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Seriencheck | Jack Ryan Staffel 2: Action-Thriller zwischen Politik und Rainbow Six
In der 2. Staffel Jack Ryan geht es ab dem 1. November bei Amazon Prime mitten hinein in die politischen Wirren Venezuelas, das sich im Würgegriff eines skrupellosen Diktators befindet. Doch wie gut sind die neuen Folgen? Warum solltest du dir das anschauen? Und wer sollte definitiv die Finger davon lassen?
Findet es in unserem Seriencheck zu Jack Ryan Staffel 2 heraus.
Die 1. Staffel der Action-Thriller-Serie Tom Clancy’s Jack Ryan war wilder Ritt. Nicht nur die hervorragenden Produktionswerte und die rasante Inszenierung wussten zu überzeugen, auch Hauptdarsteller John Krasinski (A Quiet Place) offenbarte sich als Action-Star mit Normalo-Charme und einer gleichzeitigen, wuchtigen Präsenz.
Nachdem im Staffelfinale die Hetzjagd auf den erfreulich ambivalent gezeichneten Terroristen Sulieiman (Ali Suliman) ihr nervenzerreißendes Ende fand, startet nun die 2. Staffel mit einem neuen, hochaktuellen Konfliktfeld durch: die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche in Lateinamerika, namentlich Venezuela.
Doch kann die 2. Staffel Jack Ryan mit ihrem starken Auftakt mithalten? Schafft die Serie es auch diesmal zu packen und gleichzeitig ein so nuanciertes Bild globaler Brandherde zu zeichnen, wie sie es zumindest in Ansätzen in der 1. Staffel tat? Zeit für einen genauen Blick.
Jack Ryan Staffel 2: Die Handlung
Am Ende der 1. Staffel schien alles auf eine Fortsetzung in Russland hinzuweisen. Jack Greer (Wendell Pierce) wurde nach Moskau versetzt und der erfahrene CIA-Mann wollte Ryan an seiner Seite haben. Das hat sich nur zur Hälfte erfüllt, denn tatsächlich sehen wir Greer zu Beginn der 2. Staffel in Russlands Hauptstadt, Ryan aber hat das Angebot abgelehnt.
Bald sollen sich ihre Wege jedoch wieder kreuzen, denn während Greer die Spur abgefeuerter Raketen verfolgt, spürt Ryan an der Seite seines ehemaligen Vorgesetzten und jetzigen US-Senators Jimmy Moreno (Benito Martinez) illegalen Waffenlieferungen nach. Beide führt ihr Weg nach Venezuela.
Dort befindet sich das Land im Aufruhr. Nicolas Reyes (Jordi Mollà), Langzeit-Präsident und de facto Diktator, muss sich mit Massendemonstrationen, den kommenden Wahlen und einer Opposition im Aufwind auseinandersetzen. Die Nachforschungen der Amerikaner, insbesondere Ryans und Morenos sind ihm schnell ein Dorn im Auge.
Ehe sie es sich versehen, werden die beiden in die politischen Wirren des Landes hineingezogen. Mit drastischen Konsequenzen…
Darum solltest du die 2. Staffel Jack Ryan sehen:
Venezuela: Aktuelles Thema, spannend verpackt
Ob Chile, Bolivien oder Venezuela: Wer in den letzten Wochen und Monaten einen Blick in die Zeitung geworfen hat, dürfte um die riesigen Proteste und teils gewalttätigen Reaktionen der jeweiligen Regierungen in Lateinamerika kaum herumgekommen sein.
Das Thema der 2. Staffel Jack Ryan ist brandaktuell – vor allem wenn man bedenkt, dass die Vorlage der Tom-Clancy-Romane während des Kalten Krieges angesiedelt sind. Jack Ryan bewegt sich dabei in einem Minenfeld aus Regierung, Opposition, internationalen Konzernen und Geheimdiensten, was so genretypisch wie realistisch anmutet.
Dabei entwickelt die Geschichte in Windeseile Momentum, wenn sich die Ereignisse schon bald in politischen (teils blutigen) Hinterhofkämpfen, Entführungen und Attentaten auf offener Straße überschlagen.
Wie schon die erste Staffel wissen auch die neuen Folgen uns mitten hinein ins Geschehen zu ziehen und entwickeln dabei einen hohen Grad an Spannung und Emotionen.
Jack Ryan Staffel 2: Bilder und knallharte Inszenierung auf Kinoniveau
Auffällig ist auch, wie wahnsinnig hochwertig die Serie aussieht. Explosionen krachen mit erschütternder Wucht und Kugeln schlagen in Mauern, Autos und Körper ein, während die Kamera immer wieder die beeindruckend schöne Landschaft oder die heruntergekommenen, rauen Straßen, Slums und Häuserzüge Venezuelas in den Blick rückt.
Auch inszenatorisch wird einiges aufgefahren, wobei sich Wortgefechte mit zum Schneiden dichter Atmosphäre, knallhart-spektakuläre Straßenschießereien und brutale Faustkämpfe auf engstem Raum gegenseitig die Show stehlen. Man kann wirklich vergessen, dass man gerade eine Serie und nicht eines der Kinofilm-Highlights 2019 anschaut.
Starker Cast mit Noomi Rapace und Game of Thrones-Star
Als emotionaler Anker funktioniert John Krasinskis Jack Ryan wieder einwandfrei, wobei er die Mischung aus ruhig-freundlichem CIA-Analyst und geradezu eiskalt-professionellem Ex-Marine erstaunlich glaubwürdig in der Waage hält. Etwas mehr Brüche in Ryans rechtschaffener Natur hätten aber durchaus gut getan.
Unterstützt wird Krasinski wieder vom stark aufspielenden Wendell Pierce (The Wire), dessen intensives Spiel als CIA-Veteran und Ryan-Mentor James Greer erneut eine wahre Freude ist. Doch auch Neuzugänge wie Michael Kelly (House of Cards) als Venezuelas CIA-Leiter Mike November machen ihre Sache gut.
Mit dabei für die 2. Staffel ist auch Verblendung-Star Noomi Rapace, die der deutschen BND-Agentin Harriett „Harry” Baumann nicht nur eine mysteriös-anziehende Aura, sondern auch eine handfeste Körperlichkeit, Härte und Unnahbarkeit verleiht. Durch sie bleibt Harry bis zum Schluss unlesbar, mehr soll aber nicht verraten werden.
Den deutschen Schauspieler Tom Wlaschiha dürften die meisten noch aus Game of Thrones in Erinnerung haben. In Jack Ryan verkörpert er nun einen gnadenlosen Auftragskiller. Ein wahres Gesicht scheint er auch hier nicht zu haben, denn sein Aussehen und Verhalten sind so wandelbar, wie seine Pläne um sein nächstes Ziel zur Strecke zu bringen.
Rainbow: Verbindung zur legendären Spezialeinheit?
Wie schon in Staffel 1 spielt John Hoogenakker (Castle Rock) wieder Matice, den Anführer einer Spezialeinheit. Diesmal geht es für ihn und seine drei Männer in einem Nebenstrang der Handlung in den Dschungel von Venezuela.
Auch bei dieser Mission knistert die Atmosphäre vor Spannung, wenn sich die Soldaten durch die Dunkelheit schleichen oder von einer gewaltigen Übermacht durch den Regenwald gejagt werden. Vor allem der Name eines Neuzugangs des Teams dürfte Kenner des Tom Clancy-Universums aufhorchen lassen.
Denn Marcus Bishop (Jovan Adepo) könnte auf eine große Verbindung hinweisen. Bishop heißt nämlich auch der Titelheld des Videospiels Rainbow Six: Vegas 2. Die Spielereihe Rainbow Six basiert ebenfalls auf den Romanen von Tom Clancy und spielt in der gleichen Welt wie Jack Ryan.
Könnte es nun also sein, dass mit der Einführung Marcus Bishops das Auftauchen von Rainbow in den folgenden Staffeln angedeutet wird? Schließlich steht schon im Kanon zu Bishop, dass er in Venezuela erstmals Kontakt mit späteren Mitgliedern der legendären Spezialeinheit hatte.
Natürlich könnte all dies nur ein Zufall sein, spannend wäre die Möglichkeit aber allemal.
Gründe, die Finger davon zu lassen …
Jack Ryan Staffel 2: Hurra-Amerikanismus und Schwarz-Weiß-Denken
So spannend die Handlung und toll die Inszenierung der 2. Staffel von Jack Ryan ist, aus dem gedanklichen Dunstkreis des Kalten Krieges der Tom-Clancy-Vorlage kommen die neuen Folgen noch weniger heraus als die Auftaktstaffel. Amerika ist mehr oder minder der Sheriff der Welt, die CIA hat rein hehre Ziele und alle Mittel sind erlaubt – immer.
Wer denkt, dass die teils fragwürdigen Methoden von Ryan und vor allem auch James Greer mal in Frage gestellt werden, ist in dieser Serie an der falschen Adresse. Illegal eine US-Spezialeinheit in ein fremdes Land einschleusen und dort ohne Nachfrage Regierungstruppen töten? Na klar! Einem Gefangenen aus Zeitgründen den Finger abschneiden? Deal!
Trotz der modernen Thematik und Ansprache gesellschaftlicher und politischer Probleme erinnert diese Staffel doch sehr an das Action-Kino aus den 80er- und 90er-Jahren. Es herrscht strenges Schwarz-Weiß-Denken, Gut gegen Böse und das Misstrauen gegenüber den Geheimdiensten existiert noch nicht.
An dieser Stelle schwächelt die 2. Staffel im Vergleich zur ersten, wo zumindest versucht wurde, den komplizierten geopolitischen Verhältnissen und vor allem den Gründen für gewisse Konflikte und daraus resultierenden Konfliktparteien auf den Grund zu gehen.
Der Irak und Afghanistan haben sich schließlich nicht von allein in Grund und Boden gebombt.
Jack Ryan und die Machomänner
In Jack Ryan haben vor allem die Männer das Sagen. Und das ist nicht mal unbedingt nur auf die Entscheidungsfindung gemünzt – auch wenn es darauf oft hinausläuft.
Alte Freunde, Kameraden, Mentor und Schüler oder Brüder im Geiste: Im Zentrum der Handlung stehen mit Jack Ryan, Jack Greer, Mike November und den Mitgliedern der Spezialeinheit nun mal weitgehend Männer, deren Probleme und Beziehungen zueinander.
In den Gesprächen geht es viel um verlorene Freunde, Ehre, Rache und Verpflichtung, den einen oder anderen Macho-Spruch natürlich inklusive. Harte Typen verstehen sich, nicht jedoch die Frauen, aber Ryan ist sowieso ohne Erklärung wieder Single. Einziges weibliches Gegengewicht bleibt da Noomi Rapaces Harry Baumann.
Bei dieser Grundkonstellation fallen natürlich auch viele männliche Entscheidungen, die von riskant über halsbrecherisch bis hin zu selbstmörderisch reichen. Das dies – vor allem Richtung Finale – nicht immer zum eigentlich recht realistisch angelegten Serienkonzept passt, ist dann die logische Konsequenz.
Eindimensionaler Bösewicht und seine Konkurrentin
Das zuvor erwähnte Schwarz-Weiß-Denken macht auch vor dem Bösewicht und seiner oppositionellen Gegnerin nicht halt. Zwar spielt der spanische Darsteller und Bad Boys 2-Schurke Jordi Mollà seinen Präsidenten Reyes mit fiesem Charme und fiebriger Intensität, der vom Drehbuch vorgegeben Facettenlosigkeit kann dies aber nicht ganz entgegenwirken.
Dasselbe gilt auch für Cristina Umaña (Narcos), deren Gloria Bonalde zur ernstzunehmenden politischen Bedrohung für den lange fest im Amt sitzenden Reyes wird. Doch sehr viel mehr als Rechtschaffenheit und ein schlichtes Good-Girl-Image wird auch ihr nicht zugestanden. Schade, denn ihre Figur hätte da viel mehr Potential geboten.
Fazit: Binge oder Blödsinn?
Die 2. Staffel der Action-Thriller-Serie Tom Clancy’s Jack Ryan überzeugt mit ordentlichen Schauwerten, einer kinoreifen Inszenierung und einem packenden Plot, der von einem starken Cast getragen wird. Insbesondere die aktuelle Thematik und der Handlungsort machen das Geschehen brisant.
Leider leisten sich die neuen Folgen aber auch einige Schwächen, einen eindimensionalen Bösewicht und eine veraltet wirkende, unreflektiert schwarz-weiße Weltsicht. Auch der testosterongeschwängerte Fokus wäre besser in einem Michael Bay-Blockbuster, als in diesem sonst recht authentisch wirkenden Geschehen aufgehoben gewesen.
Doch gerade Fans explosiver Actionfilme oder packender Thriller-Serien könnten auch an der 2. Staffel Jack Ryan ihre Freude haben. Trotz der überzogenen, teils fragwürdig- oder naiv-einseitigen Aspekte macht die Serie unheimlich Spaß und ist in ähnlich hoher Qualität gerade kaum in einem anderen Format zu finden.
Release: Wann startet Jack Ryan Staffel 2 bei Amazon Prime?
Die 2. Staffel Jack Ryan startet am 1. November bei Amazon Prime. Ab dann könnt ihr alle acht neuen Episoden sehen.
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