Digital Life
Assistenten im Auto: Schutzengel oder Chauffeur?
„Rechts ist frei“ sind die berühmten Worte eines Beifahrers. Der Spruch ist so alt, dass er bald schon gar nicht mehr gelten wird.
Der Beifahrer wird nämlich in Zukunft vermutlich nicht mehr gucken müssen, ob rechts frei ist: Autos sind ein fruchtbarer Boden für allerlei Technik, die immer cleverer wird und den Straßenverkehr sicherer machen soll. K.I.T.T. wird vielleicht bald Realität sein und unsere Art Auto zu fahren schleichend revolutionieren. Wir schauen, was war und was bald schon kommt.
Ey Siri, wo is‘ mein Auto?
2016 hat gerade erst begonnen, da freuen sich Auto-, Vernetzungs-, und besonders Autovernetzungs-Enthusiasten auf 2017. Der Grund dafür ist Volvo. Denn die Automarke aus Schweden hat vor kurzem angekündigt, nicht nur mit Siri und dem iPhone, sondern auch gemeinsam mit weiteren Smartphones eine Revolution zu starten: Volvo wird nämlich höchstwahrscheinlich der erste Hersteller sein, der neue Fahrzeug-Modelle komplett ohne herkömmlichen Autoschlüssel ausliefert.
Quelle: Youtube/ Volvo Cars
Der Autoschlüssel soll bei Volvo vollständig virtuell werden und ist in einer App auf Deinem Smartphone gespeichert. Der Clou: Du wirst sogar mehrere Autoschlüssel in der App aufbewahren und im Gegenzug auch Deinen Autoschlüssel an Familie, Freunde und Verwandte weitergeben können – ohne dabei auf Deinen eigenen verzichten zu müssen. Laut Volvo sollen davon auch Firmenflotten und Autovermietungen profitieren. Der virtuelle Schlüssel funktioniert über Bluetooth und kann den Wagen nicht nur auf- oder zuschließen, sondern auch gleich den Motor starten.
Wie steht es um die Sicherheit? Fest steht: Auch die herkömmlichen Autoschlüssel schließen per verschlüsselter Funk-Übertragung. Der Smartphone-Key setzt auf verschlüsseltes Bluetooth. Und wenn der Akku schlappmacht? Dann tust Du etwas für Deine Fitness und läufst. Oder Du rufst von einem anderen Gerät die speziell eingerichtete Volvo-Hotline an, die Dein Auto dann für Dich öffnet. Aber: Zum Losfahren brauchst Du wieder Dein Smartphone. Denn ohne Verbindung zu einem autorisierten Handy geht gar nichts. Vielleicht funktionieren die Strom-Anschlüsse in den neuen Modellen ja auch ohne Zündung. Volvo verspricht jedenfalls, dass Du Dir keine Sorgen machen musst. Wer sich diesem Trend trotzdem entziehen möchte, kann natürlich auch weiterhin einen ganz normalen Autoschlüssel für seinen neuen Volvo bekommen.
Warum Dein Beifahrer bald arbeitslos sein wird
Wer früher in der Kutsche vorne rechts saß, hatte die Macht über die Shotgun und somit die ehrenvolle Aufgabe, für die Sicherheit aller Mitfahrer zu sorgen. Das Gewehr ist Geschichte, aber der Ausruf bis heute geblieben. Kein Wunder, mittlerweile sitzt so ziemlich jeder gerne vorne. Der Beifahrer des 21. Jahrhunderts hat ja kaum noch Pflichten zu erfüllen: Der Streit um die verkehrt herum gehaltene Landkarte ist zum Beispiel schon komplett ausgestorben. Heutzutage verlassen wir uns auf das Navi, das uns manchmal durch die engsten Gassen oder abgelegensten Feldwege leitet, um einen Stau zu umfahren. Immer präzisere Sensoren und Darstellungsmöglichkeiten machen nun aber unser Auto zum eigentlichen Chauffeur. Damit wir uns nicht bevormundet vorkommen, heißen die Systeme Assistenten – wir können sie sogar abschalten. Adaptive Geschwindigkeitsregelung inklusive Bremsassistent, Spurhalteassistent, Parkassistent. Eine ganze Belegschaft verbirgt sich irgendwo zwischen Lenkrad und Stoßstange.
Viele Assistenten funktionieren durch Kameras. Ford wird ab Herbst 2015 eine sogenannte Split-View-Kamera im neuen S-Max und Galaxy verbauen. Es geht dabei um unübersichtliche Situationen, wie das Abbiegen aus einer engen Seitenstraße oder die Ausfahrt über einen hoch frequentierten Bürgersteig. Der Beifahrer ist dann abgemeldet und überlässt das Schauen dem 180 Grad Blickwinkel des Autos. Hier siehst Du, was das neue System kann:
Wenn aus der „Spaßbremse“ Dein Schutzengel wird
Vielleicht stehst Du der ganzen Technik ein wenig skeptisch gegenüber. Das kann sich jedoch schnell ändern, wenn Dir ein solcher Assistent im passenden Moment unter die Arme greift. Oftmals nimmt Dir die Technik nicht die Kontrolle, sondern beschützt Dich und Deine Mitfahrer. Bei durchschnittlich 140 Pferdchen unter der Haube liegt die Höchstgeschwindigkeit des durchschnittlichen Neuwagens in diesem Jahr jenseits der 200 Kilometer pro Stunde. Selbst mit den Reflexen eines Jetpiloten bist Du aufgeschmissen, wenn Du mit dieser Geschwindigkeit plötzlich auf ein Stauende triffst. Oder einen ausscherenden LKW. Ein adaptiver Geschwindigkeitsregler, also intelligenter Tempomat, erkennt solche Situationen einfach früher als Du selbst. Während Deine Synapsen hilflos die Reißleine für Adrenalin ziehen und Dein Fuß sich noch in Richtung Bremspedal bewegt, hat Dein Auto längst reagiert und Schlimmeres vermieden. Aus vermeintlich fahrspaßruinierenden Spielereien wird in diesem Moment Dein Schutzengel.
Andere Assistenten sind vielleicht weniger lebensrettend, dafür wahrer Luxus für die Bequemeren unter uns: Lichtassistent und Regensensor zum Beispiel. Sie bieten Dir Komfort. Und mit Komfort ist es so eine Sache: Wenn Du bislang noch keinen Lichtassistenten oder Regensensor in Deinem Auto hattest, dann wirst Du beides vielleicht für eher unnütz halten. Wenn Du beide aber gewöhnt bist, dann möchtest Du sie höchstwahrscheinlich nicht mehr hergeben.
Die Zukunft kommt per Software-Update
Für den Autopiloten sind die nötigen Sensoren bereits entwickelt und in vielen Fahrzeugen verbaut. Den Abstand einhalten, bremsen, Spurwechsel und um die Ecke schauen funktionieren tadellos. Von der Hardware-Seite kämen einige Modelle schon ganz gut allein zurecht. Das selbstfahrende Auto von Google ist das beste Beispiel. Bei uns in Deutschland wird gerade auf der A9 ein Testbereich ausgebaut, auf dem selbstfahrende Autos wahrscheinlich noch in diesem Jahr wichtige Testkilometer zurücklegen können. Die Software im Auto muss in Zukunft „nur“ noch ein wenig intelligenter gemacht werden. In genau diesem Prozess steckt Tesla derzeit. Das Objekt der Begierde heißt Tesla Model S P85D und fährt rein elektrisch. Nicht nur bei den zwei Elektromotoren mit insgesamt 700 PS hat dieses Fahrzeug auch in Sachen Assistenten die Nase ganz weit vorn. Der Autopilot des Wagens ist angekündigt und teilweise auch schon umgesetzt. Mit dem Notbremsassistenten und dem Spurwechselassistenten sind die ersten beiden Funktionen einsatzbereit. Die weiteren Komponenten des Autopiloten im Tesla werden nicht etwa in der Werkstatt nachgerüstet, sondern kommen ganz bequem per Software-Update ins Cockpit. Mit traditionellem Werkzeug kommt man sich im Tesla ohnehin irgendwie fehl am Platz vor. Schalter und Knöpfe sind Mangelware. Du gibst Deine Wünsche per 17 Zoll-Touchscreen an das Auto weiter. Der Touchscreen ist das zentrale Eingabewerkzeug für alles: Panoramadach öffnen, Klimaanlage steuern, Musik auswählen, ins Internet gehen, Telefonieren und die Rückfahrkamera:
Nicht nur Software im Fahrzeug wird das Autofahren verändern. Auch Software für das Fahrzeug spielt eine wichtige Rolle. In nicht allzu ferner Zukunft wird aus einem Land Rover eine Art Drohne – wenn auch bloß zum Einparken. Das riesige ferngesteuerte Auto, von dem Du vielleicht früher immer geträumt hast. Ein Feature, das ähnlich aufsehenerregend ist wie der vor kurzem vorgestellte Samsung Safety Truck. Der smarte Brummi hat auf der Rückseite keine übergroße Visitenkarte der Spedition aufgemalt, sondern einen Livestream des Straßenverkehrs vor ihm. Doch wozu? Der Anstoß zu diesem Projekt kam aus Argentinien. Dort stirbt laut Samsung ein Mensch pro Stunde im Straßenverkehr. Ganz oft passieren solche schlimmen Unfälle, wenn jemand einen LKW überholt und in den Gegenverkehr kracht. Hier siehst Du, wie der Samsung Safety Truck Argentiniens Straßen sicherer macht:
Echtes Renngefühl kommt beim neuesten Gadget von Lexus auf: Der japanische Hersteller präsentierte jüngst das Heartbeat Auto. Bei der Sonderanfertigung des Lexus RC F geht es um Deinen Puls beim sportlichen Fahren. Der Lack des Wagens wird mit Deinem Herzschlag synchronisiert und pulsiert dann ab 160km/h gut sichtbar außen an der Karosserie. Wie abgefahren das aussieht, siehst Du hier:
Viel Technik für viel Sicherheit. Manch ein Cockpit wirkt jetzt schon wie aus der Zukunft, ist aber schon lange Realität. Bis zu K.I.T.T. ist der Weg vielleicht gar nicht mehr so lang, wie man eigentlich denken würde, oder? Wir sind gespannt.
Was hältst Du von der zunehmenden Automatisierung des Autofahrens?