Podolski hält einen Fußball in die Kamera mit Vodafone Logo für die Baller League
Auf dem Bild vom DAZN Unlimited-Artikel sind die Fußballstars Erling Haaland, Harry Kane, Kylian Mbappé und Florian Wirtz abgebildet. Von links nach rechts trägt Haaland das hellblaue Trikot von Manchester City, Kane das rote Trikot des FC Bayern München, Mbappé das weiße Trikot von Real Madrid und Wirtz das rote Trikot von Bayer Leverkusen. Die Spieler sind in dynamischen Posen dargestellt, vor einem hellen, himmlischen Hintergrund mit einem angedeuteten Stadion. Unten im Bild befinden sich die Logos von DAZN und der UEFA Champions League.

Experten-Interview: Was Sprachqualität am Telefon ausmacht

Sprache ist der Schlüs­sel jed­er Kom­mu­nika­tion – dass man sie ver­ste­ht und „entschlüs­seln“ kann, ist die Grund­vo­raus­set­zung. Heute kön­nen wir uns dank HD-Voice-Qual­ität sog­ar über unsere Handys so gut hören, als wür­den wir unseren Gesprächspart­nern direkt gegenüber ste­hen. So geht im besten Fall keine Beto­nungsnu­ance, keine Silbe ver­loren – und ger­ade die machen oft den entschei­den­den Unterschied.

Was passiert, wenn die Ver­ständlichkeit ein­er Infor­ma­tion eingeschränkt ist, und warum es ger­ade am Tele­fon wichtig ist, sich richtig zu ver­ste­hen, weiß der Sprach­wis­senschaftler Prof. Dr. Thomas Niehr von der RWTH Aachen.

Herr Prof. Dr. Niehr, wie wichtig ist es, dass in einem Gespräch – beson­ders über das Tele­fon – bei­de Gesprächspart­ner laut und deut­lich zu ver­ste­hen sind?
Über mündliche Sprache trans­portieren wir die Infor­ma­tio­nen, die wir ver­mit­teln wollen. Eine ver­lust­freie Über­tra­gung dieser Botschaft ist das Opti­mum, weil bei Tele­fonge­sprächen die visuelle Ebene fehlt. Das heißt, ich kann die Mimik und Gestik meines Gegenübers nicht beobacht­en. Ich bekomme bei einem Face-to-Face-Gespräch also mehr Infor­ma­tio­nen, die zum Ver­ständ­nis der Botschaft beitra­gen. Da das in einem kon­ven­tionellen Tele­fonge­spräch fehlt, ist der Sprachkanal der einzige, der mir zur Ver­fü­gung ste­ht. Daher sollte die Infor­ma­tion, die ich daraus ent­nehmen kann, möglichst ver­lust­frei über­tra­gen werden.

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Wenn die Sprachqual­ität bei einem Tele­fonat nicht beson­ders hoch ist, welche Infor­ma­tions- oder Kom­mu­nika­tion­sebe­nen gehen am schnell­sten verloren?
Das ist schwierig zu beant­worten. Wir haben zunächst kein großes Prob­lem damit, wenn einzelne Wörter schlecht oder gar nicht ver­ständlich sind. Bis zu einem gewis­sen Grad kön­nen wir das ergänzen. Aber es gibt natür­lich Gren­zen. Wenn die Verbindung sehr schlecht ist, gibt es irgend­wann einen Punkt, an dem wir das Gespräch abbrechen müssen. Ich hat­te diese Sit­u­a­tion kür­zlich, als ich am Bahn­hof angerufen wurde – mit den üblichen Hin­ter­grundgeräuschen wie Laut­sprecher­durch­sagen und so weit­er. Da ist es natür­lich sehr schwierig, die wichti­gen Infor­ma­tio­nen rauszu­fil­tern. Das heißt, es gibt irgend­wann eine Stufe, an der die Qual­ität so schlecht ist, dass wir die Infor­ma­tion nicht mehr entschlüs­seln können.

Was passiert, wenn auf Grund ein­er schlecht­en Sprachqual­ität beispiel­sweise die Beto­nung leidet?
Bei ein­er schlecht­en Sprachqual­ität kann die Beto­nung recht schnell ver­loren gehen. Das kann zu Missver­ständ­nis­sen führen, die wir im Schriftlichen beispiel­sweise nicht hät­ten. Wenn das Geschriebene kor­rekt ist, sind Nachricht­en oft unmissver­ständlich – ste­ht zum Beispiel hin­ter einem Satz ein Frageze­ichen, ist klar, dass es als Frage gemeint ist. Rein vom Satz her ist das aber häu­fig nicht ein­deutig. Zum Beispiel „Nehmen Sie dieses Medika­ment täglich“. Schriftlich brauche ich ein Frage- oder Aus­rufeze­ichen. Im Mündlichen ist hier die Beto­nung natür­lich sehr wichtig – und deshalb natür­lich auch ihre ver­lust­freie Übertragung.

In Bezug auf die Beto­nung in der schriftlichen Kom­mu­nika­tion: Kön­nen Satzze­ichen und Emoti­cons Infor­ma­tio­nen ver­mit­teln, die son­st nur der Sprachkom­mu­nika­tion vor­be­hal­ten sind?
Wenn wir Chatkom­mu­nika­tion nehmen – also schriftliche Kom­mu­nika­tion –, fällt vieles wie Gestik, Mimik und Ton­fall weg. Emoti­cons sind der Ver­such, dieses Defiz­it der schriftlichen Kom­mu­nika­tion gegenüber der mündlichen auszu­gle­ichen. Insofern ist diese Chat­sprache fast schon ein Zwis­chend­ing zwis­chen mündlich­er und schriftlich­er Kom­mu­nika­tion, weil Merk­male der Mündlichkeit über Emoti­cons und Schriftze­ichen wieder reinge­holt werden.

Herr Prof. Dr. Niehr, ich danke Ihnen für das auf­schlussre­iche Gespräch.

Zur Per­son:
Prof. Dr. Thomas Niehr lehrt am Insti­tut für Sprach- und Kom­mu­nika­tion­swis­senschaft der Rheinisch-West­fälis­chen Tech­nis­chen Hochschule (RWTH) in Aachen Sprach­wis­senschaft und beschäftigt sich ins­beson­dere mit dem öffentlichen Sprachge­brauch. Er ist erster Vor­sitzen­der der Arbeits­ge­mein­schaft Sprache in der Poli­tik e.V. und Mit­glied der Gesellschaft für Ange­wandte Lin­guis­tik.  Mit der Methodik, Vielfältigkeit und einem inter­na­tionalen Ver­gle­ich des öffentlichen Sprachge­brauchs beschäftigt sich der Uni­ver­sität­spro­fes­sor unter anderem in seinen Büch­ern „Ein­führung in die Poli­tolin­guis­tik“ (2014) sowie „Der Stre­it um Migra­tion in der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land, der Schweiz und Öster­re­ich: Eine ver­gle­ichende, diskurs­geschichtliche Unter­suchung“ (2004).

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