Podolski hält einen Fußball in die Kamera mit Vodafone Logo für die Baller League
Auf dem Bild vom DAZN Unlimited-Artikel sind die Fußballstars Erling Haaland, Harry Kane, Kylian Mbappé und Florian Wirtz abgebildet. Von links nach rechts trägt Haaland das hellblaue Trikot von Manchester City, Kane das rote Trikot des FC Bayern München, Mbappé das weiße Trikot von Real Madrid und Wirtz das rote Trikot von Bayer Leverkusen. Die Spieler sind in dynamischen Posen dargestellt, vor einem hellen, himmlischen Hintergrund mit einem angedeuteten Stadion. Unten im Bild befinden sich die Logos von DAZN und der UEFA Champions League.

Der Lehrer der Zukunft ist Game-Designer: Ein Interview mit Karim Amrani

Als Teenag­er flog er von der Schule, jet­zt rev­o­lu­tion­iert er das Bil­dungssys­tem: Der nieder­ländis­che Design­er und Päd­a­gogik-Inno­va­tor Karim Amrani will ödes Pauken zu einem aufre­gen­dem ‚Game’ machen. Die Wis­senschaft­sjour­nal­istin Enith Vlooswijk hat Amrani seine Lebens­geschichte ent­lockt und ließ ihn seine Vision von Tech­nolo­gie im Unter­richt erzählen.

Jeden Dien­stag­mor­gen um neun wün­schte er sich, es wäre schon eine Stunde später. Karim Amrani (28) erin­nert sich noch leb­haft daran, wie lang­weilig er als Schüler die Franzö­sis­chstun­den fand. “Ich sah mir keine franzö­sis­chen Filme an und bin auch nicht nach Frankre­ich in Ferien gefahren. Und dann mach mal einem 13-Jähri­gen klar, warum er Franzö­sisch ler­nen soll. Aber ich musste es ein­fach ler­nen – Ende der Diskus­sion. Und so bekam ich schlechte Noten.”

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Amrani sitzt an einem Tisch in der Ams­ter­damer Zen­tral­bib­lio­thek und trinkt Min­er­al­wass­er aus ein­er kleinen Flasche. Er ist klein, trägt einen dun­klen Kinnbart und sieht mich aus fre­undlichen Augen an. Den größten Teil sein­er Zeit ist er unter­wegs. Seinen Lap­top immer ein­satzbere­it, besucht er Schulen und Museen, ver­mit­telt Dozen­ten das The­ma Inno­va­tion und lässt sich gerne von seinen Gesprächspart­nern inspiri­eren. Er war schon oft Red­ner bei den in den Nieder­lan­den so pop­ulären TEDx-Inno­va­tionsvorträ­gen und wurde unter anderem vom Ams­ter­damer Sci­ence Cen­ter Nemo, dem Lehrmit­telver­lag Malm­berg und dem nieder­ländis­chen Ken­nis­net engagiert. Sein großes Ziel: den Unter­richt verbessern.

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Bildung als ‚Reisebüro’

“Ich finde, Unter­richt sollte mehr wie ein Reise­büro sein,” erk­lärt er. “Da begeis­tert man Dich für ein Reiseziel und hil­ft Dir hinzukom­men. Man konzen­tri­ert sich auf ein End­pro­dukt, einen Traum. Schulen tun das lei­der über­haupt nicht. Nach der Sekun­darstufe II haben die meis­ten Kinder abso­lut keine Ahnung, was sie eigentlich wollen und was für sie möglich sein könnte.”

Der junge Karim dage­gen wusste, wie sein zukün­ftiger Weg ausse­hen sollte: Als er etwa 12 Jahre alt war, brachte er sich selb­st das Pro­gram­mieren bei, um Spiele zu entwick­eln. Auf einem alten Com­put­er, der sich jede halbe Stunde über­hitzte, lernte er in kurz­er Zeit, viel zu bewe­gen. Wenn er wusste, warum er etwas tat, dann war er auch lern­be­gierig. Mathe zum Beispiel war nüt­zlich fürs Pro­gram­mieren. Bei Fäch­ern wie Franzö­sisch und Chemie fehlte ihm diese Moti­va­tion, weshalb er schließlich zum zweit­en Mal sitzen blieb und die Schule ver­lassen musste. Der Direk­tor fand, dass er bess­er zur Hauptschule gehen sollte, um Zim­mer­mann zu wer­den. “In einem Test gab ich an, dass ich gerne etwas mit meinen Hän­den machen würde. Dabei dachte ich allerd­ings mehr an Robot­er bauen oder so”, sagt er lachend.

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Amrani schlug den Rat des Direk­tors in den Wind und absolvierte eine verkürzte Sek-II-Aus­bil­dung – zusam­men mit Erwach­se­nen. Die Unter­richts­form war einzig und allein auf den Erwerb des Abschlusses aus­gerichtet. “Wir lern­ten die Sache prag­ma­tisch anzuge­hen und 80% zu erre­ichen. So habe ich schließlich doch noch meinen Abschluss geschafft. Das hat mich aber auch endgültig davon überzeugt, dass das nieder­ländis­che Bil­dungssys­tem dur­chaus Opti­mierungspoten­zial hat.”

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Dass es auch anders ging, sah er bei Pro­jek­ten, die er während seines Auf­baus­tudi­ums an der Hochschule von Utrecht absolvierte: Amrani pro­gram­mierte eine App, mit der man spielerisch das Ein­maleins üben kann, einen inter­ak­tiv­en Sand­kas­ten und ein pro­jizier­bares Com­put­er­spiel, das mit ein­er von den Kindern selb­st gebastel­ten Stadt aus Papi­er interagiert.

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Unsichtbare Technologie

Spielerisch ler­nen mit der gle­ichen Begeis­terung, mit der man eine Spielkon­sole bedi­ent – das ist Unter­richt, wie er Amrani vorschwebt. “Man kann im Unter­richt viel mehr erre­ichen, wenn man Tech­nolo­gie und Päd­a­gogik unsicht­bar in einem Spiel ver­ar­beit­et – solange das Ziel konkret ist und nicht zu weit in der Zukun­ft liegt.” Vier Jahre lang trug der Bil­dungsin­no­va­tor diese Botschaft in Schulen, Museen und Bib­lio­theken, um schließlich doch zu der ernüchtern­den Ein­sicht zu kom­men: Wenn man das Bil­dungssys­tem verän­dern will, sollte man nicht bei den Schulen selb­st vorstel­lig werden.

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„Kaum war ich weg, wurde näm­lich der inter­ak­tive Sand­kas­ten wieder eingepackt und alles blieb beim Alten. Eine Schule ist ein kom­plex­es Sys­tem – man kann es mit einem 100-jähri­gen Apfel­baum ver­gle­ichen. Wenn man Inno­va­tion möchte, kann man alle möglichen Obst­sorten in den Baum hän­gen: Bana­nen, Bir­nen, Orangen. Aber im Herb­st fällt alles wieder von den Zweigen und im Früh­ling wach­sen wieder gewöhn­liche Äpfel am Baum.” Amrani besucht immer noch regelmäßig Schulen, aber jet­zt richtet sich sein Ehrgeiz auf die Grün­dung ein­er Online-Schule, die eine Mil­liarde Schüler bedi­enen soll. Für Schüler, die lieber als alles andere online ler­nen wollen. “Das geht auf alle möglichen Arten”, erk­lärt er begeis­tert. “Bei kleinen Kindern kann man beispiel­sweise durch Pro­jek­tio­nen das Schlafz­im­mer in eine Dinosauri­er-Welt ver­wan­deln – oder in einen tro­pis­chen Regen­wald. Dann kön­nen sie spielerisch alles darüber ler­nen. Für Erwach­sene gibt es andere, geeignetere Formen. “

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Neue Formen des Unterrichts

Ler­nen mit der Hil­fe von Smart­phone, Tablet oder Com­put­er, in Grup­pen oder alleine, wann immer man will – Karim sucht noch nach geeigneten For­men, denn es müsse eine bessere Lösung geben, als die aktuell ver­füg­baren Online-Kurse. “Dass da etwa 95% der Teil­nehmer abbrechen, liegt vor allem daran, dass man sich erst­mal zig Stun­den lang Anleitun­gen anschauen muss. Ich habe vor Kurzem einen Onlinekurs entwick­elt, in dem den Teil­nehmern in fünf Schrit­ten von jew­eils fünf Sekun­den erk­lärt wird, wie man selb­st eine App entwick­elt. Der Kurs wurde in den let­zten drei Wochen unge­fähr 2500 Mal genutzt. So lernt man, was angenom­men wird und geht von da aus dann schrit­tweise weit­er.” Dass eine Mil­liarde Nutzer extrem hoch ange­set­zt ist, weiß Amrani natür­lich. Und auch, dass er noch oft auf die Nase fall­en wird. “Vieles wird nicht funk­tion­ieren und schief gehen, aber so ist das eben. Wer läuft, stolpert auch hin und wieder. Aber wer nie stolpert, der läuft auch nicht schnell genug.”

Bild­nach­weis: © Dis­cov­ery Benelux

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