Digital Life
Dieser Supermarkt in Schweden braucht keine Mitarbeiter – nur eine App
Die Schweden sind nicht nur berühmt für ihre Popgruppen, Elche und Kinderbuch-Figuren. Nun können die Skandinavier mit einer weiteren Attraktion punkten. Nämlich dem ersten vollautomatischen Supermarkt, in dem man rund um die Uhr einkaufen kann. Wie das möglich ist? Durch zwei Dinge: eine Smartphone-App. Und keine Mitarbeiter …
Milch vergessen. Und fürs Omelett am Abend fehlt auch noch das entscheidende Ei. Kein Problem, wenn man in der Großstadt lebt. Was aber macht man mitten in der Pampa, wo abends nix mehr geöffnet hat? Auf jeden Fall keine unschuldigen Milchkühe oder Legehennen unter Druck setzen. Im südschwedischen Viken gibt es nämlich seit Januar den ersten Supermarkt, der 24 Stunden geöffnet hat. Dabei waren die Umstände, die Robert Ilijason auf den Einfall gebracht haben, erst mal gar nicht witzig. Ich sag nur: nächtlicher Nahrungs-Notfall. Aber mal ganz von vorne.
Schreie in der Nacht
Es ist stockfinstere Nacht in dem 4.400-Seelen-Dorf in Schweden. Nichts ist zu hören. Totenstille. Nur in einem Haus brennt Licht. Plötzlich schreit ein Baby. Kurz danach ein Klirren. Das Gebrüll nimmt zu. Nun kommt ein Mann aus dem Haus gelaufen. Er springt ins Auto und rauscht ab in die Dunkelheit. Was klingt wie ein weiterer Fall für Kommissar Wallander, ist in Wahrheit die Initialzündung für eine originelle Geschäftsidee. Denn der mysteriöse Fahrer hat nichts Verbotenes getan oder gar im Sinn. Alles, was er will, ist Babybrei. Robert Ilijason hat in der Hektik gerade das letzte Glas fallen lassen. Nur gibt es keine Babynahrung in seinem Dorf. Jedenfalls nicht um diese Uhrzeit.
Die Suche nach dem Brei
Was also macht der gebeutelte Vater? Er rast ins rund 20 Fahrminuten entfernte Helsingborg und klappert alles nach einem Supermarkt ab, der noch geöffnet hat. In genau dem Moment hat der IT-Spezialist den Geistesblitz mit dem Geschäft. Diesen Stress will er sich nicht mehr antun. Gedacht, getan. Im Januar 2016 eröffnete er auf 45 Quadratmetern den ersten unbemannten Supermarkt.
Um eines der über 450 verschiedenen Produkte kaufen zu können, müssen sich Kunden registrieren und eine Smartphone-App herunterladen. Die App fungiert als Türöffner und als Barcode-Scanner. Damit erfassen Kunden die Lebensmittel, die sie kaufen möchten. Eine Kasse gibt es nicht. Stattdessen bekommt der Käufer am Ende des Monats über die App eine Rechnung. Ilijason muss letztlich nur noch ins Geschäft, um die Regale aufzufüllen.
Gegen Ladendiebe helfen Kameras – und eine Brechstange
Doch was ist mit Ladendieben? Gegen die sichert er sich mit sechs Überwachungskameras ab. Außerdem bekommt er eine SMS, wenn die Ladentür länger als acht Sekunden offen steht oder jemand versucht, sie gewaltsam zu öffnen. Vorgekommen sei das bislang aber noch nicht. „Außerdem wohne ich ganz in der Nähe. Ich kann also ganz schnell mit der Brechstange hier sein“, sagt der Ladenbesitzer – natürlich im Spaß.
Rund 100 Kunden kaufen inzwischen regelmäßig bei ihm ein. In einem Geschäft mit Angestellten wären das bei Weitem nicht genug. Nicht mal die laufenden Kosten könnte man damit decken. Ohne Personalkosten aber rechnet sich die Sache. Jetzt hofft Ilijason, dass seine Idee in anderen schwedischen Orten Nachahmer findet. Da kann man doch mal sehen, wozu Kindergebrüll gut sein kann.