, wird dann später im Verlag entschieden. Wenn der Text übersetzt ist, folgt das Lektorat, der Text wird gesetzt und dann kommen mehrere Korrekturläufe, bis man dann endlich die Fahnen in den Händen hält.
Damit steht der Inhalt des Buches.
Genau. Nur noch nicht gedruckt. Der geht zusammen mit den Angaben zur finalen Form des Buches an die Druckerei. Die Presse- und die Veranstaltungsabteilung, ebenso Marketing und Vertrieb, wissen dann schon lange, dass es das Buch geben wird und tragen die gute Kunde in die Öffentlichkeit, in den Buchhandel und auf die Plakatwände.
Euer wichtigstes Arbeitsutensil?
Die To-Do-Liste. Sie ist wie die unendliche Geschichte. Nur nicht so spannend. Und am Ende des Tages hat man doch wieder nicht geguckt, was man sich am Morgen vorgenommen hatte. Die Frage, wieso sie so wichtig ist, bleibt also offen.
Wo kann man Eure Bücher kaufen?
Auf unserer Webseite, in jeder Buchhandlung und bei den Online-Händlern, zum Beispiel bei Kohlibri.
Thema Amazon & Co.: Was sind die Vor- und Nachteile von großen und kleinen Bücherhändlern?
Kleine Verlage haben nicht die Vertriebsmacht, um automatisch in den großen Handelsvertriebsketten aufzutauchen. Hier besteht also grundsätzlich ein Problem. Amazon, tja. Wir betrachten Amazons Monopolstellung natürlich kritisch. Dass es aber total praktisch ist, bei Amazon zu bestellen, das wissen wir natürlich auch. Ich denke, ich kann für alle Metroliten sprechen, wenn ich sage, dass wir lieber in kleinen Buchhandlungen auf Tour gehen und dabei Dinge entdecken, die wir wahrscheinlich nirgendwo anders gefunden hätten.
Fast alle eure Bücher gibt es aber auch als E-Books. Analog oder digital: Was verkauft sich bei Euch besser?
Analog. Definitiv! Aber das liegt auch an der Art der Bücher, die wir machen. Historische Romane oder Kriminalliteratur zum Beispiel, da wird mittlerweile ziemlich viel digital gelesen. Aber grundsätzlich ist die Tendenz überall steigend. Wir verkaufen von unseren Büchern mittlerweile 5 – 10 Prozent als E-Book.
Warum sind E-Books, obwohl ja kein Papier dafür benötigt wird, eigentlich so teuer?
Es gibt so viele Leute, die an einem Buch mitarbeiten. Der Autor an erster Stelle, dann gibt es vielleicht noch einen Agenten, eine Übersetzerin, eine Lektorin, jemanden, der sich um Layout, den Satz, das Cover, Marketing und Pressearbeit kümmert. Und dann gibt es ja auch beim E-Book den Rabatt für den Händler.
Lest Ihr selbst privat mehr E-Books oder richtige Bücher?
Gedruckte Bücher. Vor allem, wenn es um „privates” Lesen geht! Aber wenn viele Manuskripte geprüft werden müssen, dann ist so ein Reader doch sehr sinnvoll.
Dieser Beitrag ist in Kooperation mit „Mit Vergnügen“ entstanden. Auf mitvergnuegen.com erfahrt Ihr, wie METROLIT sich am Anfang finanziert haben und wie wichtig der Standort Berlin für sie ist.
Fotos: Milena Zwerenz