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The Harder They Fall | Kritik: Black Western mit Tarantino-Flair
Schon mehrfach wurde der Western totgesagt. Filme wie „The Harder They Fall” zeigen jedoch, dass noch immer jede Menge Leben in dem 120 Jahre alten Genre steckt. Warum sich die starbesetzte Netflix-Produktion für Dich lohnen könnte, verrät Dir unsere Kritik.
Wenn Branchenfremde auf dem Regiestuhl Platz nehmen, muss das nicht zwangsläufig etwas Schlechtes bedeuten. Maler Julian Schnabel („Basquiat”), Fotograf Steve McQueen („12 Years a Slave”) oder Modedesigner Tom Ford („Nocturnal Animals”) wagten beispielsweise einst den Professionswechsel und haben sich mittlerweile als Regisseure in Hollywood etabliert.
Gut möglich, dass sich bald auch Musiker Jeymes Samuel zu ihnen gesellt. Der unter dem Künstlernamen The Bullitts bekannte Londoner drehte mit The Harder They Fall seinen ersten Langfilm, der seit dem 3. November bei Netflix verfügbar ist.
Samuels Black Western erweist sich nämlich als stilsicheres Debüt mit erstklassiger Besetzung, das definitiv den Appetit auf mehr Filme des 42-Jährigen weckt. Dass er in The Harder They Fall zwar vieles, aber nicht alles richtig macht, kannst Du in unserer Kritik nachlesen.
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Die Handlung von The Harder They Fall: Darum geht es im Netflix-Western
Der Outlaw Nat Love (Jonathan Majors) gerät in Aufregung, als er von der Freilassung des Mörders und Bandenführers Rufus Buck (Idris Elba) erfährt. Dieser tötete vor über zwanzig Jahren Nats Eltern vor dessen Augen und ritzte dem traumatisierten Jungen „als Andenken” ein Kreuz in die Stirn.
Mittlerweile erwachsen und selbst ein Gesetzloser, hat Nat sämtliche Mitglieder von Bucks damaliger Gang umgebracht. Lediglich an Rufus konnte er sich nicht rächen, da der skrupellose Verbrecher bisher im Gefängnis eingesperrt war. Da er sich nun jedoch plötzlich wieder auf freiem Fuß befindet, trommelt Nat schnurstracks seine eigene Bande zusammen, um seine Rache zu vollenden:
Doch trotz der Hilfe von Saloon-Besitzerin Stagecoach Mary (Zazie Beetz), Revolverheld Jim Beckwourth (RJ Cyler) und Scharfschütze Bill Pickett (Edi Gathegi) stellt sich das geplante Unterfangen als wesentlich schwieriger als gedacht heraus. Denn auch Bucks treue Verbündete Trudy Smith (Regina King) und Cherokee Bill (LaKeith Stanfield) sind für eine gewaltvolle Konfrontation zwischen beiden Gangs bestens gewappnet.
Hier ziehst Du ehrfürchtig Deinen Cowboyhut: Das sind die besten Western-Filme aller Zeiten.
Tarantino lässt grüßen: Lässiger Western mit Stil und Soul
Wer einen Western dreht, unterwirft sich fast schon zwangsläufig gewissen Gesetzen des Genres. Dass man diese aber auch biegen und mitunter sogar brechen kann, bewies wohl kaum ein Regisseur so anschaulich wie Quentin Tarantino. Zweifellos hat sich Jeymes Samuel ein Beispiel an dem zweifachen Oscarpreisträger genommen, denn gerade im ersten Drittel von The Harder They Fall lässt sich der Einfluss von Tarantinos Ästhetik kaum leugnen.
Nach der ruhigen, dramatisch aufgeladenen Eingangssequenz, die den Grundstein für den Rache-Plot des Films legt, gibt sich Samuel zunächst ganz dem Spaß an der Sache hin. Unterfüttert mit lässigen RnB-, Rap, Soul- und Reggae-Klängen stellt er seine Figuren vor, die zwar entrückt, aber nie überzeichnet wirken. Aus der Liebe zu seinen Charakteren macht der Regisseur dabei keinen Hehl: So gut wie jede:r erhält hier seinen ganz großen Auftritt, was die Darsteller:innen gekonnt zu nutzen wissen.
Die launigen Slang-Dialoge und inszenatorischen Spielereien tun ihr Übriges, um den Vergnügungsfaktor von The Harder They Fall in die Höhe zu treiben. Samuel demonstriert in dieser Anfangsphase des Films sein hervorragendes Gespür für harmonisches Timing und prägnante Bilder. Dazu gehört auch, dass er in den richtigen Momenten auf die Bremse tritt. So wirkt in dem Netflix-Western von Soundtrack über Kostüme bis hin zu Requisiten zwar nahezu alles extrem durchgestylt, zu „over the top” kommt das Ganze jedoch nie daher.
Ähnliches trifft auch auf die Gewalt im Film zu. Gemäß dem Genre geht es diesbezüglich stellenweise ganz schön zur Sache, auf die pure schamlose Zurschaustellung von Brutalität verzichtet Samuel allerdings ganz bewusst. The Harder They Fall will in erster Linie einem breiten Publikum gefallen, ohne selbstgefällig zu sein. Das gelingt dem Briten wirklich ausgezeichnet.
Rache-Drama ohne politischen Kontext
Dennoch muss sich der Regisseur den Vorwurf gefallen lassen, dass ihm nach dem tarantinoesken ersten Akt des Films ein wenig die Ideen ausgehen. Die Rache-Story ist recht simpel gestrickt und hat man so ähnlich bereits tausendfach gesehen. Natürlich ist die Vergeltungsthematik mehr oder weniger untrennbar mit dem Western verbunden, zusätzliche Tiefe und Raffinesse hätten hier indes nicht geschadet.
Sinnbildlich dafür ist auch die Auflösung dieses Handlungsstrangs, die vielleicht zu überraschen vermag, aber in all ihrer pathetischen Dramatik unnötig aufgesetzt wirkt. Auf dem Weg dahin klopft Samuel eher uninspiriert die gängigen Elemente des Westerns ab und wagt immer seltener individuelle Ausbrüche. Wenn er es dann aber doch einmal tut (Stichwort: Die “weiße Stadt” Maysville), weiß The Harder They Fall hervorragend zu unterhalten.
Und genau das ist es auch, was Samuel mit seinem Film beabsichtigt. Politische und sozialkritische Komponenten wie in Tarantinos „The Hateful Eight” schwingen höchstens im Subtext mit. Denn obwohl Samuels Figuren tatsächlich existierten, ist er mehr an einem Blaxploitation-Western als an einem historisch akkuraten Biopic interessiert. Für ersteres fehlt es The Harder They Fall dann aber doch an Mut zum Exzess, weshalb in beiderlei Hinsicht gewissermaßen eine Chance vertan wurde.
Die Besetzung von The Harder They Fall: Coolness, Charisma und Idris Elba
Wirklich fantastisch hingegen ist der Cast des Films, der durch die Bank weg nicht besser abgestimmt sein könnte: Jonathan Majors („Da 5 Bloods”) legt den Helden mit Kindheitstrauma als augenzwinkernden Charismatiker an und steht in dieser Hinsicht einem Jamie Foxx in „Django Unchained” in nichts nach. Der 32-Jährige zeigt hier einmal mehr, dass er zu den spannendsten Schauspielern seiner Generation gehört.
Idris Elba („Luther”) ist diesen Beweis natürlich nicht mehr schuldig. Wie immer trumpft der Brite mit einer unvergleichlichen Präsenz auf, die die Bedrohlichkeit des von ihm verkörperten Schurken Rufus Buck auch ohne viel Worte glaubhaft untermauert.
Auch LaKeith Stanfield („Judas and the Black Messiah”) als Cherokee Bill und Delroy Lindo (Da 5 Bloods) als U.S. Marshal Bass Reeves liefern gewohnt großartige Performances ab, tragen sie doch die zum Film passende Coolness anscheinend in ihrer DNA.
Zazie Beetz („Deadpool 2”) überzeugt ebenfalls als toughe Stagecoach Mary und schafft es glücklicherweise, das eine oder andere Klischee ihrer Rolle auszubaden. Danielle Deadwyler („Watchmen”) als Cuffee dürfte vermutlich als die Neuentdeckung des The Harder They Fall-Casts hervorgehen, was sie dank ihrer dynamisch-selbstbewussten Darbietung absolut verdient hätte.
The Harder They Fall: Das Fazit zum Black Western
Jeymes Samuel wird sich mit The Harder They Fall höchstwahrscheinlich Gehör in Hollywood verschaffen. Schließlich legt er ein kreatives Spielfilm-Regiedebüt mit hohem Unterhaltungswert vor, in dem das Zusammenspiel von Darsteller:innen, Kamera, Musik und Dialogen bestens funktioniert.
Man sieht dem Film einfach an, dass sämtliche Beteiligte mit viel Eifer und Freude ihrer Arbeit nachgingen, was sich in teils bemerkenswerten Szenen niederschlägt.
Trotzdem lässt einen am Ende das Gefühl nicht los, dass das Potenzial des Films nicht gänzlich ausgeschöpft wurde. Der letzte Schliff fehlt, um den Western zu einem wirklich herausragenden Werk zu machen. Dennoch gehört The Harder They Fall definitiv zu den besseren Netflix-Produktionen, die es den Zuschauer:innen einfach macht, sie zu mögen.
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Wie hat Dir The Harder They Fall gefallen? Hat der Western das Zeug zum Klassiker? Sag uns in den Kommentaren, was Du von dem Netflix-Film hältst!