Noemi Ristau und Paula Brenzel in Skianzug
Eine Person mit einem Smartphone in der Hand während sich im Hintergrund ein Telekommunikationsturm befindet
Podolski hält einen Fußball in die Kamera mit Vodafone Logo für die Baller League
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Female-Power bei den Paralympics: Das Ski-Duo Noemi Ristau und Paula Brenzel im featured-Interview

Sie ist mit Geschwindigkeit­en von über 100 Kilo­me­ter pro Stunde beim Speed­s­ki unter­wegs oder meis­tert steile und schnelle Kur­ven­ab­fol­gen im Slalom. Wenn Du Noe­mi Ris­tau auf der Piste siehst, würdest Du nie ver­muten, dass sie nur noch zwei Prozent ihrer Sehkraft besitzt. Gemein­sam mit ihrer Begleitläuferin Paula Bren­zel hat sie sich im Dezem­ber 2021 für die Par­a­lympics in Peking qual­i­fiziert. Zwis­chen ihren vie­len Train­ing­sein­heit­en tre­f­fen wir die bei­den zum virtuellen Inter­view. Wie sich das weib­liche Ski-Duo gegen­seit­ig mit Kampfgeist, Fre­und­schaft und jed­er Menge Female-Pow­er stärkt, erfährst Du hier.

„Noe­mi ist eine der stärk­sten, kämpferischsten und ehrgeizig­sten Men­schen, die ich kenne. Ich sage auch immer, dass sie eine Inspi­ra­tion für mich ist, weil sie ein­fach so schafft, was manche sehen­den Men­schen nicht mal schaf­fen.“

So beschreibt die Sport­stu­dentin Paula ihre Ski-Part­ner­in Noe­mi. Nach drei gemein­samen Jahren als Para-Ski-Duo verbindet die bei­den nicht nur der Sport, son­dern auch eine beson­dere Fre­und­schaft. In atem­ber­auben­der Geschwindigkeit geht es für bei­de die Piste herunter, dabei ist Noe­mi ihrer Guidin Paula immer dicht auf den Fersen. Paula gibt Noe­mi auf der Piste die notwendi­gen Anweisun­gen für den Ski­lauf, sozusagen als ihr „zweites oder drittes Auge“.

Die Erkrankung Mor­bus Star­gardt führte bei Noe­mi ab dem Alter von 12 Jahren zu ein­er stück­weisen Erblind­ung. Seit ein­er Bronzemedaille bei der WM 2017 ist sie Teil der deutschen National­mannschaft Para Ski Alpin. Nach ver­let­zungs­be­d­ingten Pausen im ver­gan­genen Jahr kann sie in dieser Sai­son wieder voll ein­steigen. Am 4. März nehmen die bei­den an den Par­a­lympics in Chi­na teil.

Noemi Ristau und Paula Brenzel im Doppelpack

Togeth­er we Ski: Für das Duo Noe­mi Ris­tau (links) und Paula Bren­zel (rechts) geht es mit unglaublichen Geschwindigkeit­en die Piste herunter.

Noemi, Du musst Dich bedingungslos auf Paula verlassen können. Wie habt Ihr dieses Vertrauen aufgebaut?

Noe­mi: Natür­lich entwick­elt sich das Ver­trauen über eine Zeit. Bei mir ist das schon so, dass ich in den ersten zwei bis drei Tagen merke: Kann ich dem­jeni­gen ver­trauen? Hat das Poten­zial, oder kann ich es lassen? Bei Paula habe ich mich von Anfang an sich­er hin­ter ihr gefühlt. Ich habe und auch gemerkt, dass sie weiß, was sie tut und hat­te direkt Ver­trauen zu ihr. Obwohl sich das über die let­zten drei Jahre, die wir zusam­men­fahren, nochmal in jeglichen Bere­ichen ver­stärkt hat.

Paula: Ich meine, Noe­mi muss mir ja nochmal mehr ver­trauen als ich ihr. Aber es war bei uns so, dass es gle­ich gepasst hat. Es hat ein­fach gut funk­tion­iert und har­moniert. Ver­trauen steigert sich, je bess­er unser Zusam­men­spiel ist, desto mehr baut sich das Ver­trauen auf. Bei uns kommt noch hinzu, dass wir auch noch eine fre­und­schaftliche Ebene entwick­elt haben. Das war von Anfang an nicht so, da wir ja auch unter­schiedliche Typen von Men­schen und altersmäßig fast 10 Jahre auseinan­der sind. Es war auch nicht immer alles toll in den ver­gan­genen drei Jahren – es waren auch viele Ver­let­zun­gen dabei. Hät­ten wir nicht so eine gute per­sön­liche Bindung, dann weiß ich nicht, ob wir das so gut über­standen hät­ten, die ganzen Tiefs.

Habt Ihr eine Sprache oder Zeichen beim Skifahren entwickelt, die nur Ihr versteht?

Paula: Ich würde schon sagen, dass wir unsere eigene Sprache haben und uns irgend­wo auch blind ver­ste­hen auf der Piste, weil wir so eng zusam­me­nar­beit­en und auch wis­sen, was genau in der Sit­u­a­tion im anderen vorge­ht. Um es auf das Ski-Fahren zu beziehen ist es so, dass wir als Blind­en-Paar schon eine eigene Sprache entwick­elt haben. So wie wir uns im Ski-Fahren weit­er­en­twick­eln, so entwick­elt sich auch die Sprache mit.

Noe­mi: Wir müssen es auch gar nicht unbe­d­ingt ver­bal äußern, aber wis­sen, was der andere meint.

Vor wenigen Jahren haben wir zusammen eine besondere Challenge gestartet: Mit 5G-Unterstützung ist Noemi allein die Piste gefahren: Wie habt Ihr das Erlebnis wahrgenommen?

Noe­mi: Es war das erste Mal allein auf der Piste. Von daher war es umso mehr ein Ver­trauens­d­ing, weil Paula gar nicht vor mir war. Das heißt, sie hätte im Not­fall gar nicht ein­greifen kön­nen. Ich erin­nere mich gut, dass ich mich gar nicht so unwohl gefühlt habe, weil ich Paula weit­er­hin auf meinen Ohren hat­te. Ohne Head­set kön­nte ich nicht fahren – ich glaube, es war für Paula in dem Room noch viel aufre­gen­der mich die Piste runter zu guiden. Ich habe mich recht gut und sich­er gefühlt. Es war schon Wahnsinn dort allein run­terz­u­fahren. Allein der Gedanke, der kam zwis­chen­durch „Ich bin jet­zt hier alleine“ (lacht). Das war schon ziem­lich ver­rückt.

Paula: Es ist ja mit­tler­weile auch schon fast drei Jahre her. Damals sind wir erst seit einem hal­ben Jahr zusam­menge­fahren. Mit­tler­weile sind wir men­schlich und sportlich auf ein­er ganz anderen Ebene, als wir es da waren. Wir haben uns so enorm weit­er­en­twick­elt. Da war das Ver­trauen noch gar nicht so krass da, wie es heute ist.

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Inwiefern spielt es eine Rolle, dass Du eine weibliche Partnerin hast?

Noe­mi: Ich würde sagen, es macht einen Unter­schied bezo­gen auf die Sprache, weil ich schon mit anderen weib­lichen Guides gefahren bin und ein­fach mit der Zeit gel­ernt habe, dass die meis­ten Frauen eine minu­tiösere Stimm­lage haben und ich viel mehr bei den Kom­man­dos raushören kann. Mein Guide vorher hat­te eine recht monot­o­ne Stimme, er musste immer viel mehr dazu sagen. Bei Paula höre ich vieles schon direkt raus.

Paula: Bei mir ist es so, wenn irgend­wo eine leichte Welle kommt, geht meine Stimme auch direkt mit. Wir arbeit­en ja schon eng zusam­men – da ist es ja auch oft­mals so, dass Frauen Frauen bess­er ver­ste­hen als Män­ner Frauen.

Was bedeutet Female Empowerment für Euch und euren Sport?

Noe­mi: Dass ich als Frau zeigen kann, was ich für eine Leis­tung erbrin­gen kann, wie stark ich sein kann und auch ein Vor­bild sein kann. Und wir auch zusam­men als Team Großes erre­ichen kön­nen. Mein Lebens­mot­to ist, alles schaf­fen zu kön­nen, was ein sehen­der Men­sch auch schafft. Ob mit Hil­fen oder ohne. Ich glaube, ich habe auch schon viele Tiefen erlebt in meinem Leben, sodass ich mich da auch immer gut wieder rauskämpfen kann, aber mich dies natür­lich auch prägt.

Paula: Female Empow­er­ment bedeutet für mich zu zeigen, dass wir Frauen nicht das schwächere Geschlecht sind. Wir sind so stark und wir kön­nen so viel. Ich glaube, dass Noe­mi und ich da ein­fach für viele Frauen auch ein großes Vor­bild sind. Was wir gemein­sam schaf­fen und wie ehrgeizig wird sind. Was sich Noe­mi auch ein­fach traut – der Mut der da auch dahin­ter­ste­ht.

Welche weiblichen Inspirationen habt Ihr?

Paula: Ich sage immer, dass Noe­mi meine Inspi­ra­tion ist. Wenn ich denke oder merke „Ich schaffe das irgend­wie nicht“ oder ich hadere oder zweifele, denke ich mir, dass Noe­mi zwei Prozent sieht und es auch hin­bekommt. Das inspiri­ert mich als sehen­den Men­schen.

Noe­mi: Mich motiviert natür­lich auch meine Fam­i­lie und meine Fre­unde und jet­zt mit­tler­weile auch, dass ich ein Vor­bild bin. Wenn ich Nachricht­en von anderen Mädels bekomme wie „Hey, wie hast Du das geschafft?“ oder „Ich habe auch ange­fan­gen mit dem Sport, weil ich gese­hen habe, was Du hinkriegst“ motiviert mich das. Natür­lich ist das dann total berührend und toll. Das inspiri­ert mich weit­erzu­machen.

Welche Situationen gab es, in denen Ihr mit Vorurteilen gegen Frauen konfrontiert wurdet?

Paula: Es wird beim Ski-Fahren auch nach wie vor gerne gesagt „Fahr mal nicht so wie ein Mäd­chen“ oder „Jet­zt hör mal auf mit dem Damen-Ski­fahren“, weil zu hüb­sch oder zu zurück­hal­tend fahre – das war dann Damen­ski­fahren. Die Leute, die das sagen meinen das auch nicht böse, aber es ist halt so tief in unseren Struk­turen ver­ankert, dass sowas mit Leichtigkeit gesagt wird ohne, dass die Leute groß drüber nach­denken.

Noe­mi: Bis ich 22 Jahre alt war, war ich ja gar nicht im Leis­tungss­port drin, deswe­gen habe ich es in der Jugend noch nicht so miter­lebt und ich glaube, dass es ger­ade im Behin­derten­sport noch ein­mal weniger ist als im nor­malen Sport.

Paula: Ja im Behin­derten­sport ste­ht dann nochmal mehr die Behin­derung im Vorder­grund und dann erst das Geschlecht. Das ist ja auch eigentlich was Pos­i­tives, dass das Geschlecht im Behin­derten­sport nicht so eine große Rolle spielt, wie in ‚nor­malen‘ Sportarten.

Welche Anregungen oder Tipps zum Thema Female Empowerment möchtet Ihr Euren Fans mitgeben?

Noe­mi: Generell würde ich sagen: Gebt nie auf! Steckt den Kopf nicht in den Sand! Es gibt immer einen Ausweg. Kämpft weit­er und kämpft gemein­sam weit­er! Das sind Schlag­wörter, die mir ger­ade in den Kopf kom­men.

Paula: Ich würde noch ganz grund­sät­zlich sagen: Habt keine Berührungsäng­ste und geht auf Leute mit Behin­derun­gen zu. Geht auf blinde Men­schen zu, geht auf Men­schen im Roll­stuhl zu. Schaut nicht doof geht auf sie zu und behan­delt sie wie ganz nor­male Men­schen. Es gibt keine dum­men Fra­gen.

Gibt es Dinge, die Dich im Sport beson­ders motivieren? Lass uns Deine Erfahrung in den Kom­mentaren wis­sen.

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