Digital Life
Crashkurs Gamingsprache III – Diese FedEx Quest mit dem Quick-Time Event overpowern
Gamer warten sehnsüchtig auf Spiele, spielen sie und sind dann durchaus auch manchmal frustriert. Das kann verschiedene Gründe haben. Wenn dann das Geschrei losgeht, weißt Du als Außenstehender vielleicht gar nicht, was jetzt das Problem an diesem „Quick-Time Event“ sein soll. Und was haben Paketdienste überhaupt damit zu tun? Nicht verzagen: Hier kommt der dritte Teil des Crashkurses in Gaming-Sprache.
Es gibt viele Faktoren, die Spiele besonders machen. Eine tolle Grafik macht ein Spiel besonders schön. Gute Stories machen Spiele besonders spannend. Und wenn Du viele Rollenspiele gezockt hast, kommt der Punkt, an dem Du die Stirn runzelst, wenn ein Charakter Dich darum bittet, den zwanzigsten Gegenstand nach Kleinsonstwas zu bringen – egal wie toll das Spiel sonst ist. Du bist schließlich Drachentöter, ein Held aber kein Lieferheld, oder?
FedEx Quest
Die Rollenspielreihe Zelda ist Kult. Aber wenn es darum geht, das nächste magische Artefakt von einem Dorf ins nächste zu bringen, um dafür schon wieder als Retter abgefeiert zu werden, rollen einige erfahrene Spieler mit den Augen. Du hast Dir dieses Game schließlich gekauft, um gegen Monster zu kämpfen, Zeitreisen zu machen und Jungfrauen und Kinder aus größter Not zu befreien. Jetzt trägst Du Items durch die Gegend – genau wie der bekannte amerikanische Paketdienst FedEx. Du bist jetzt der Zalando-Bote in ziemlich bescheuerten Klamotten. Synonyme für diese Art Kurier-Aufträge sind übrigens zum Beispiel „fetch-carry quest“ (etwa: Abholen-und-Bringen-Mission) oder schlicht „delivery quest“ (Liefer-Mission). So richtig gute Laune bekommst Du, wenn diese Missionen an zeitliche Vorgaben gebunden sind. Das kann dann zum Beispiel so enden, wie in „The Legend of Zelda: Majora’s Mask“:
Quick-Time Events
Weißt Du, was sich für die Videospielheldin Lara Croft mit dem Reboot der beliebten Reihe geändert hat? Und ich meine jetzt nicht das etwas realistischere Erscheinungsbild und die damit verbundene Anpassung ihrer Körperproportionen. Nein, ich meine die sogenannten „Quick-Time Events“. Bei diesen löst eine bestimmte Handlung eine Art Zwischensequenz im Spiel aus, in die Du via Controller eingreifst. Dabei wird Dir allerdings auf dem Bildschirm angezeigt, was Du zu drücken hast. Bei falschen Eingaben verliert Deine Spielfigur unter Umständen den Kampf. Manchmal hat es aber auch gar keinen Einfluss auf das weitere Spiel.
Seit besagtem Tomb Raider-Reboot wird Dir im Zweikampf mit Tieren und Menschen regelmäßig angezeigt, welche Knöpfe Du drücken musst. Jawohl, der wahrscheinlich emanzipiertesten Frau im Videospieluniversum wurde plötzlich vorgeschrieben, wie sie sich zu bewegen hatte. Unerhört.
Grundsätzlich sind Quick-Time Events aber nichts Schlechtes. Sie bieten interessante cinematische Sequenzen und machen zum Beispiel Zweikämpfe möglich, die auf Grund der komplexen Bewegungsabläufe sonst nicht zustande kommen würden. Auf der anderen Seite geben Dir die Quick-Time Events aber genau vor, was Du zu tun und zu drücken hast. Das erscheint fast schon anachronistisch, in jedem Fall aber verwunderlich, in einer Zeit der großen, offenen Videospielwelten. Das Spiel „The Order: 1886“ hat übrigens jedes erdenkliche Quick-Time Event und zeigt wie weit es gehen kann, wenn Videospiele mehr Film als Spiel sind.
Overpowered
Wenn Du in einem Game verlierst, ist erst einmal der andere Schuld. Fakt. Lass Dir nie etwas anderes einreden. Viele Gamer haben diese Weisheit schon verinnerlicht. Und für die nicht-Gamer: Sollte Dein Freund oder Deine Freundin heulend aus dem Spielzimmer rennen und dabei etwas von „…der ist doch so overpowered, einfach lächerlich…“ murmeln: Vorsicht – wahrscheinlich ist ein Gegner mit Gegenständen, Fähigkeiten oder anderen Attributen gesegnet, die es Deinem Gamer-Freund oder Deiner Gamer-Freundin unmöglich gemacht haben, beim ersten Versuch zu gewinnen. Oder überhaupt zu gewinnen, bevor drei Controller aus dem Fenster und einer gegen Deinen Kopf geflogen ist.
Ein Beispiel: In dem Beat’em up („Prügelspiel“) Tekken ist der Capoeira-Kämpfer Eddy Gordo übertrieben mächtig. Spielanfänger können sich hier freuen: Gerade mit dem Character Gordo ist es in Tekken für „Laien“ relativ einfach, gegen erfahrene Spieler zu gewinnen – in dem sie einfach wahllos auf Knöpfe drücken. Eddy Gordo ist einfach so „overpowered“ programmiert, dass dies möglich ist. Regelmäßige Tekken-Zocker erteilen deshalb auch gerne mal Gordo-Verbote in der Spielerauswahl. Das, oder die Freundschaft ist beendet.
Als ich „Metal Gear Solid“ gespielt habe, hieß die Konsole noch Playstation und nicht nicht PS One oder PSX. Mein schlimmster Alptraum damals hieß „Psycho Mantis“. Ein Gegner der optisch irgendwo zwischen Kölner Szeneclub und der Horrorfilm-Ikone Hellraiser liegt, schweben kann und buchstäblich unbesiegbar ist – zunächst. Nicht nur das: Er weiß, wie Du bisher im Spiel vorgegangen bist – zum Beispiel taktisch und aggressiv – und vor allem welche Spiele Du in der Vergangenheit gespielt hast. Psycho Mantis liest die Memory Card Deiner Playstation aus und registriert Deine Controllereingaben über den ersten der zwei Controlleranschlüsse. Erst wenn Du den Controller in den zweiten Anschluss steckst, kannst Du ihn bezwingen. Psycho Mantis war overpowered. Seine Fähigkeiten erscheinen in der Erinnerung cool, haben das Spielvergnügen damals allerdings sichtlich getrübt, weil sie so unverhältnismäßig waren.
Hier kommst Du zum ersten Teil, mit den Begriffen „Casual“, „Beta“, „Noob“ und „Cheater“.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit „Hotfix“, „AAA-Games“ und „DLC“.
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