Digital Life
Filmprojekt „World Brain“: Das Gedächtnis der Welt
Eine Erzählung, die man wie ein Buch lesen, wie eine Karte erkunden und wie einen Film ansehen kann. Was unverständlich klingt, ist das Transmedia-Projekt zweier französischer Künstler. Die Frage nach der physischen Beschaffenheit des Internets hat sie angetrieben, dieses Projekt zu erschaffen, das sich in keine Schublade pressen lässt.
Wenn Du diesen Blog liest, gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass du einen guten Teil Deines Lebens im Netz verbringst, diesem nicht greifbaren, all umfassenden Ort, zu dem man nahezu immer und überall Zugang hat. Wir quatschen hier, treffen Freunde, shoppen, hören Musik und gucken uns die neuesten Serien an.
Woraus besteht das Internet?
Doch wie sieht dieser Ort aus? Wie ist er beschaffen und woraus besteht er? Die beiden französischen Künstler Stéphane Degoutin und Gwenola Wagon haben sich mit ihrem Projekt „World Brain“ auf die Suche nach dem Gedächtnis der Welt begeben. Ihre Reise führte sie zu Tiefseekabeln am Grunde des Ozeans, in schwer bewachte Datenzentren und in den Wald, in dem ein paar Forscher nur mit der Hilfe von Wikipedia überleben sollten.
Herausgekommen ist ein transmediales Projekt, das das Internet aus einem ganz anderen Blickwinkel beleuchtet, als wir es normalerweise gewohnt sind. Statt Datensicherheit, Devices und Kommunikation geht es hier um Tiefseekabel, die physische Beschaffenheit von Daten, Vernetztheit und schlafenden Katzen.
Foto: Arte Worldbrain
Der Film ist eigentlich eine Collage
Da die beiden Macher nun mal Künstler sind und Künstler selten das machen, was andere machen würden, ist der Film keiner, den man sich von vorne bis hinten anguckt. Er wurde zerstückelt und auf einer Art Collagen-Website verteilt. Der Zuschauer kann die Videos in der richtigen Reihenfolge gucken, kann aber auch beliebig von Kapitel zu Kapitel springen oder sich Texte, Bilder, Ideen und Links zu dem jeweiligen Thema zu Gemüte führen, die rund um den Video-Schnipsel verteilt liegen.
Auch das Story-Format lässt sich nicht so einfach festlegen. Die beiden Franzosen wechseln unablässig zwischen kleinen Geschichten und davon unabhängigen dokumentarischen Elementen. Auch zum Format zählen muss man die Website an sich, die es dem Nutzer überlässt, ob er nun weiter Videos gucken, oder sich selbst in ein Thema vertiefen will.
Das Projekt ist wirklich spannend und bietet mal einen ganz anderen Blick auf dieses Ding, das wir Internet nennen und mit dem wir uns nahezu jeden Tag beschäftigen. Auf der chaotisch anmutenden Website kann man sich recht schnell verlieren und wenn man sich etwas näher damit beschäftigt, ist es ein gelungener Perspektivenwechsel, eine andere Sicht auf viele Dinge, die wir inzwischen als selbstverständlich erachten.
Headerbild: World Brain/Irreverence Films